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2700 Euro brutto für den Hörakustiker

Durch seinen Job fällt Jonathan auch auf Partys auf, wenn Freunde wegen der Umgebungsgeräusche nicht bei Gesprächen mitkommen.
Foto: Hörzentrum Böhler/Bearbeitung: SZ Jetzt

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Jonathan, 23, arbeitet als Geselle für Hörakustik. Am meisten gefällt ihm dabei der Kundenkontakt. Seitdem er als Hörakustiker arbeitet, achtet er auch mehr auf sein Gehör und das Gehör anderer.  

Was ein Hörakustiker macht 

„Viele Leute denken, als Hörakustiker setzt man den Menschen einfach ein Hörgerät ins Ohr und das war’s. So einfach ist das aber nicht. Der Aufgabenbereich eines Hörakustikers ist weit gestreut. Man macht Hörmessungen zur Überprüfung des Gehörs. Dabei arbeitet man mit verschiedenen Messsystemen, die man kennen muss, um die Hörgeräte richtig auslesen und einstellen zu können.  Darüber hinaus kümmert man sich auch um Servicearbeiten und Reparaturen von Hörsystemen. Es kommt zum Beispiel vor, dass man einzelne Bauteile auswechseln muss. 

Ein großer Teil der Tätigkeit ist das Arbeiten mit den Menschen, die zu uns kommen. Man ist als Hörakustiker einerseits für die Erstanpassung von Hörgeräten zuständig, andererseits aber auch für die Betreuung danach. Jede Nachjustierung, jedes Zubehör, das noch Jahre später hinzukommt, jede Gerätewartung ist unsere Aufgabe. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt stellt die Diagnose. Alles danach machen wir. 

Wir beraten außerdem nicht nur zu Hörsystemen, sondern auch zu Gehörschutz. Hinzu kommen organisatorische Aufgaben. Ich kümmere mich zum Beispiel auch um die Abrechnung mit den Krankenkassen oder den Eingang und Ausgang der Waren.“ 

Wie ein typischer Arbeitstag aussieht 

„Mein Arbeitsalltag ist nie gleich, weil der Beruf sehr kundenbezogen ist. Grundsätzlich ist es aber so, dass ich morgens erstmal meine Termine für den Tag vorbereite. Wir haben für Kunden mit Hörgeräteanpassungen Terminstrukturen, die wir befolgen. Allerdings ist jeder Kunde unterschiedlich, weswegen auch die Termine sich je nach den Bedürfnissen des Kunden unterscheiden. 

Jeder Akustiker hat seinen eigenen Kundenstamm. Ich selbst habe insgesamt 30 bis 40 Kunden, die ich betreue. Meine Kollegen und ich helfen uns aber auch gegenseitig aus. 

Wie oft ein Kunde zu uns kommt, ist ganz individuell. Seine Bedürfnisse stehen im Vordergrund. Bei einem Kunden, der zum ersten Mal kommt, weiß man also nie, wie viel Betreuung auf uns zukommt. Wenn man zum Beispiel eine Person hat, die technisch affin ist und das Hörgerät mit dem Handy verbinden will – zum Musik hören oder streamen – und ihr der Sound sehr wichtig ist, muss man öfter mal nachjustieren, um die goldene Mitte zu finden, mit der sie sich wohlfühlt. Die Regel ist aber, dass man mindestens einmal im Jahr einen Hörtest machen und das Hörgerät nachjustieren lassen sollte.“ 

