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Gehalt: Eine Energieforscherin spricht über die Klimakrise
Was macht man als Energieforscherin?
Ich arbeite beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am Institut für Future Fuels und beschäftige mich damit, wie man in Zukunft klimaneutral Brennstoffe erzeugen kann. Wir untersuchen zum Beispiel, wie man mithilfe von Solarenergie Wasserstoff herstellen kann. Unser Ziel ist es, fossile Energieträger durch regenerative Energieträger zu ersetzen.
Aktuell untersuche ich im Rahmen eines Projekts verschiedene Verfahren, mit denen man CO2 weiterverwerten kann. Dabei entzieht man der Atmosphäre CO2 und baut diesen in einen Herstellungsprozess ein, der sowieso Kohlenstoff benötigt. Dadurch kann man fossilen Kohlenstoff ersetzen und CO2 in der Atmosphäre minimieren. Ein Verfahren, bei dem das funktioniert, ist zum Beispiel die Herstellung von Methanol. Das ist eine Chemikalie, deren Bedarf in der Chemieindustrie extrem hoch ist und die mithilfe von CO2 hergestellt werden kann. Im Moment sind wir aber noch dabei, diesen und weitere Prozesse miteinander zu vergleichen und herauszufinden, welcher Prozess am umweltfreundlichsten ist, welcher finanziell am ehesten mit fossilen Verfahren mithalten kann und welche Technologie schon am weitesten fortgeschritten ist.
Der Berufsalltag
Am Anfang eines Projektes bin ich hauptsächlich mit der Recherche beschäftigt. Für das jetzige Projekt berechne ich momentan Ökobilanzen. Das ist die Bewertung eines Produkts oder eines Prozesses bezüglich der Auswirkungen auf die Umwelt. Zum Beispiel im Hinblick auf Treibhausgase, die Versauerung von Gewässern und Böden und die dabei freigesetzten Giftstoffe. Aktuell, besonders durch Corona, sitze ich deshalb vorwiegend vor dem Computer. Das ist aber nur eine Momentaufnahme, unter normalen Bedingungen bin ich auch mal im Labor.
Der Weg zur Energiewissenschaftlerin
Ich wusste schon zu Schulzeiten, dass ich irgendetwas mit erneuerbaren Energien machen will. Mir war damals nicht klar, was, nur dass im Hinblick auf den Klimawandel irgendetwas getan werden muss und dass ich gerne einen Beitrag dazu leisten würde. Alles, was ich danach gemacht habe, hatte immer irgendetwas mit CO2-Vermeidung zu tun. Meinen Bachelor habe ich in Umweltingenieurwesen an der TU Darmstadt gemacht. Genau zu der Zeit, als ich einen Master wählen musste, wurde an dort ein neuer Studiengang geschaffen: Der Master of Energy Science and Engineering, also sowas wie Energieingenieurwesen. Der hat mich besonders angesprochen, weil er sehr interdisziplinär war. Man guckt sich ein Thema nicht nur als Physiker oder Chemiker an, sondern von allen möglichen Blickwinkeln, hat einen sehr breiten Überblick und versteht deshalb die Kollegen der unterschiedlichen Disziplinen besser. Im Master habe ich mich dann auf Kraftwerkstechnik und erneuerbare Energien spezialisiert.
Wie bist du zum DLR gekommen?
Ich habe meine Masterarbeit in Schweden geschrieben und durfte dort an einer internationalen Konferenz teilnehmen. Auf der habe ich meinen späteren Kollegen kennengelernt. Neben den vielen Vorträgen gibt es auf einer wissenschaftlichen Konferenz einen Bereich mit Postern, auf denen die Teilnehmer ihre Themen grafisch darstellen. Als ich an den Postern entlanggelaufen bin, fand ich eines besonders interessant. Ich habe dann direkt die zuständige Person angesprochen. Ich glaube, mein zweiter Satz war: „Habt ihr einen Job frei?“. Ich weiß nicht, was mich da geritten hat, meistens bin ich eher schüchtern. Aber wenn ich etwas sehe, was ich will, kann ich eben sehr zielstrebig sein.
Das Faszinierende an dem Beruf
Ich habe schon das Gefühl, einen positiven Beitrag im Bezug auf den Klimawandel zu leisten, indem ich daran arbeite, Prozesse umweltfreundlicher zu gestalten. Es ist mir extrem wichtig, dass ich meine Arbeit dadurch motivieren kann. Ich sehe mich zwar nicht unbedingt als Klimaaktivistin. Trotzdem finde ich es extrem wichtig, dass das Problem angegangen wird und hoffe natürlich, dass durch meine Arbeit irgendwann ein positiver Beitrag entsteht.
An der Tätigkeit selbst gefällt mir die Vielseitigkeit. Ich habe nicht nur einen Schreibtischjob, sondern kann mir auch mal im Labor die Finger dreckig machen. Und ich bin relativ frei in der Entscheidung, wie ich meinen Tag gestalte. Ich bin an mehreren Projekten beteiligt, die sich mit unterschiedlichen Themen der Energieforschung beschäftigen. Ich mag es auch, Schritt für Schritt immer weiter zu denken und eine Idee zu entwickeln. Wenn das Ergebnis unseres Projekts vielversprechend ist, kann ich daraus wieder neue Fragestellungen ableiten und neue Projekte akquirieren.
Die negativen Seite daran
Man braucht einen hohen Grad an Frustrationstoleranz. Es geht in der Wissenschaft ja immer darum, Neues zu entdecken. Natürlich geht bei Experimenten auch mal etwas schief. Das Ergebnis meiner Promotion, an der ich über vier Jahre gearbeitet habe, war zum Beispiel, dass alternative Verfahren vielversprechender sind als das untersuchte. Das ist natürlich im ersten Moment frustrierend. Aber man ist ja trotzdem einen Schritt weiter und schlauer als vorher. Ein wichtiger Teil der Arbeit als Wissenschaftler ist es außerdem, Projektanträge zu schreiben. Da die Förderquote ziemlich gering ist, muss man mit Niederlagen gut zurechtkommen und hartnäckig bleiben.
Wie viel verdient eine Energieforscherin?
Am DLR ist man nach dem Tarif des öffentlichen Dienstes angestellt. Ich verdiene 4700 Euro brutto.
Der Spruch auf der Party
Wenn ich erzähle, dass ich als Energieforscherin beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt arbeite, führt das oft zu Verwirrung. Während meiner Promotion habe ich an Wärmespeichern geforscht. Jemand hat mich gefragt, ob ich Wärmespeicher auf dem Mond bauen will. Oder ob wir mit der NASA zusammenarbeiten. Ich habe einmal eine Führung für Nicht-Wissenschaftler gegeben in dem Gebäude, in dem ich arbeite. Ein Teilnehmer hat mich gefragt, ob ich mich fühle wie in der Serie „Big Bang Theory“. Ich glaube, das war einfach das erste, was diese Person mit Wissenschaftlern in Verbindung gebracht hat.
Manchmal fangen die Leute aber auch an, zu reflektieren und sagen, dass sie eigentlich auch gerne etwas Sinnstiftendes machen würden, was die Welt weiterbringt, anstatt einfach nur mehr Produkte auf den Markt zu schmeißen.