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Gehalt: Was verdient ein Aktmodell
Was man als Aktmodell macht
Als Aktmodell stehe, liege oder sitze ich nackt in einer Pose. Aus dieser Vorlage machen die Teilnehmer:innen eines Aktkurses Kunst: Zeichnungen, Gemälde oder Skulpturen. Ein paar Mal habe ich auch alleine für die Dozentin des Kurses Modell gestanden.
Wie ich Aktmodell geworden bin
Vor etwa zwei Jahren habe ich in der Uni einen Aushang mit einer Anzeige zum Modellsitzen gefunden. Dort habe ich mich gemeldet und mein Profil beschrieben. Zuerst habe ich etwas gehadert, denn sie wollten eine schlanke, sportliche Person. Das hat mich irritiert. Ich wusste nicht, wie gut ich dazu passe und fand es schwierig, von den Bewerber:innen eine bestimmte Statur einzufordern. Als ich nachgefragt habe, hieß es, die Leute sollten lernen, „normale Proportionen“ zu zeichnen. Aber was ist schon normal? Ich habe mich dennoch beworben und sie haben mich genommen. An meinem ersten Tag habe ich den Kurs kennengelernt und es ging gleich los.
Wie mein Arbeitsalltag aussieht
An einem Tag, an dem ich Modell sitze, dusche ich und achte besonders auf meine Körperpflege. Vor Ort unterhalte ich mich kurz mit den Anwesenden und setze oder lege mich in meine Pose. Dafür haben wir eine rollende Bank, auf der ein Tuch liegt. Die Sitzung dauert meist vier Stunden. Die Pose halte ich mehrmals etwa eine halbe Stunde, je nachdem, wie sehr es mich anstrengt. Dazwischen gibt es Pausen. In denen schüttele ich mir die Beine aus und wecke Gliedmaßen, die eingeschlafen sind. Um meine Pose danach wiederzufinden, hole ich mir Feedback vom Kurs. Manchmal zeichnet jemand auch eine Linie um mich herum, damit ich die richtige Platzierung wiederfinde. Oder ich richte mich nach einer Vorlage. Während der Sitzung unterhalten wir uns ab und zu, manchmal will ich aber lieber meine Ruhe. Während der Pausen gibt es zwar auch immer Snacks und ich trinke etwas, am Ende brauche ich trotzdem erst einmal etwas zu essen.
Wie es ist, wenn alle mich betrachten
Ich habe kein Problem damit, wenn andere Menschen mich nackt sehen. Ich bin in Ostdeutschland aufgewachsen und war damals, wie alle anderen, oft am FKK-Strand. Bisher waren alle sehr respektvoll und fragen nach, wenn sie mir näherkommen, oder wenn ich mich bewegen soll. Nur manchmal wird es unangenehm, wenn ich merke, dass die Zeichnenden selbst nicht wissen, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Oft ist das der Fall, wenn sie Angst haben, voyeuristisch zu sein. Das passiert vor allem Männern. Ich ignoriere das dann und konzentriere mich auf die restliche Gruppe. Aber klar, alle beobachten mich, das führt manchmal zu komischen Situationen. Ein Beispiel: Ich klettere in meiner Freizeit und habe dadurch oft blaue Flecken. Die Dozentin fragte mich dann, ob die Flecken durch Gewalt entstanden seien. Es war mir wichtig, das vor dem Kurs klarzustellen. Oder wenn ich meine Tage habe: Das kriegen alle mit. Einmal musste ich rausrennen und stand dann im Bademantel auf dem Flur.
Welche Eigenschaften man braucht
Im Grunde kann den Job jede:r machen. Man sollte aber kein Problem damit haben, nackt vor anderen zu sein. Eine gewisse körperliche Belastbarkeit braucht man auch, um die Posen nicht schon nach zehn Minuten abzubrechen. Gleichzeitig musste ich aber auch lernen, meine Pausen einzufordern und nicht immer unbedingt durchhalten zu wollen.
Was der Job mit meinem Privatleben macht
Mein Freund war zuerst dagegen, dass mich so viele Menschen – vor allem Männer – nackt sehen. Wir haben viel darüber gesprochen und ich habe es trotzdem gemacht. Ich habe versucht, ihm zu erklären, dass Akt Kunst ist und nicht anrüchig. Mittlerweile findet er es cool, dass es Skulpturen von mir gibt. Modell zu sitzen, hat mir noch einmal ein entspannteres Verhältnis zu Nacktheit gegeben.
Welche Fragen ich auf Partys gestellt bekomme
Ich erzähle nicht allen von meinem Nebenjob, vor allem bei Älteren bin ich vorsichtig. Viele, denen ich sage, womit ich Geld verdiene, sind entweder schockiert oder beeindruckt. Die meisten fragen, ob mir das nicht unangenehm ist. Manche wollen wissen, ob der Kurs noch weitere Modelle sucht, weil sie der Job interessiert. Wieder andere schauen mit großen Augen und fragen: Ganz nackt?
Was mir an dem Job gefällt
Es entschleunigt sehr. Wenn ich viele Termine habe, freue ich mich immer besonders auf das Akt sitzen. Da habe ich endlich Zeit, Dinge sacken zu lassen. Es ist zwar körperlich anstrengend. Gleichzeitig bringt es mir Ruhe.
Vorstellung vs. Realität
Ich habe mir das Modellsitzen unangenehmer vorgestellt. Doch es ist unerwartet schön. Die Studierenden, die mich zeichnen, und ihre Dozentin sind total süß. Alle bemühen sich, dass es mir gut geht. Im Winter gibt es eine Wärmelampe und im Sommer bekomme ich Ventilatoren. Das Ganze ist auch viel interaktiver als ich gedacht habe. Wir tauschen uns viel aus, zum Beispiel wie ich am besten sitze und was für mich angenehm ist.
Was ich verdiene
Der Job ist für mich ein Nebenjob. Pro Stunde bekomme ich zwischen 13 und 15 Euro. Je nachdem, ob ich für den Kurs oder für eine Einzelperson stehe. Damit komme ich im Monat auf etwa 200 Euro. Einmal hatten wir auch eine Intensivwoche – fünf Tage jeweils acht Stunden lang. Dabei habe ich natürlich mehr verdient.