Wie ich zu dem Job gekommen bin 

„Zur Hörakustik kommt man häufig, weil man einen Berührungspunkt damit hat, zum Beispiel, weil die Oma schon mal zum Hörakustiker musste oder man jemand anderen kennt, der als Hörakustiker arbeitet. Bei mir war das anders: Ich habe nach meinem Fachabitur lange überlegt, was ich machen soll. Ich war dann erstmal reisen und bin schließlich über eine private Berufsberatung auf Hörakustik gekommen. Meine Beraterin hatte mir, nachdem klar war, dass ich etwas Praktisches machen möchte, ein paar Berufe genannt, die gut passen könnten. Neben Hörakustik war darunter auch Physiotherapie oder Orthopädietechnikmechaniker. Ich habe dann Hörakustik in einem einwöchigen Praktikum ausprobiert und es hat mir gleich sehr gut gefallen. Es gibt auf diesem Gebiet so viel zu lernen. Und auch das angenehme Arbeitsumfeld war ein Punkt, warum ich mich hierfür entschieden habe.“ 

Was der Job mit meinem Privatleben macht 

„Seitdem ich Hörakustiker bin, achte ich mehr darauf, wie gut die Menschen in meiner Umgebung hören. Wenn ich zum Beispiel mit Freunden zusammensitze und viele durcheinander sprechen, vielleicht auch noch Musik im Hintergrund läuft, dann fällt schon auf, wer nicht mehr so gut bei den Gesprächen mitkommt. Ich habe auch schon erlebt, dass ich eine Person darauf angesprochen habe und die überrascht war, dass mir das aufgefallen ist, weil es da tatsächlich eine Hintergrundgeschichte gab.   

Gehörschutz ist für mich natürlich auch ein großes Thema. Vor allem, wenn man viel Musik über Kopfhörer hört oder viel in Clubs ist, sollte man aufpassen. Da ist die Musik oft sehr laut. Ich bin da definitiv vorsichtiger geworden, seit ich als Hörakustiker arbeite. Ich bemerke auch schneller, wenn es irgendwo zu laut ist. Besonders, wenn man dem lange ausgesetzt ist, ist das nicht gut für die Ohren. Ich rate darum allen meinen Freunden zum Gehörschutz, wenn sie in Clubs gehen. Die meisten Anlagen sind unglaublich schlecht kalibriert. Das bedeutet, da ist viel Bass drin, es wird viel verzerrt. Wenn ich bemerke, dass es einfach viel zu laut ist, gehe ich auch ganz raus. Dann gehe ich lieber in eine Bar oder in einen anderen Club, wo die Akustik besser ist.“ 

Wie die Ausbildung abläuft 

„Die Ausbildung zum Hörakustiker dauert in der Regel drei Jahre. In diesen Lehrjahren arbeitet man hauptsächlich im Ausbildungsbetrieb und hat zwischendrin acht Schulblöcke. Diese finden alle in Lübeck statt. Dort ist die einzige Berufsschule für Hörakustik in ganz Deutschland. Man ist dann mehrere Wochen dort vor Ort und lernt die Theorie. Dabei lernt man etwa die Anatomie des Ohrs kennen, man beschäftigt sich aber zum Beispiel auch mit Sozialpsychologie oder mit Wirtschaft. Ein anderer wichtiger Teilbereich ist die Technik, die hinter den Hörsystemen steckt. Während dieser Schulblöcke wohnt man gemeinsam mit den anderen Auszubildenden auf einem Campus. Das ist dann ein bisschen wie Studentenleben. 

Neben diesen Schulblöcken gibt es aber auch drei sogenannte überbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen, in denen die Praxis geübt wird. Da üben wir dann zu fräsen oder Abformungen zu nehmen. Dabei wird ein Silikonabguss vom Ohr genommen. Den größten Teil der Praxis lernt man aber im Ausbildungsbetrieb. Da war ich dann schon ab der dritten Ausbildungswoche im Kundenkontakt. Das ist auch wichtig. Sonst kommt man nicht weiter.“ 

Was man auf Partys gefragt wird 

„Die meisten wissen gar nicht, was ein Hörakustiker macht. Das muss ich dann immer erst erklären. Danach kommen dann Fragen wie: Letztens hatte ich nach dem Feiern ein Piepsen auf dem Ohr. Ist das gefährlich? Ich erkläre dann immer: Nach dem Club sollte man sich eher in ruhiger Umgebung aufhalten. Aber besser ist natürlich: Das Ohr schon vorher schützen.“ 

