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Gehalt: Wie viel verdient eine Keramikerin
Horta kam aus Brasilien nach Deutschland, zu ihrem heutigen Beruf kam sie eher zufällig. Es macht sie glücklich, Menschen das Töpfern beizubringen und sich mit anderen Keramiker:innen zu vernetzen.
Wie mein Arbeitsalltag aussieht
„Ich bin sehr viel unterwegs, da ich zwischen meinem Studio in Dortmund und weiteren Studios pendle, in denen ich ebenfalls Kurse gebe. Eine halbe Stunde vor Kursbeginn fange ich an, in der Werkstatt alles für meine Kursteilnehmer:innen vorzubereiten. Die Kurse dauern etwa drei Stunden, das hängt immer vom Niveau der Teilnehmer:innen und der Kursform ab. Wir starten die Runde mit lockeren Gesprächen. Dann zeige ich, wie ich ein Stück herstelle und bearbeite und erkläre dabei den Prozess. Dann sind die Schüler:innen dran. Dabei gehe ich rum, helfe bei Schwierigkeiten oder korrigiere Fehler.
Im Schnitt gebe ich vier Kurse pro Woche. Außerdem stelle ich eigene Werke her, die ich verkaufe, zum Beispiel Tassen und Teller. Dafür plane ich pro Woche ein bis zwei Tage ein, an denen ich mich für maximal drei Stunden an die Drehscheibe setze. Mehr als drei Stunden macht mein Rücken nicht mit. Im Idealfall hat meine Assistentin die Tonmengen vorher eingeteilt und vorbereitet. Ich komme also einfach an, setze mich an die Drehscheibe, schalte einen Podcast an und werfe etwa drei Stunden lang Ton. Am Ende reinige ich die Werkstatt und räume gründlich auf. Das Atelier sieht nach dem Töpfern immer unordentlich aus.“
Wie ich zu dem Job gekommen bin
„In meiner Heimat Brasilien habe ich unter anderem als Journalistin in den Bereichen Politik und Mode gearbeitet. Als ich vor sechs Jahren nach Deutschland kam, wollte ich mich umorientieren. Meine alte Arbeit machte mich nie glücklich. Da ich kein Deutsch konnte, fiel es mir auch schwer, an meine früheren Tätigkeiten anzuknüpfen. Eher hobbymäßig habe ich mir 2019 durch Youtube-Tutorials Töpfern beigebracht. Ich war am Anfang richtig schlecht. Doch während einer Portugalreise lehrte mir eine alte Frau in Lissabon das Töpfern an der Drehscheibe. Sie zeigte mir auch, wie man sich um die eigene Werkstatt kümmert und eine schöne Arbeitsatmosphäre schafft.
2021 habe ich begonnen, Keramikstücke zu produzieren und sie in meinem Online-Shop zu verkaufen. Doch das reichte finanziell nicht und ich fühlte mich einsam. Im Frühjahr 2023 habe ich eine andere Keramikerin aus Köln angeschrieben und sie gefragt, ob ich ihre Werkstatt besuchen könnte. Eigentlich wollte ich nur Zeit mit ihr im Studio verbringen. Doch sie überraschte mich mit einem Jobangebot: Sie hatte nach englischsprachigen Kursleiter:innen für die Töpferscheibe gesucht.
Vor meinem ersten Töpferkurs als Lehrerin war ich nervös. Doch ich bin total darin aufgegangen. Inzwischen habe ich mein Kursangebot erweitert und gebe auch Kurse in Münster, Düsseldorf und an meinem Wohnort in Dortmund. In Dortmund miete ich seit dem Jahresende auch eine eigene Werkstatt. Dort brenne ich den Ton auch und glasiere die fertigen Stücke. Ich mache aber nicht alles alleine: Mein Mann ist Grafikdesigner und gestaltet meine Website und Postkarten. Er hilft mir mit Arbeiten am Computer und mit meinen Rechnungen. Seit Oktober habe ich eine Assistentin, die sich um Kund:innenanfragen und Meetings kümmert und mir bei den Vor- und Nachbereitungen in der Werkstatt hilft.“
Was ich am liebsten töpfere
„Meine Lieblingsstücke wechseln. Momentan begeistere ich mich vor allem für verschiedene Tellerformen. Daran arbeite ich gerade, ich beschäftige mich außerdem viel mit Glasuren. In diesem Jahr will ich exklusive Glasuren in meinem Atelier ausarbeiten.“
Hortas Keramikwaren sind vor allem in gedeckten Tönen gehalten.
