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Gehalt: Was verdient eine Winzerin
Lisa Burckgard, 29, verbringt den Großteil ihres Arbeitsalltages draußen in den Weinbergen und begleitet die Reben von der Pflanzung bis zur Lese. Im Herbst muss dann alles stimmen.
Was ich als Winzerin mache
„Grundsätzlich kann man sagen: Ich mache Wein. Das heißt, ich begleite den ganzen Weg von der Jungpflanze bis zum fertigen Wein. Dazu gehört viel Weinbergspflege: Wir kümmern uns um die Reben und sorgen dafür, dass sie gut wachsen. Im Frühjahr und Sommer behandeln wir sie zum Beispiel mit Pflanzenschutzmitteln. Im Sommer brechen wir Teile der Pflanzen weg, um die Qualität der Trauben zu verbessern. Nach der Ernte im Herbst kommt dann im Winter der Rebschnitt.
Ich arbeite auf einem biodynamischen Hof, auf dem wir versuchen, möglichst nachhaltig zu arbeiten. Wir legen viel Wert auf Handarbeit, zum Beispiel ernten wir komplett per Hand. Ich bin der Meinung, dass guter Wein im Weinberg und nicht im Keller gemacht wird. In den Weinbergen muss deswegen alles stimmen.
Als Winzerin arbeitet man das ganze Jahr auf den Herbst hin, weil dann die Trauben geerntet werden. Im Herbst muss alles passen: Die Qualität der Trauben muss gut und die Reben müssen gesund sein. Und man muss den optimalen Erntezeitpunkt abpassen. Bei der Weinlese helfen uns sehr viele Menschen – neben den saisonalen Arbeitskräften etwa auch Studenten und Rentner, die teilweise schon seit Jahrzehnten mal bei der Lese helfen wollten. Zu der Zeit kommen immer die unterschiedlichsten Leute zusammen, die sich sonst wahrscheinlich nie über den Weg gelaufen wären. Abends beginnt dann die Kellerarbeit: Eine Maschine trennt die Beeren vom Stielgerüst, bevor sie in einer Presse gepresst werden. Während der Gärung passiert im Keller eigentlich nicht mehr viel. Ich sage immer: ‚Das ist ein betreutes Nichtstun.‘ Natürlich kontrollieren wir aber zwischendurch, ob der Wein gut durchgärt. Der Wein wird im Frühjahr filtriert, damit er klar ist, und dann in Flaschen gefüllt, etikettiert und verkauft. Ich unterstütze in all diesen Bereichen. Das Einzige, womit ich wenig zu tun habe, ist der Verkauf.“
Wie mein Arbeitsalltag aussieht
„Mein Arbeitsalltag ist von den Jahreszeiten bestimmt. Wir haben Sommer- und Winterarbeitszeiten. Im Sommer fangen wir an manchen Tagen schon um halb sechs oder sogar noch früher an, damit wir nicht in der Mittagshitze arbeiten müssen. Dann sind wir um 13 Uhr oder 14 Uhr fertig. Während der Erntezeit im Herbst haben wir keine geregelten Arbeitszeiten – man bleibt so lange, bis alles erledigt ist. Im Winter arbeiten wir von acht bis 17 Uhr. Wir fangen den Tag immer mit einer Team-Besprechung an, in der wir anhand des Wochenplans durchgehen, was erledigt werden muss. In manchen Phasen macht man jeden Tag etwas anderes, im Winter zum Beispiel steht man aber auch mal wochenlang sieben bis acht Stunden am Tag draußen und macht nichts anders als Rebschnitt.“
Wie ich zu dem Job gekommen bin
„Landwirtschaft hat mich schon immer interessiert. Deswegen habe ich nach dem Abitur ein Freiwilliges Ökologisches Jahr an einer Versuchsanstalt für Obstbau gemacht – und dort nach meinem Agrarbiologie-Studium eine Projektstelle bekommen. Das war aber sehr viel Büroarbeit. Irgendwann ist mir die Decke auf den Kopf gefallen und ich wollte endlich wieder etwas Praktisches machen.