Welche Eigenschaften man als Hörakustiker braucht 

„Für die Theorie sind schulische Grundkenntnisse in wissenschaftlichen Thematiken wie Chemie oder Mathematik eine gute Voraussetzung, aber kein Muss. Man braucht aber auf jeden Fall soziale Kenntnisse und sollte keine Scheu haben, mit Kunden zu arbeiten. Es ist auch wichtig, dass man den Kunden zuhört und auf sie eingeht. Auch mit den Kollegen ist man oft im Austausch. Es kann auch vorkommen, dass man zusammen an einem Kunden arbeitet. Wir betreuen hier zum Beispiel auch Kinder, da ist man häufig zu zweit. Das ist komplexer, weil ganz kleine Kinder einem nicht sagen können, wann sie einen Ton hören und wann nicht. Man muss da auch eng mit den Eltern zusammenarbeiten und einschätzen, ob das Kind noch mehr Unterstützung braucht oder nicht. Aktuell betreuen ein Kollege und ich zum Beispiel ein drei Monate altes Kind.“ 

Warum man als Hörakustiker einfühlsam sein muss 

„Es gibt Fälle, in denen ist es für Kunden wahnsinnig schwer, wenn sie erfahren, dass sie ein Hörgerät brauchen. Ich bekomme schon mit, dass es in unserer Gesellschaft immer noch eine gewisse Ablehnung gegenüber diesem Thema gibt. Viele Menschen wollen sich damit einfach nicht auseinandersetzen und laufen deswegen ohne Hörgerät herum, obwohl sie eines bräuchten. Oft hängt das auch mit dem Alter einer Person zusammen. Wenn jemand im jungen Alter ein Hörgerät braucht, ist das oftmals nicht so einfach für die Person. Das hat wahrscheinlich auch oft mit Eitelkeit zu tun. Inzwischen gibt es aber Hörgeräte, die wirklich sehr unauffällig sind. 

Die meisten Menschen denken, dass alle unsere Kunden alt sind, dabei habe ich in meinem Kundenstamm wirklich jedes Alter. Da gibt es Menschen, die sind knapp über 100. Es kommen aber auch Leute in ihren Zwanzigern oder Teenager zu uns. 

Wenn jemand wirklich Probleme mit der Vorstellung hat, ein Hörgerät zu tragen, versuche ich, so gut es geht, aufzuklären und dem Kunden aufzuzeigen, was für eine Verbesserung ein Hörgerät mit sich bringen kann. Gleichzeitig gebe ich auch emotionale Unterstützung.  Letztendlich ist es immer die Entscheidung des Kunden, ob er mit uns zusammenarbeiten möchte. Wenn er noch nicht bereit ist, dann ist das auch okay. Dann sage ich oft: Wir versuchen das in einem Jahr nochmal.“ 

Wie viel man als Hörakustiker verdient 

„Ich verdiene als Geselle im ersten Jahr 2700 Euro brutto im Monat. Es gibt in der Branche keine Tarifverträge. Jeder Betrieb kann das Gehalt also anders festsetzen. Wenn ich bei Kollegen aus meiner Berufsschulklasse nachfrage, verdient da jeder etwas anderes. Es kommt stark darauf an, wo du arbeitest, welche Bereiche du übernimmst und ob du Weiterbildungen machst. Mit meinem Gehalt liege ich ziemlich im Durchschnitt und kann aktuell gut damit leben. Ich will aber auf jeden Fall auch noch meinen Meister und andere Weiterbildungen machen. Zum Beispiel interessiere ich mich auch sehr für die Arbeit mit Kindern. Da bin ich aktuell noch kein Experte, möchte aber stärker in diesen Bereich gehen.“ 

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