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Vorsicht, Trigger!

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„Vorsicht Triggergefahr": Diese Warnung schickt „Aiken", Nutzer eines Forums für Heimkinder, seinem Beitrag voraus. Er warnt damit Personen, die Opfer von Missbrauch geworden sind, vor dem Weiterlesen. Denn in seinem Beitrag geht es um die Verhandlung eines Sexualstraftäters – um einen Fall also, der bei Missbrauchsopfern belastende Erinnerungen wecken könnte. Im schlimmsten Fall kann die Schilderung des Falls als sogenannter „Trigger" fungieren, als ein Auslösereiz, der den Betroffenen an die traumatische Situation denken oder sie sogar emotional und körperlich noch einmal durchleben lässt. Menschen mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung sind gefährdet, solche Flashbacks zu erleben. Dabei können in manchen Fällen schon sehr schwache Reize als Trigger wirken: ein Geräusch, ein Geruch, eine Geste, die an das Erlebte erinnern.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Triggerwarnungen, wie „Aiken" sie benutzt hat, tauchen online immer häufiger auf, vor allem in Selbsthilfeforen und auf Blogs. Wenn Nutzer über traumatische Ereignisse, selbstverletzendes Verhalten oder ihre Essstörung berichten, dann versehen sie den Titel ihres Beitrags mit dieser Warnung. Viele nutzen außerdem sogenannte „Splahs", sie ersetzen Buchstaben in Wörtern wie „Vergewaltigung" durch Sternchen oder andere Zeichen. Das soll das Lesen erschweren und vor schlagartigen Erinnerungen bewahren. Auch auf dem Blog der Aktion „Ich habe nicht angezeigt", die das Schweigen von Missbrauchsopfern brechen will, findet man einen Hinweis, in Form eines großen roten Buttons mit der Aufschrift „Triggerwarnung". Es gibt Angebote, um die Filterblase im Netz sogar noch großflächiger aufzubauen: Auf triggy kann man Links eingeben, vor die eine Triggerwarnung geschaltet werden soll, wenn man sie aufruft. Tumblr bietet mit „Fuck Yeah, Trigger Warnings" an, Beiträge mit bestimmten Tags für die eigene Nutzung zu blockieren.

Betrachtet man diese Beispiele, scheint das Prinzip der Triggerwarnung vernünftig und rücksichtsvoll: Forenmitglieder und Blogger achten aufeinander und auf ihre Leser, sie wollen offen reden und dabei jene schützen, denen durch diese Offenheit Leid zugefügt werden könnte. Auch Dr. Markos Maragkos, Privatdozent für Psychologie an der LMU München und Spezialist für Traumata und Posttraumatische Belastungsstörungen, begrüßt dieses Vorgehen, merkt aber an, das viel von dem Umgang des Betroffenen mit seinem Trauma abhänge: „Wenn in einem Video zu Anfang eine Triggerwarnung eingeblendet wird, löst das oft Neugier aus. Dann ist die Frage, inwiefern die Person dazu in der Lage ist, Stimuluskontrolle auszuüben, also sich zu kontrollieren und zu entscheiden, das Video nicht weiter anzuschauen." Wer weiß, was ein Trigger ist, und gelernt hat, bestimmte Reize zu meiden, dem kann eine solche Warnung also durchaus helfen.

Der Grundgedanke ist lobenswert, doch wie fast alles, das irgendwann im Internet aufgekommen ist, hat sich auch die Triggerwarnung rasend schnell ausgebreitet und ist mittlerweile in allen möglichen Zusammenhängen zu finden. In manchen Foren steht sie vorsichtshalber vor fast jedem Beitrag. Als die Mädchenmannschaft im März einen kritischen Beitrag zum „Schnitzel-und-Blowjob-Tag" veröffentlichte, setzten sie die Triggerwarnung vor das Logo des Tages, eine piktogrammähnliche Darstellung von Oralverkehr. War die Warnung schon dort sicher nicht ganz ernst gemeint, wird sie andernorts gänzlich im Spaß gebraucht: Bei Twitter zum Beispiel fügt eine Nutzerin ihrem Tweet „Wisst ihr noch?" den Hashtag #triggerwarnung hinzu und verlinkt auf ein altes Aquarius-Schulheft.

Die Verwendung der „Triggerwarnung" in sämtlichen „Das hier kann Erinnerungen wecken"-Kontexten, egal ob ernsthaft oder ironisch, beweist, dass sie im Internet-Mainstream angekommen ist. „Trigger" ist ein Modewort geworden. In ihrem auf Freitag.de erschienenen Kommentar „Auf der richtigen Seite" schreibt Katrin Rönicke, die Warnung werde „inflationär benutzt" und die Ernsthaftigkeit dadurch verwässert. Dr. Maragkos bestätigt diese Annahme: „Je häufiger eine Warnung ihre Exklusivität verliert, desto weniger wirkt sie. Es kommt dann zu einem Gewöhnungs- und Aushebelungseffekt." Als Beispiel nennt er das Wort „Hilfe": Mittlerweile werde dazu geraten, in Gefahrensituationen „Feuer" zu rufen, weil die Reaktion auf „Hilfe" wesentlich geringer sei. Es besteht also die Gefahr, dass die Triggerwarnung von einem ernstgemeinten Hilfsangebot zu einem Spaßbegriff verkommt. Betroffene werden sich dann nicht mehr ernst genommen fühlen und es wird für sie schwer werden, zu unterscheiden, wann sie wirklich aufpassen müssen und wann die Warnung nur im Scherz ausgesprochen wird.

Rönickes Beitrag hat eine Diskussion unter Bloggern ausgelöst. Eine Bloggerin merkt sogar an, dass sie auch ohne ein traumatisches Erlebnis nur ungern mit Schilderungen von Gewalt oder Ähnlichem konfrontiert werden möchten. Sie fordert damit Warnungen für alle, damit man entscheiden kann, was man sehen will und was nicht. Voraussetzung dafür ist aber wieder die von Dr. Maragkos angeführte Stimuluskontrolle. „Die liegt mit generell sehr am Herzen", sagt er, „ich bin dafür, dass Menschen sich nicht allem aussetzen müssen, was medial auf sie einwirkt. Die Sinnesorgane sollten Wahrnehmungspforten sein und jeder sollte vorsichtig mit sich umgehen und genau überlegen, welchen Reizen er sich aussetzen will und welchen nicht."

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