Meine Tante hat ein Weingut, auf dem ich früher im Herbst oft geholfen habe. Auf diese Zeit und die Arbeit habe ich mich jedes Jahr total gefreut. Mit meiner besten Freundin habe ich außerdem oft Weine gekauft und verkostet. Also habe ich gedacht, das könnte mein Ding sein, und eine Ausbildung zur Winzerin angefangen. Einen Teil der Ausbildung habe ich in dem Betrieb gemacht, in dem ich jetzt arbeite. Hier hat es mir so gut gefallen, dass ich nach meinem Abschluss als Winzerin geblieben bin und seit mittlerweile eineinhalb Jahren als festangestellte Gesellin in dem Betrieb arbeite.“
Was der Job mit meinem Privatleben macht
„Wein spielt in meinem Privatleben eine große Rolle. Das ist einfach meine Leidenschaft und ich werde oft nach meiner Meinung zu Weinen gefragt. Einige meiner Freunde sind auch Winzer, da ist das Thema Wein in Gesprächen immer präsent.
Der Herbst ist die heißeste Phase im Betrieb, da arbeitet man eigentlich nur und hat keine Zeit für anderes – mittlerweile wissen das auch alle in meinem Umfeld. Wenn etwas ganz Wichtiges ansteht, kann man sich dafür aber natürlich auch freinehmen.“
Welche Fragen ich auf Partys gestellt bekomme
„Einige Leute haben Fragen zu bestimmten Weinen, wenn ich erzähle, dass ich Winzerin bin. Gerade hier in der Pfalz wollen aber die meisten wissen, auf welchem Weingut ich genau arbeite.“
Vorstellung vs. Realität
„Obwohl ich den Job durch meine Tante schon ein bisschen kannte, habe ich ihn mir doch etwas zu romantisch vorgestellt: in den Weinbergen unterwegs sein, ab und an Traktor fahren, und im Weinkeller Wein machen. In der Realität ist es aber deutlich herausfordernder und man muss viel Wissen mitbringen – zum Beispiel darüber, wie der Boden bearbeitet wird, welche Reben man an welchem Standort anbauen sollte oder wann sich die Säure und der Zucker bei der Gärung abbauen oder wann welcher Alkoholwert erreicht ist. Man braucht also auch viel chemisches Wissen. Das alles ist so komplex, dass ich nach wie vor oft Fragen an meinen Chef habe. Gleichzeitig macht das den Job auch total spannend.“
Welche Eigenschaften ich für den Job brauche
„Man braucht auf jeden Fall Leidenschaft. Wir sind ständig draußen, auch wenn es kalt ist oder regnet. Im Winter habe ich draußen oft eiskalte Füße – das muss man schon wollen und aushalten können. Das Wetter ist die größte Herausforderung in dem Job: Wir müssen immer intuitiv und wetterabhängig die besten Entscheidungen für unsere Reben treffen. Alles andere kannst du irgendwie beeinflussen, das Wetter nicht. Darauf muss man sich einlassen können. Vor allem Richtung Herbst braucht man außerdem sehr viel Durchhaltevermögen. Einige Winzer laufen zu der Zeit wirklich auf dem Zahnfleisch und sind froh, wenn die Ernte rum ist. Die Arbeit kann gerade zu der Zeit körperlich echt eine Herausforderung sein.“
Wie der Klimawandel meinen Job verändert
„Wir merken, wie sich das Wetter durch den Klimawandel verändert. Es wird viel trockener. Seit ein paar Jahren haben wir deswegen in einigen Anlagen Bewässerungssysteme. Aber auch die Art, wie wir den Boden bearbeiten, verändert sich. In einer Lage mit Südhang, die die Mittagshitze voll abkriegt, haben wir zum Beispiel die offenen Gänge mit Stroh abgedeckt, sodass die Verdunstung reguliert wird und das Wasser eher im Boden bleibt. Auch die Rebsorten, die in unserer Region angebaut werden, verändern sich: Man hört immer öfter, dass Winzer Rotweinsorten aus dem Süden anbauen. Vor 20 oder 30 Jahren hätte dieser Wein nicht geschmeckt, weil in unserer Region nicht das richtige Klima geherrscht hätte.“
Wie viel ich verdiene
„Ich verdiene 2900 Euro brutto. Man verdient in der Landwirtschaft nicht viel, aber in meiner aktuellen Lebenssituation reicht mir das. Trotzdem: Luft nach oben ist immer.“