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Friends-Reunion von HBO: Warum das eine schlechte Idee ist
Wenn eine langlebige Serie zu Ende geht, ist das ein bisschen so, als sei ein guter Freund weggezogen. Man ist traurig und weiß nichts mit sich anzufangen, bis man wieder neue Freunde, beziehungsweise neue Serien, gefunden hat, die auch nett sind. Aber genauso wie mit dem alten Freund wird es natürlich nie wieder sein. Und so beginnt eine Phase der Nostalgie, die sich von Jahr zu Jahr steigert, bis wir irgendwann glauben, dass früher tatsächlich alles besser war und alles verdrängen, was vielleicht nicht ganz so gut war.
Das wissen die Macher von Serien und deshalb hat sich in den vergangenen Jahren, in denen immer mehr Streamingdienste immer mehr Original-Material auf den Markt schmeißen müssen, um im Konkurrenzkampf zu bestehen, unglücklicherweise das Phänomen der Reboot-Serie etabliert. Und dieser Trend ist einer der schlimmsten der gegenwärtigen Zeit. Egal, ob „Will and Grace“ oder „Roseanne“, „Gilmore Girls“ oder „Akte X“, all diesen wiederbelebten Serien ist eines gemeinsam: Sie sollten uns lehren, dass man Tote nicht wieder auferweckt. Wohin das führt, hat uns einst Stephen Kings „Friedhof der Kuscheltiere“ eindringlich gezeigt. Leider ist diese Erkenntnis noch nicht bei den Fernsehproduzenten angekommen. Im Gegenteil: Der Reboot-Wahn nimmt gerade groteske Züge an.
Die berühmteste und beliebteste Serie aller Zeiten wird nun also ein ähnliches Schicksal ereilen: HBO ist offenbar schon in ernsthaften Verhandlungen über eine Neuauflage von „Friends“. Alle Hauptdarsteller und auch die Erfinder der Show arbeiten an einer „Reunion“-Show. Wie genau die aussehen soll, wann sie ausgestrahlt wird und in welchem Umfang, ist noch nicht klar. Aber das ist auch egal. Man sollte es einfach bleiben lassen. Und zwar aus folgenden Gründen:
- Reunion-Shows sind immer qualitativ schlechter als das Original. Der Qualitätsverlust ist von vornherein eingeplant, weil die Macher der Serie fast immer glauben, Rücksicht auf die Bedürfnisse der Fans nehmen zu müssen: Vor allem auf die all der Hardcore-Fans, die in Zeiten von Social Media einen immensen Einfluss darauf haben, ob etwas zum Erfolg wird oder nicht. Wenn man aber all die Superfans befriedigen möchte, dann bleibt einem Drehbuchautor kaum etwas anderes übrig, als Fan Fiction zu produzieren. Und wie wir spätestens seit „50 Shades of Grey“ wissen, ist Fan Fiction zwar ziemlich lustig, meistens jedoch eher unfreiwillig.
- „Friends“ war nie lustig. Und wird es bestimmt auch dann nicht werden, wenn man es 25 Jahre später noch mal versucht. Die Show ist aus heutiger Perspektive zudem massiv problematisch: Sie bestand zu 99,9 Prozent aus den extrem privilegierten „Problemen“ von extrem privilegierten Weißen, die am laufenden Band unfassbar dumme, sexistische, homophobe und dickenfeindliche Sprüche raushauten. All das könnte man ja noch verzeihen (es waren nun mal die 90er, Wokeness noch nicht erfunden), wenn die Witze wenigstens lustig gewesen wären. Sind sie leider nicht, sie sind acht Meilen gegen den Wind vorhersehbar und immer auf dieselbe bada-bing-boff-dush-Art geliefert – und damit auch noch der Dümmste mitbekommt, dass dieser Spruch lustig gemeint war, wurde exzessiver Gebrauch von Studiolachern gemacht. Wird die Serie dagegen wieder aufgelegt, dann müssen sich die Macher mit all diesen –ismen auseinandersetzen. Man mag sich bei der Besetzung kaum vorstellen, wie sie das erledigen werden.
- Das Blöde an so einer Ensemble-Show ist ja auch immer, dass da mehrere Darsteller mitmachen. Die waren zu Beginn der Serie alle ziemlich gleich alt und gleich gutaussehend. 25 Jahre später haben sich die einen ziemlich gut gehalten (Jennifer Aniston, Lisa Kudrow, David Schwimmer), die anderen sind sichtbar gealtert und haben nicht ganz so viel auf sich acht gegeben (Matthew Perry, Matt LeBlanc) und dann ist da noch Courtney Cox, die in den vergangenen Jahren immer dünner und immer wächserner wurde. Gut für sie, aber mag man wirklich noch einer durchgebotoxten Schauspielerin dabei zuschauen, wie sie versucht, so etwas ähnliches wie Mimik aus ihrem Wachsgesicht heraus zu pressen? Diese sechs Menschen in verschiedenen Stadien des Alterungsprozess sollen jetzt also eine gleichaltrige Gruppe von Freunden spielen. Man mag es sich weder vorstellen, noch im Fernsehen sehen. Wenn man sich unbedingt mit der eigenen Sterblichkeit auseinandersetzen will, dann kann man auch auf ein Klassentreffen gehen.
- Schon klar, es lohnt sich bestimmt für die Darsteller, wenn sie noch einmal zusammenkommen und HBO wird sich das bestimmt eine Stange Geld kosten lassen. Wenn es allerdings eine Gruppe von sechs Menschen gibt, die es nicht nötig hat, für Geld ihre Würde aufzugeben, dann sind das diese Menschen, die in der berühmtesten Sitcom aller Zeiten mitgespielt haben, schon damals pro Folge pro Person eine Million Dollar erhalten haben und seitdem von dem Erlös aus der Zweitverwertung vermutlich mehrere amerikanische Bundesstaaten erstehen könnten.
Natürlich wird die „Friends“-Reunion dennoch sämtliche Rekorde brechen und es wird überall ein Thema sein und niemand, wirklich niemand wird danach irgendwie befriedigter weitermachen. Aber hey, zehn Jahre später kann man es ja noch mal probieren. Und noch mal. Und noch mal. Und dann noch einen Film. Und dann wird die gefledderte Show-Leiche hoffentlich irgendwann wieder zurück in ihr Grab getragen und endgültig zur Ruhe gelegt.