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Job-Kolumne: Wie viel verdient ein Set-Aufnahmeleiter?
Wie man Set-Aufnahmeleiter:in wird
Nach meinem Abitur wusste ich nicht so richtig wohin mit mir. Weil mich Film aber schon immer interessiert hat, habe ich erstmal ein Praktikum bei der Daily-Soap „Sturm der Liebe“ gemacht. Nach dem Praktikum habe ich dann weitere zweieinhalb Jahre für dieselbe Produktionsfirma gearbeitet. Irgendwann wollte ich aus diesem Alltag raus und stattdessen bei verschiedenen Filmprojekten mitarbeiten. Seit 2018 bin ich freiberuflich unterwegs – ohne Ausbildung oder Studium, obwohl ich meine Zeit bei „Sturm der Liebe“ oft als meine Ausbildung bezeichne.
Der klassische Weg, um als Set-Aufnahmeleiter zu arbeiten, ist als Runner:in anzufangen. Egal in welchen Bereich man beim Film möchte, Set-Runner:in ist immer gut, um den Fuß in die Tür zu bekommen. Dann kann man sich hocharbeiten – und das kann auch sehr schnell gehen. Wenn du einen guten Job als Runner:in machst, wirst du schnell Set-Assistent:in und dann Set-Aufnahmeleiter:in. Gerade in der Set-Aufnahmeleitung ist es so, dass man mehr durch gute Arbeit als durch Studium oder Ausbildung überzeugt.
Vorstellung vs. Realität
Viele stellen sich die Arbeit am Set glamourös und nicht besonders strapaziös vor. Reisen, herumkommen, interessante Leute kennenlernen – das stimmt auch alles. Dass das aber auch verdammt viel Arbeit ist, wird oft unterschätzt. Und: Roter Teppich und Luxus – davon bin ich in meiner Position weit von entfernt.
Diese Eigenschaften sollte ein:e Set-Aufnahmeleiter:in haben
Auf jeden Fall sollte man flexibel, belastbar und durchsetzungsfähig sein. Eine gute Menschenkenntnis ist sicherlich auch nicht verkehrt. Die Aufgabe eines:einer Set-Aufnahmeleiter:in ist es auch, Ansagen machen zu können. Manchmal muss man in der Position lauter werden. Trotzdem arbeite ich so, dass ich am Ende sagen kann: Es war stressig, aber wir hatten eine tolle Zeit.
Wie der Berufsalltag aussieht
Ich mache eigentlich alles, außer dem Film selbst. Hauptsächlich bin ich für die logistische Betreuung am Set zuständig. Das heißt, ich gucke, dass alle ihre Arbeitszeiten einhalten, sich keiner wehtut, aber auch jeder etwas zu essen und zu trinken bekommt. Ich kümmere mich auch um die Schauspieler:innen und stelle sicher, dass sie rechtzeitig in die Maske, ins Kostüm und schlussendlich auch ans Set kommen. Meine Abteilung, also die Set-Aufnahmeleitung, besteht aus mir, einer:einem Assistent:in und den Runner:innen. Während die Produktion im Büro sitzt, sind wir der verlängerte Arm am Set und sorgen dort für einen reibungslosen Ablauf.
Bei einem normalen Drehtag komme ich als Erster und gehe als Letzter. Zuerst wir immer die Basis aufgebaut, das ist sowas wie das logistische Zentrum des Sets – hier steht das Catering, die Filmmobile und die Aufenthaltsmöglichkeiten für die Schauspieler:innen und die Crew. Dafür muss auch Strom gelegt werden. Wasser und sanitäre Einrichtung dürfen natürlich auch nicht vergessen werden. Anschließend werden die Schauspieler:innen in die Maske und ins Kostüm gesteckt. Es ist immer ein großer Wanderzirkus, der jedes Mal neu auf- und abgebaut werden muss. Wenn das geschafft ist, gehe ich ans Set. Am Set wird dann Szene für Szene abgedreht. Zusammen mit dem:der Regie-Assistent:in sorge ich dafür, dass Regie, Kamera und alle anderen Gewerke zeitlich im Rahmen bleiben und alles gut zusammenläuft. Am Ende jeden Drehtages bauen wir die Basis ab und packen alles zusammen. Am nächsten Tag starten wir dann neu, oft an einem neuen Motiv.
Ich habe momentan den Luxus, dass ich mir meine Projekte selbst aussuchen kann. Wie viele Projekte ich mache, ist dann meine Sache. Es kann sein, dass ich nahtlos in das nächste Projekt übergehe oder mir erstmal ein paar Tage oder Wochen Erholung gönne.
Ist dein Job gut mit deinem Privatleben vereinbar?
Nein. Ich hatte jetzt ein Jahr, in dem ich fast gar nicht zu Hause war, weil ich viel extern gedreht habe. Ein Arbeitstag geht oft 12 oder 13 Stunden, da kommt man dann wirklich nur zum Schlafen nach Hause. Es gibt auch oft Nachtdrehs, gerne kurz vor dem Wochenende, dann wird am Samstag natürlich nur geschlafen. Wenn ich in einem Projekt bin, sehe ich leider nicht viel von meinem Privatleben.
Ruft irgendwann Hollywood?
In den Staaten zu arbeiten, ist relativ schwierig, auch wegen der Green Card. Wahrscheinlicher ist es, dass Hollywood zu uns kommt. Mittlerweile werden auch in Deutschland immer häufiger Hollywood-Produktionen gedreht. Wenn man hart arbeitet und Glück hat, könnte also auch mal Hollywood rufen, aber eher hier im Dunstkreis der Bundesrepublik.
Das Schönste am Job
Die Phase zu Beginn eines jeden Projekts ist besonders spannend, da sich das neue Team erstmal aufeinander abstimmen muss. Man muss herausfinden, wie jede:r Einzelne tickt. Aber das macht den Beruf auch so spannend, immer wieder mit neuen Charakteren zusammenzuarbeiten und sich auf neue Menschen einzustimmen.
Die Herausforderungen
Das Team der Set-Aufnahmeleitung ist auch immer Krisenbewältigung. Irgendetwas ist immer kaputt oder funktioniert nicht. Warum regnet es jetzt? Wo kommt der Lärm her? Warum geht jetzt schon die Sonne unter? Meine Aufgabe ist es, diese Probleme dann für jeden Drehtag neu zu bewältigen.
Die Frage, die auf Partys immer gestellt wird
Dass ich am Filmset arbeite, löst manchmal eine gewisse Faszination aus. Was hast du schon alles gedreht? Wie sind die Schauspieler:innen? Das sind so klassischen Fragen. Etwa die Hälfte aller Menschen können sich unter meinem Beruf aber gar nichts vorstellen. Ich muss zugeben, bevor ich angefangen habe, beim Film zu arbeiten, hatte ich auch keine Ahnung, dass es einen:eine Set-Aufnahmeleiter:in gibt.
Das Gehalt
Bei der Set-Aufnahmeleitung ist es meistens so, dass man in Wochengehältern bezahlt wird. Mein aktuelles Wochengehalt ist 1400 Euro brutto auf 50 Stunden pro Woche. Es gibt aber auch Tarifverträge für Filmschaffende. Momentan liegt hier das Wochengehalt für eine:n Set-Aufnahmeleiter:in bei 1075 Euro brutto. Hat man schon Erfahrung und gute Arbeit geleistet, kann man aber eben so wie ich durchaus mehr als die Mindestgage des Tarifvertrags verlangen.