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Umarmungen verschicken

Eine Gruppe Fotografinnen entwarf ein Postkartenset, das analoge Umarmungen zu Freund*innen und Familie bringt.
Foto: Hugs To Post

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Zuneigung, Vertrauen, ein wortloses „Ich bin für dich da“ – all das können Umarmungen ausdrücken. Doch seit bald einem Jahr ist das Bild einander umarmender Menschen zumindest in der Öffentlichkeit selten geworden. Wer nicht dem gleichen Haushalt angehört oder ein Liebespaar ist, ist derzeit angehalten, anderthalb Meter Abstand einzuhalten. Umso mehr vermissen es viele Menschen, ihre Freund*innen, Bekannte oder auch eigentlich noch ganz fremde, erst vor ein paar Stunden erstmals angesprochene Menschen, in die Arme zu schließen.

Aus dieser Sehnsucht heraus entstand das Fotografie-Projekt „Hugs to Post“ einer Gruppe junger Fotografinnen aus Berlin, Hamburg und Den Haag. Umarmungen gedruckt auf Postkarten – um den Lieben, die man gerade nicht halten darf, zumindest aus der Ferne ein bisschen Nähe zu schicken.  Die insgesamt 13 Postkarten können online erworben werden, das Geld wird an die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ gespendet.

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Insgesamt wurden 1000 Postkartensets gedruckt, die Nachfrage ist groß.

Foto: Melina Moersdorf
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Foto: Alexa Vachon
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Foto: Lena Giovanazzi
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Foto: Marzena Skubatz
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Foto: Marlena Waldthausen

Teil der Gruppe sind die Fotografinnen Sina Niemeyer und Marlena Waldthausen. Die beiden lernten sich im Fotografiestudium in Hannover kennen, zogen dann beide nach Berlin, wo sie als Fotografinnen arbeiten. Sina macht Kunst- und Dokumentarfotografie, Marlena ist auf Reportage- und Porträtfotografie spezialisiert. In Kontakt stehen sie schon lange, seit einiger Zeit vernetzen sie sich aktiv auch in Berlin mit anderen weiblichen und non-binären Fotograf*innen.

Marlena hatte im Dezember 2020 dann die Idee zu „Hugs to Post“, der Ausgangspunkt war ein persönlicher, sagt sie: „Einer Freundin von mir, die in Holland lebt, ging es nicht so gut. Ich wollte für sie da sein, wusste aber erst nicht so richtig, wie. Dann habe ich eine Postkarte, die eine Umarmung zeigt, entworfen und ihr geschickt. Sie hat sich sehr gefreut.“ Marlena und Sina überlegten, die Karte als Projekt weiter zu entwickeln und fragten andere Fotografinnen aus ihrem Netzwerk, wer noch Lust habe. Fast alle machten mit. Die insgesamt 13 Motive sind von Marlena Waldthausen, Doro Zinn, Julia Steinigeweg, Sina Niemeyer, Anna Tiessen, Alexa Vachon, Karolin Klüppel, Katinka Schuett, Lena Giovanazzi, Katrin Streicher, Kristin Bethge, Maria Sturm, Melina Mörsdorf und Marzena Skubatz.

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Fast allen Menschen fehlt derzeit die Nähe, die eine Umarmung ausdrückt.

Foto: Julia Steinigeweg
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Foto: Katrin Streicher
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Foto: Anna Tiessen und Katinka Schuett
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Foto: Karolin Klueppel
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Foto: Kristin Bethge

Innerhalb von sieben Tagen lieferten sie alle Fotografien von Umarmungen – die Bilder sollten Wärme und gute Gefühle vermitteln. Manche reichten Bilder aus ihrem Archiv ein, andere machten neue Fotos, was während einer Pandemie mit Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen nicht ganz einfach war. „Viele hatten das Problem, dass sie ihre Ideen gar nicht umsetzen konnten, weil sie gar keine Menschen gefunden haben, die sich gerade umarmen durften“, sagt Marlena. 

Das merkt man den Karten nicht an: Auf den Bildern sieht man Paare, die einander umarmen, Eltern, die ihre Kinder in die Arme schließen, Geschwister, die miteinander kuscheln, und Menschen, die ihr Haustier drücken. Nackte Menschen, bekleidete Menschen, eine Mutter mit einem Baby im Arm. Sie alle geben den Betrachtenden ein Gefühl von Nähe.

„Wir kriegen sehr schöne Rückmeldungen“, erzählt Sina, „viele Menschen freuen sich gerade sehr über Post.“  Sina und Marlena glauben, dass die Pandemie auch die Lust verstärke, Post zu verschicken an Menschen, die man derzeit nicht sehen kann. Auch die Fotografinnen schöpfen aus dem Projekt neue Energie – in einer Zeit, in der Ausstellungen und Vernissagen nicht möglich sind, sei es schön und aufregend gemeinsam etwas zu entwickeln und die eigene Fotografie zu zeigen: „Das hatte uns alles sehr gefehlt in der Isolation“,  erklärt Marlena. Beide Fotografinnen vermissen die Arbeit mit Menschen, die Erfüllung, die ihnen ihr Job bringt, die Aufregung, die mit neuen Projekten einhergeht. „Ich finde es grade sehr frustrierend“, sagt Sina. „Ich habe Pläne und Ideen, aber mir fehlt es, mit Menschen zusammenzuarbeiten. Noch funktioniert alles irgendwie, aber es ist nicht schön – und ich habe Sorge vor den langfristigen Folgen.“

Ursprünglich war geplant, das Projekt nach Weihnachten zu beenden – doch die Aufmerksamkeit war so groß, dass noch eine zweite Runde Postkarten in Auftrag gegeben wurde. Bisher wurden 1000 Sets à jeweils 13 Karten gedruckt. 

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