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Gehalt: Wie viel verdient der Kiosk-Besitzer
Wie man Trafikant:in wird
In Österreich werden Zigaretten und Tabakerzeugnisse ausschließlich in Trafiken verkauft. Um eine Trafik zu eröffnen, benötigt man einen Konzessionsvertrag mit der Monopolverwaltung (MVG), der in Österreich die Verwaltung des Tabakmonopols obliegt. Freunde meiner Eltern haben seit vielen Jahren selbst eine Trafik. Wir haben schon während meiner Teenager-Zeit darüber gesprochen, dass ich – aufgrund meiner körperlichen Behinderung – einmal eine Trafik übernehmen könnte. Viele wissen nicht, dass man nur eine Trafik bekommt, wenn man begünstigt ist, also wenn man einen Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent hat. Ich habe seit der Geburt das Prune-Belly-Syndrome. Nach dem Schulabschluss wusste ich auch nicht so recht, was ich machen soll. Ich habe dann an Samstagen in der Trafik gearbeitet und gemerkt: Ja, ich traue mir das zu, und will das machen.
Um Trafikant:in zu werden, muss man eine Ausbildung im Rahmen der Trafikakademie absolvieren. Der achttägige Grundkurs vermittelt theoretisches Wissen in den Bereichen Kund:innenkommunikation, Arbeitsrecht, wirtschaftliches Denken und Mitarbeiter:innen-Recruiting. Außerdem bekommen die Teilnehmer:innen eine Übersicht der Lieferant:innen und erfahren, woraus Zigarren und Zigaretten bestehen. Das Praktikum, das bis zu acht Arbeitstage dauert, wird vor und nach dem Grundkurs in einer Trafik absolviert. Danach schließt man mit einer Prüfung – einem Multiple-Choice-Test – ab und ist somit berechtigt, eine Trafik zu führen. Ich war gut vorbereitet und fand den Test nicht schwer.
Nach der Ausbildung gibt es noch ein Aufbaumodul, das etwa ein Jahr nach der Trafikübernahme stattfindet und das Wissen in Themenbereichen wie Controlling, Waren- und Lagerbewirtschaftung, Warenpräsentation und Mitarbeiterführung vertiefen soll.
Was man als Trafikant:in macht
Die Arbeitstage sind in meiner Trafik in Vormittags- und Nachmittagsschichten eingeteilt. Montags bestellen wir zum Beispiel die Produkte, befüllen die Zigarettenautomaten und sorgen für Ordnung. In einer Trafik gibt es Zigaretten, Zigarren, Nikotinpouches, elektronische Zigaretten plus Zubehör, nikotinhaltige und nicht-nikotinhaltige Liquids, Lutschsäckchen, Zeitungen und Zeitschriften zu kaufen. Wir sind auch eine Lotto- und Totoannahmestelle, es gibt Tombolaspiele und Rauchrequisiten. Es besteht auch die Möglichkeit, alkoholfreie Getränke, Kaffee zum Mitnehmen und Kleinspirituosen zu verkaufen. Am meisten verkaufen wir Zigaretten und Rauchwaren, Zeitungen und Zeitschriften, Lotto-, Toto-, und Tombola-Scheine, Glückwunschbillets, Handywertkarten, Fahrscheine, Parkscheine und Geschenkpapier. Wir teilen uns die Arbeit im Team auf. Mein Team besteht inklusive mir aus zwei Frauen und zwei Männern.
Ich habe als Leiter des Unternehmens die Verantwortung für das Personal. Bei mir liegt die Organisation und ich bezahle die Gehälter. Egal ob ich in der Trafik bin oder nicht: Ich bin rund um die Uhr erreichbar und arbeite oft 50 bis 60 Stunden die Woche. In den vergangenen drei Jahren habe ich insgesamt drei Wochen Urlaub genommen – und auch da war ich immer erreichbar. Ich muss mich auf mein Team verlassen können, auch was die Überprüfung der Jugendschutzbestimmungen oder den Umgang mit dem Taschengeld-Paragraphen betrifft. In Österreich ist seit 1. Januar 2019 der Verkauf von Tabakwaren an Jugendliche unter 18 Jahren verboten. Bei einigen Produkten, die keinen Jugendschutzbestimmungen unterliegen, müssen wir als Trafikant:innen abwägen, ob der Verkauf an Kinder und Jugendliche zu verantworten ist. Zehnjährige dürfen nicht für 100 Euro Bitcoinbons oder Gaskartuschen kaufen. Ich bin dafür verantwortlich, das Personal zu schulen und zu informieren.
Am meisten Spaß macht mir der direkte Kund:innenkontakt. Wir haben unsere Stammkund:innen, mit denen wir auch über Themen plaudern, die sie aktuell beschäftigen, und denen unsere Meinung dazu wichtig ist. Jetzt startet zum Beispiel bald wieder die Fußball-WM, das ist bei unseren Kund:innen auch ein Gesprächsthema.
Vorstellung vs. Realität
Den Arbeitsalltag als normaler Vollzeit-Angestellter habe ich nie wirklich erlebt. Als ich am Wochenende oder in den Ferien bei den Freunden meiner Eltern gejobbt habe, wollte ich für mich nur herausfinden, ob mich der Einzelhandel interessiert. Am Anfang, als ich noch keine Mitarbeiter:innen hatte, war der Job für mich schwer. Es gibt viele Tätigkeiten, die man erst gar nicht auf dem Schirm hat – wie E-Mails beantworten, Münzrollen besorgen oder den Kühlschrank mit Getränken auffüllen. Es braucht auch Zeit, Dienstpläne zu machen und die Mitarbeiter:innen zu koordinieren. Das ist aber kein Problem gewesen. Im Rahmen der Ausbildung hat man ja auch einige Praxistage in einer Schulungstrafik. Das ist eine Art Buddy-System: Die Profis helfen den Neulingen. Und: Ich konnte natürlich auch die Freunde meiner Eltern fragen. Über die Jahre hat sich alles eingespielt und ich habe mehr Freizeit.
Die Frage, die auf Partys immer gestellt wird
Viele fragen, ob sie einen Rabatt bekommen oder ob ich Zigaretten mitnehmen kann. Das darf ich natürlich nicht, ich muss mich an das Tabakmonopolgesetz halten. Oder sie sind neugierig und wollen wissen, wie man zu einer eigenen Trafik kommt.
Welche Eigenschaften man als Trafikant:in braucht
Ich würde sagen, es ist besonders wichtig, freundlich zu sein. Man darf sich auch nicht zu leicht ärgern lassen. Wenn ein:e Kund:in etwas Gemeines sagt, darf dir das nicht den Tag versauen oder dich runterziehen. Außerdem muss man offen sein und sich stetig informieren, denn wir beraten unsere Kund:innen auch zu den neuesten Produkten.
Wie viel man als Trafikant:in verdient
Brutto kann ich das nicht so genau sagen, denn das ändert sich durch die Einnahmen und Ausgaben. Es kommt darauf an, wie viele Angestellte du hast und wie hoch deine Miete ist. Aber netto entnehme ich monatlich auf jeden Fall 2000 Euro.