Was der Job mit meinem Privatleben macht
„Berufliches und Freizeit sind bei mir nicht so klar getrennt. Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht und bin ein sehr geselliger Mensch. Dadurch habe ich viele Freund:innen, die auch töpfern. Meine Freund:innen und Familienmitglieder außerhalb der Töpfer-Community schätzen meine Arbeit ebenfalls. Sie fragen mich weder nach Rabatten noch nach kostenlosen Keramikwaren, weil sie verstehen, dass Keramik mein Beruf ist. Sie erkennen an, dass ich hart arbeite und meine Werke nicht billig sind.“
Welche Herausforderungen der Job mit sich bringt
„Erst an der Töpferscheibe habe ich Ruhe gefunden. Doch als ich versuchte, mein Einkommen nur über den Verkauf meiner Keramikware zu sichern, litt meine mentale Gesundheit unter dem finanziellen Druck – und damit auch meine Kreativität. Ich musste, um mich zu finanzieren, kreativ und produktiv sein, und das hat in meinem Fall nicht immer funktioniert. Außerdem brauche ich den Kontakt mit anderen. Deswegen ist es ideal für mich, Kurse zu geben und mich mit Menschen zu connecten, die ähnlich ticken wie ich und genauso begeistert von Kunsthandwerk sind. Außerdem habe ich durch die Kurse Routinen in meinem Leben.“
Was ich auf Partys immer gefragt werde
„Die meisten wollen wissen, wie ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe. Ehrlich gesagt hat es wirklich mit der Motivation angefangen, etwas selbst zu machen: Ich habe nirgends Geschirr gefunden, das wirklich meinen Geschmack trifft, deshalb wollte ich selbst welches kreieren. In Brasilien war ich immer von grellen Farben umgeben und ich habe mich nach einer ruhigeren Farbpalette gesehnt. Heute forme ich diese Sehnsüchte in Ton. Mittlerweile landen bei mir zuhause aber nur noch die Keramikstücke mit Fehlern.“
Welche Eigenschaften ich für den Job brauche
„Geduld steht bei diesem Job an erster Stelle. Wenn ein Café zum Beispiel 40 Keramikstücke anfragt, muss man damit rechnen, 80 Stücke zu töpfern und die Hälfte nicht verkaufen zu können. Es kann so schnell etwas schief gehen. Geduldig muss man auch mit den Kursteilnehmer:innen umgehen. Wenn man mit Töpfern Geld machen will, muss man schnell und produktiv sein. Dieser Leistungsdruck tut mir nicht gut, ich brauche Entschleunigung und schaffe genau deshalb eine entspannte, fehlerfreundliche Lernatmosphäre. So können sie das Handwerk wirklich lernen und bekommen nicht das Gefühl, schnell fertig werden und dabei perfekt sein zu müssen. Ich bin selbst zu der Lehrerin geworden, die mir immer gefehlt hat. Außerdem sollte man eine gewisse Leidenschaft für das Handwerk an den Tag legen. Wichtig ist auch, sich gut zu organisieren und sauber zu arbeiten.“
Vorstellung vs. Realität
„Ich bin ganz ohne Vorstellungen an den Job rangegangen. Der Spaß am Töpfern und die Ruhe an der Drehscheibe haben mich einfach in ihren Bann gezogen. Alles, was danach passierte, kam komplett unerwartet. Früher dachte ich, ich könnte anderen Keramiker:innen höchstens mal assistieren, indem ich für sie Ton werfe. Heute habe ich meine eigene Keramikmarke und lebe davon – das lag damals weit außerhalb meines Vorstellungsvermögens.“
Wie viel ich als Keramikerin verdiene
„Mein Einkommen variiert stark, weil ich mein Geld mal aus den Kursgebühren und mal aus Verkäufen beziehe. Ich verdiene zwischen 2000 und 5000 Euro brutto pro Monat, im Jahresdurchschnitt sind es also etwa 3500 Euro brutto. Ich komme mit meinem Geld gut aus, möchte aber in Zukunft definitiv mehr verdienen.“