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Job-Kolumne: Wie viel verdient ein Data Scientist?
Was man als Data Scientist macht
Ich arbeite für die Deutsche Bahn und versuche, Erkenntnisse aus Daten zu gewinnen. Im Moment wollen wir zum Beispiel herausfinden, wie stark Radsätze von Regionalzügen mit der Zeit abnutzen. Wir wollen Jahre im Voraus vorhersagen können, ob ein Radsatz ausgetauscht werden muss, um den Planer*innen bei Entscheidungen zu helfen.
Wir bekommen Daten, die wir aber erstmal aufräumen müssen. Das heißt: Zahlendreher und Tippfehler korrigieren oder bei verdächtigen Werten oder Verhalten der Daten nochmal beim Fachbereich nachfragen. Die meisten Fehler können wir dann automatisiert mit einem Skript beheben.
Dann überlegen wir uns Modelle und Gleichungen. Radsätze werden beispielsweise abgenutzt, wenn ein Zug zu schnell abbremst oder beschleunigt. Diese Faktoren beziehen wir ein und versuchen, darauf basierend Vorhersagen zu treffen. Die Ergebnisse können dann von den Planer*innen der Bahn genutzt werden, damit die rechtzeitig sehen, was repariert oder ausgetauscht werden muss.
Wie der Arbeitsalltag aussieht
Es gibt nicht den Alltag. Am Morgen schaue ich in meine Mails. Manchmal schicken mir Mitarbeiter*innen Screenshots von Ergebnissen, die sie nicht verstehen. Dann suche ich, wo das Problem liegt. Am Vormittag habe ich manchmal Konferenzen, in denen wir Projekte besprechen. Für die Projekte verbringe ich Stunden damit, Modelle zu programmieren. Da bin ich dann meist wie in einem Tunnel.
Wie man Data Scientist wird
Ich habe in Astrophysik promoviert und schon im Studium die IT für Arztpraxen und Anwaltskanzleien gemacht, also Windows installiert und Webseiten gestaltet. Ich war schon damals sehr technikaffin. Oft arbeiten Physiker*innen in diesem Feld, da wir schon im Studium lernen, Phänomene mathematisch zu modellieren und aus den Modellen Erkenntnisse zu ziehen. Wir haben auch Mitarbeiter*innen aus der Mathematik, Informatik und VWL im Team. Und es gibt mittlerweile Data Science als eigenen Studiengang.
Welche Fragen man auf Partys gestellt bekommt
Wenn die Leute Data Scientist hören, sind sie erstmal fasziniert, können aber nichts damit anfangen und fragen meist sowas wie „Was ist das?“. Dann sage ich meistens, dass ich versuche, aus Daten zu lernen und Vorhersagen zu treffen. Darauf folgt oft die Frage: „Aber was hat das mit Physik zu tun? Hast du nicht so Urknalldinger gemacht?“. Meist hören die Leute aber nur „Deutsche Bahn“ und erzählen dann von ihrer letzten Bahnfahrt.
Was der Job mit dem Privatleben macht
Analytisches Denken lässt sich nicht so einfach abstellen. Wenn ich Wasser in eine Badewanne laufen lasse, fällt mir die Gleichung ein, nach der das Wasser fließt. Mir ist auch schon passiert, dass ich Samstag Nachts angetrunken aufgewacht bin und mir Lösungen für ein Problem eingefallen sind, über die ich tagelang gegrübelt habe.
Welche Eigenschaften man als Data Scientist braucht
Man sollte auf jeden Fall technikaffin sein. Programmieren konnte ich schon. Manche Dinge, wie zum Beispiel maschinelles Lernen, lernt man erst im Job. Man muss also nicht alles von Beginn an können – hauptsache man hat Lust, immer wieder was Neues zu lernen. Wenn jemand ein Projekt in einer Programmiersprache angefangen hat, die du nicht kennst, musst du sie dir aneignen. Man muss sich sowieso immer wieder in neue Dinge einarbeiten. Als Data Scientist ist man wie ein Schweizer Taschenmesser. Mit Eisenbahnen kenne ich mich eigentlich nicht aus. Deswegen werde ich am Anfang von Projekten eingelernt. Ich muss zum Beispiel wissen: Was kann einen Radsatz belasten? Wie stark nutzt ein Rad ab, wenn ein Zug gegen einen Stein stößt?
Als ich früher in der Finanzbranche gearbeitet habe, musste ich lernen, wie bestimmte Finanzprodukte funktionieren. Deswegen muss man Dinge gut abstrahieren können. Man muss die richtigen Fragen stellen und neues Wissen in Statistik übersetzen. Zuletzt muss man Frustration aushalten können.
Das Gehalt
Ich verdiene etwa 6000 Euro brutto pro Monat. Das ist in der Branche üblich. Ich stehe aber erst am Anfang meiner Karriere, in leitenden Stellen kriegt man bis zu 9000 Euro im Monat.
Vorstellung vs. Realität
Ich habe den ganzen Orgakram unterschätzt. Manchmal muss ich meine Projekte vor Leuten vorstellen, die sich nicht so richtig damit befasst haben oder nicht in der Materie drinstecken. Das können schon relativ „hohe Tiere“ im Konzern sein. Da darf man aber keine Angst haben und muss manchmal eine hohe Frustrationstoleranz haben, wenn man etwas immer wieder erklären muss.
Früher dachte ich, man gehe als Data Scientist wie an der Uni die ganze Zeit interessanten Fragen nach. Was ich übersehen habe: Auch an der Uni muss man um Geld kämpfen und Dinge organisieren. Die eigentliche Forschung nimmt vielleicht nur die Hälfte der Zeit ein.
Die meisten Leute denken, dass ich die ganze Zeit programmiere und dann Bildchen male. Ich programmiere schon viel, manchmal auch tagelang – dann aber auch mal eine Woche nicht, weil ich Termine und Meetings zur weiteren Planung habe oder eine Schulung mache. Wie auch in der Softwareentwicklung üblich, nimmt das eigentliche Schreiben eines Programmes nur 20 Prozent der Zeit ein. In der restlichen Zeit sucht man nach Fehlern.