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Ran an den Speck
Ständig muss man umlernen. Jüngstes Beispiel: Bacon. Hielten wir ja gerade noch für recht positiv beleumundet, in Hipsterkreisen herrscht seit geraumer Zeit sogar eine Art Bacon-Obsession. Die scheint zwar seltsam aus der Zeit gefallen, schließlich werden die Hipster-Epizentren von Brooklyn bis Berlin-Neukölln gerade eigentlich veganisiert. Dennoch, in der Foodie-Sektion auf Instagram quillt der Speck überall durch die Retro-Filter. Bacon-Burger. Frühstücksbacon. Oder einfach Bacon pur, so wie der Metzger ihn schuf. Im Silicon Valley ködert man die Bacon-verrückte Digitalelite folgerichtig mit einer Speck-Flatrate am Arbeitsplatz. Der geneigte Konsument kann sich zudem auch abseits der Mahlzeiten mit Bacon ein- und bedecken und zwar in Form von Bacon-Seidenschals oder Bacon-Stoffschuhen oder Bacon-Pflastern.
Nun aber erfahren wir: Bacon ist eine Geißel der Menschheit. Denn Bacon ist der neue Spam.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Bacon ist der neue Spam.
Das schreibt jedenfalls der Technologie-Korrespondent der BBC. Der ist im Ressort Speck insofern kompetent, als mit Bacon, der sich in diesem Zusammenhang übrigens Bacn schreibt, ohne dass sich allerdings die Aussprache ändert, etwas gemeint ist, das unser E-Mail-Postfach verstopft. Bacn, das sind die Newsletter, Facebook-Benachrichtigungen und Updates aus dem Online-Shop, bei dem man neulich mal etwas bestellt hat. Diese Post ist nicht ganz so unerwünscht wie Viagra-Sonderangebote und Penispumpen-Offerten, vor denen uns meistens eh der Spam-Filter bewahrt. Allerdings freut sich eben auch niemand genauso über Bacn wie über die Nachricht von Schatzi oder der besten Freundin.
Der Name Bacn für diese Mails mittlerer Beliebtheit ist konsequent gewählt. Schließlich stand ja auch beim Spam Fleischliches Pate, jener SPiced hAM, eine Sorte Dosenfleisch, die als eines von wenigen Nahrungsmitteln während des Zweiten Weltkriegs in Großbritannien quasi unbegrenzt erhältlich war. Entsprechend unbeliebt war Spam, eben vergleichbar mit der Post aus der Kategorie Penispumpe, die daraufhin nach dem Dosenfleisch benannt wurde. Die hocherwünschten Mails von den Liebsten soll nach der gleichen Logik angeblich mancher als Ham bezeichnen, also Schinken, welcher im Karnivoren-Ranking ja auch den Speck nochmal schlägt.
Das Problem mit dem Bacn in unseren E-Mail-Postfächern ist, dass er sie so verstopft wie das früher Spam tat, als die Filter noch nicht so richtig funktionierten. So übersehen Menschen die wirklich wichtigen Mails und Bacn wird am Ende sogar zu einem Produktivitätsproblem, heißt es weiter in dem BBC-Artikel.
Helfen gegen die Massen von Bacn würde ja, sich mal aus dem einen oder anderen Newsletter auszutragen. Aber wir wissen ja alle, dass wir eigentlich auch beim echten Fleisch etwas weniger in uns reinstopfen sollten, Stichworte Klimawandel und Massentierhaltung. So, wie die Verzehrstatistiken aussehen, ist es daher wohl nicht allzu verwegen zu vermuten, dass uns analog auch in unseren Postfächern der Bacn noch eine Weile erhalten bleiben wird.
Text: juliane-frisse - Foto: photocrew/Fotolia.com