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175 Euro brutto die Stunde für die Impfärztin

Josephine ist Ärztin, und impft Menschen gegen das Coronavirus.
Foto: Privat / Bearbeitung: jetzt

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Die Motivation

Ich war neugierig auf die Situation in den Impfzentren und finde es super, dass ich aktiv mithelfen kann, die Pandemie schnell zu beenden. Der Job kam mir sehr gelegen, da ich momentan in einer Übergangsphase stecke: Vergangenes Jahr habe ich mein Medizinstudium beendet. Jetzt schreibe ich noch an meiner Doktorarbeit. Parallel dazu bewerbe mich für meine Facharztausbildung in der Psychosomatik oder Kinderheilkunde. Als Impfärztin kann ich sehr flexibel arbeiten und habe noch genug Zeit für den Bewerbungsprozess und die Doktorarbeit. 

Der Weg zum Job als Impfärztin

Eine Freundin, die auch Medizin studiert, hat mich im Dezember darauf aufmerksam gemacht, dass die kassenärztliche Vereinigung Impfärzt*innen sucht. Die kassenärztliche Vereinigung ist für die Versorgung der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherungen zuständig. Sie kümmert sich aktuell auch darum, Ärzt*innen für die Impfzentren einzustellen. Mit dem Abschluss meines Medizinstudiums bin ich zugelassene Ärztin. Das reicht, um impfen zu können, dafür braucht man keine Berufserfahrung. Also habe ich mich auf die Ausschreibung beworben und den Job bekommen.

Der Arbeitsalltag

Im Impfzentrum arbeite ich unterschiedlich lang, je nach Öffnungszeiten. Manchmal nur vier Stunden am Stück, an anderen Tagen mache ich zwei Schichten hintereinander, das sind insgesamt zwölf Stunden. Das Impfzentrum befindet sich in einer großen Halle, in der mit Hilfe von Trennwänden kleine Impfkabinen gebaut wurden. In so einer Kabine sitze ich und empfange die sogenannten Impflinge. Als Impfärztin bin ich vor allem für das Aufklärungsgespräch vor der Impfung verantwortlich und muss die sogenannte Impftauglichkeit bestätigen. Ich erkläre den Impflingen, warum die Impfung sinnvoll ist und checke die gesundheitlichen Voraussetzungen. Man sollte beispielsweise keine Allergie auf einen Inhaltsstoff im Impfstoff haben. Den Prozess dokumentiere ich.

Anschließend wird die Person geimpft, entweder direkt von mir oder von einem medizinisch-technischen Assistenten aus der Pflege. Der Vorgang dauert etwa fünf Minuten pro Person, ich sehe also sehr viele unterschiedliche Leute an einem Tag. Das macht Spaß und ist abwechslungsreich. Gleichzeitig erzählt man natürlich den ganzen Tag das Gleiche, muss aber immer aufmerksam und konzentriert bleiben. Ab und zu bin ich auch in mobilen Impfteams unterwegs. Als kleine Gruppe fahren wir in Alten- und Pflegeheime und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, um zu impfen. Die Menschen freuen sich meistens sehr, dass wir kommen. Oft hat das Personal für uns Kaffee, Wasser und Obst vorbereitet und manchmal werden wir zum Mittagessen eingeladen.

Das Schönste am Beruf

Es ist sehr schön mitzubekommen, wie glücklich gerade alte Menschen darüber sind, geimpft zu werden. Man merkt, dass sie sehr isoliert waren in letzter Zeit. Die Impfung gibt ihnen Hoffnung. Sie freuen sich darauf, bald wieder mehr Kontakt haben zu können, wieder gemeinsam zu essen und Spieleabende machen zu können. Es ist toll, dass ich einen kleinen Teil dazu beitrage. Außerdem ist es immer total interessant, was die Menschen zu erzählen haben. Ich habe schon einige geimpft, die älter als Hundert waren. Da war eine Patientin dabei, die als Kind noch dem deutschen Kaiser bei einer Parade zugewunken hat.

Welche Eigenschaften wichtig sind

Man sollte sich auf jeden Fall nicht aus der Ruhe bringen lassen. Die Impfung ist sehr gut verträglich, trotzdem kann es in ganz seltenen Fällen zu einem anaphylaktischen Schock kommen. Das ist eine allergische Reaktion des Körpers, die im schlimmsten Fall zu einem Atem- und Herz-Kreislauf-Stillstand, also zum Tod führen kann. Dann muss man die Anzeichen erkennen und schnell handeln, denn in diesem Fall bin ich für die ersten Notfallmaßnahmen zuständig. Am Anfang war ich deswegen etwas aufgeregt, bisher ist aber zum Glück noch nichts passiert. 

Der Impfeinsatz lief außerdem super schnell an, gerade am Anfang war es deshalb etwas chaotisch im Impfzentrum. Gewisse Routinen haben sich erst mit der Zeit entwickelt. Gleichzeitig verändern sich die Abläufe auch dauernd wieder. Man sollte also anpassungsfähig sein und sich nicht darüber aufregen, wenn etwas hakt. 

Wie der Job den Alltag in der Pandemie beeinflusst

Da ich als Impfärztin mit sehr vielen Leuten in Kontakt bin, wurde ich schon geimpft. Das freut mich natürlich, damit fühle ich mich nun relativ sicher. Persönliche Vorteile im Alltag habe ich dadurch aber nicht, schließlich ist noch nicht klar, ob eine Impfung Ansteckungen verhindert. Ich halte mich also genau wie alle anderen an Abstands- und Hygieneregeln. Ich mache mir nun, da ich die Situation in den Pflegeheimen kennen gelernt habe, allerdings etwas mehr Sorgen wegen des Coronavirus' als zuvor. Es gab beispielsweise eine Patientin, die mir erzählt hat, dass ihr Mann, der auch im Pflegeheim gewohnt hat, an Corona verstorben ist. Er hätte zwei Wochen später eine Impfung bekommen. Das hat mich ziemlich traurig gemacht und mir nochmals vor Augen geführt, dass es wirklich um Leben und Tod geht. Das war mir davor auch klar, aber es war sehr abstrakt. Nun habe ich die Gesichter zu diesen Geschichten.

Was die Menschen am Job am meisten interessiert

Die Impfung beschäftigt viele Leute. Die meisten sind sehr neugierig und wollen wissen, wie es mit dem Impfen voran geht, was für Verbesserungsvorschläge ich hätte oder wie lange es noch dauert, bis ganz Deutschland durchgeimpft ist. Viele fragen auch scherzhaft, ob ich eine Spritze im Rucksack habe und sie auch impfen könne. Manche hoffen, dass ich sie auf eine Impfliste schreiben kann. Das ist natürlich nicht möglich. Wer, wann geimpft werden darf, legt die Regierung fest und nicht wir Ärzt*innen.

Wie viel verdient eine Impfärztin?

Ich bin als Impfärztin freiberuflich tätig und werde auf Honorarbasis bezahlt. Krankheitstage werden also nicht bezahlt und für meine Versicherung muss ich selber aufkommen. Ich kann mir Schichten wünschen, habe aber keinen Einfluss darauf, wie viele ich pro Monat bekomme. Trotzdem lohnt es sich finanziell sehr. Ich verdiene pro Stunde 175 Euro brutto also etwa 87,50 Euro netto. Das ist natürlich ein sehr hohes Gehalt für mich als Einsteigerin in den Arztberuf. So viel Geld werde ich wohl in meinem Leben nicht mehr verdienen. Ich versuche aber, von dem Geld nicht mehr auszugeben, als ich es aus Studienzeiten gewöhnt bin und spare bisher das meiste. 

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