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3300 Euro brutto für den Goldschmied

Foto: Privat/Bearbeitung: SZ Jetzt

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Am Berufskolleg für Design, Schmuck und Gerät hat Finn gelernt, einzigartige Schmuckstücke zu entwerfen und anzufertigen. Seine Leidenschaft für den Job ist so groß, dass er selbst zuhause nicht die Finger vom Schmuck lassen kann.

Was ich als Goldschmied mache

„Mein Beruf ist ein klassisches Handwerk. Jeder Goldschmiedebetrieb sieht unterschiedlich aus. Manche fertigen zum Beispiel nur Eheringe an, andere reparieren Schmuck und der Betrieb, in dem ich arbeite, ist eher auf Design ausgelegt. Wir fertigen Schmuckstücke von A bis Z, die sehr kreativ und ausgefallen sind – auch was die Materialien betrifft. Wir arbeiten nicht nur mit Metall, sondern beispielsweise auch mit Stein, den wir selbst bearbeiten. Die Schmuckstücke sind in der Regel für den Messeverkauf. Manchmal kommen aber auch Kund:innen mit einer Idee oder einem Stein vorbei. Mein Chef entwirft dann das Schmuckstück für sie. Ich bekomme von ihm Aufgaben zugeteilt, an denen ich individuell arbeite.“

Wie mein typischer Arbeitstag aussieht

„Ich komme morgens um acht Uhr in das Atelier. Wenn ich gerade eine Aufgabe habe, setze ich mich an meinen Platz und lege direkt los. Dann arbeite ich eigentlich den ganzen Tag bis 17 Uhr daran, natürlich mit Pausen. Momentan schleife ich für ein Paar Ohrringe Blüten aus Jaspis, einem rötlichen Stein. Dafür schneide ich Scheiben von dem Stein herunter und arbeite intuitiv Rillen und Rundungen ein, damit sie aussehen wie ein Blütenblatt. Am Ende werden die Blätter zusammengesetzt und in Metall gefasst. Ich kann meiner Kreativität freien Lauf lassen, muss aber zwischendurch meine Arbeitsschritte bei meinem Chef absegnen lassen. Je nachdem nimmt ein Schmuckstück 20 bis 300 Arbeitsstunden in Anspruch.“

Was der Job mit meinem Privatleben macht

„Oft mache ich mir noch nach der Arbeit Gedanken, wie es mit dem Schmuckstück weitergehen könnte, an dem ich gerade arbeite. Ich kann auf der Arbeit zwar kreativ sein, aber muss trotzdem nach den Vorgaben und Vorstellungen meines Chefs arbeiten. Zu Hause kann ich mehr meinen persönlichen Stil umsetzten und mache daher auch noch hobbymäßig Schmuck, wenn ich dafür Zeit finde. Ich benutze zum Beispiel andere Materialien wie Holz. Die grundlegenden Goldschmied-Werkzeuge habe ich alle daheim: einen Hängebohrmotor, Sägen, Feilen, Schmirgel und ein kleines Lötgerät. Durch meinen Job lerne ich neue Arbeitsweisen kennen, die mich dann auch für den Schmuck, den ich zu Hause mache, inspirieren. Als Ausgleich zu der gebückten Haltung, die ich bei der Arbeit einnehme, gehe ich zweimal die Woche bouldern. Noch mehr Bewegung wäre natürlich besser.“

Was mich inspiriert

„Für das, was ich zu Hause mache, hole ich mir oft Inspiration vom Material, also zum Beispiel von der natürlichen Maserung des Holzes. Ich wohne in der Nähe vom Schwarzwald und gehe öfter in die Natur, um mich inspirieren zu lassen. Ich habe oft bildhafte oder poetische Ideen, die sich in meinem Schmuck widerspiegeln.“

Wie ich zu dem Job gekommen bin

„Ich habe ein Semester lang Geowissenschaften studiert, aber schnell gemerkt, dass Studieren nichts für mich ist und ich etwas Kreatives und Praktisches brauche. Ich habe dann in meiner Heimatstadt ein Praktikum bei einer Goldschmiedin gemacht, die mir die Goldschmiedeschule in Pforzheim empfohlen hat. Dort habe ich meine Ausbildung gemacht, in der man die klassischen Goldschmiedetechniken lernt. Der Fokus lag auf dem Design. Wir haben meistens zu einem Thema ein Stück designt, gezeichnet und angefertigt. Das unterscheidet sich etwas von der klassischen Goldschmiedeausbildung, wo der Fokus viel mehr auf der Technik liegt. Die Ausbildung ging drei Jahre lang und bestand aus Theorie und Praxis.

Ich bin jetzt staatlich geprüfter Designer für Schmuck und Gerät. Dieser Abschluss ist dem Goldschmiedegesellen in Baden-Württemberg gleichgestellt. Während der Ausbildung kam mein jetziger Chef in unsere Klasse und hat seinen Betrieb vorgestellt. Ich kannte ihn bereits von Instagram und fand die Arbeit schon immer cool. Ich habe mich dann beworben und es hat geklappt.“

Vorstellung vs. Realität

„Es hat mich überrascht, dass wir auf der Arbeit wenig klassisches Goldschmiedewerkzeug nutzen, weil wir auch andere Materialien verwenden. Aber es macht mir Spaß.“

Welche Fragen ich auf Partys gestellt bekomme

„Die meisten Leute sind sehr interessiert und wollen wissen, was genau ich herstelle und das dann auch sehen. Ich erzähle gerne davon und zeige meine Stücke. Die Meisten fragen dann aber nicht danach, ob ich etwas für sie schmieden kann, weil meine Stücke eher extravagant sind.“

Welche Eigenschaften ich für den Job brauche

„Eine ruhige Hand und eine gute Hand-Augen-Koordination sind sehr wichtig, aber das kann man alles lernen. Generell lernt man in der Ausbildung und im Beruf neue Bewegungsabläufe, die man sonst im Alltag nicht machen würde. Außerdem braucht man einen guten Sinn für Ästhetik und Proportionen sowie Geduld. An den Blüten aus Stein arbeite ich zum Beispiel unter dem Mikroskop, das ist sehr kleinteilig. Mit der Zeit und etwas Übung bekommt man ein Gespür für die Materialien. Da sollte auch nichts schief gehen, weil man die Verantwortung über große Werte hat. Man sollte Respekt vor dem Material haben, aber keine Scheu. Ein paar mathematische Kenntnisse, um zum Beispiel Ringweiten zu berechnen, können hilfreich sein. Genau wie zeichnen zu können.“

Welches Schmuckstück ich am liebsten herstelle

„In meiner kleinen Heimwerkstatt fertige ich zurzeit am liebsten Broschen. Die designe ich immer so, dass sie als Deko dienen und bei besonderen Anlässen getragen werden können. Früher habe ich öfter selbstgemachte Ringe getragen, aber zurzeit ist das in der Werkstatt etwas unpraktisch.“

Wie viel ich verdiene

„Nach der Probezeit, die in einem Monat vorbei ist, verdiene ich 3300 Euro brutto. Das ist für ein Einstiegsgehalt schon sehr gut, auf jeden Fall mehr als in dem Beruf üblich ist. Ich komme damit gut aus, auch wenn meine Miete in Karlsruhe nicht ganz billig ist.“

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