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Quittengelee statt Herrenbesuch: Zu Besuch in Friedrichshafen
Katharina und Sophie studieren in Friedrichshafen, einer Kleinstadt am Bodensee. Dort teilen sie sich eine Dreizimmerwohnung in einem kleinen Haus mit Garten. Die Wohnung misst 64 Quadratmeter und kostet 500 Euro inklusive aller Nebenkosten.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Sophie und Katharina bewohnen das Erdgeschoss des Hauses. Das linke Fenster mit Terassentür gehört zu Katharinas Zimmer.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Die Vermieterin pflanzt "Vespergürkle", Sophie und Katharina alles mögliche. Im Sommer blühen im Beet vor dem Haus Blumen und Kräuter, im Moment trotzt nur der Rosmarin dem Winter.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Katharinas Schreibtisch. Gefährlich: Die Nähe zum Bett,...
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
...das zu gemütlichem Lümmeln einlädt
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Das Gästezimmer aka Rumpelkammer und Auffangbecken. Foto erst nach Verhandlungen möglich Wohnen in einem Kleinstadthaus in einer Kleinstadt: Was ist anders als in der Großstadt? Sophie: Naja, wir wohnen ja noch nicht mal in der Kleinstadt! Wir wohnen in der Vorstadt der Kleinstadt. Sehr beschaulich. Wir haben hier eine Terrasse und einen Garten, in dem wir als erste Amtshandlung nach unserem Einzug viele Kräuter angepflanzt haben. Das wäre in einer Großstadt wohl eher nicht bezahlbar für zwei Studentinnen. Katharina: Eine schwäbische Vorstadt einer Kleinstadt unterscheidet sich auch deutlich von einer Großstadt in der Akribie der Mülltrennung. Eure Vermieterin ist ja ein wenig älter und wohnt direkt nebenan, hab ich gesehen. Bringt so ein Mietverhältnis Besonderheiten mit sich? Sophie: (lacht schallend) Klassiker! Als wir eingezogen sind, meinte sie, wir sollten ihr bitte Besuch – besonders natürlich Herrenbesuch – anmelden. Sie wäre da schon gerne im Bilde, wer sich in ihrem Haus aufhält. Das hab ich nicht sonderlich ernst genommen. Und letzten Sommer kam’s dann zu einem Eklat. Eigentlich hat sie sich schrecklich über einen kleinen Grillabend aufgeregt, der sich dann irgendwie doch bis um halb fünf Uhr morgens gezogen hatte. Und dabei konnte sie es sich nicht verkneifen, wo sie schon mal am Schimpfen war, auch noch den "ständig wechselnden" Männerbesuch zu monieren. Sehr originell. Ich meine, so lang ich mir kein Neonschild mit dem Schriftzug "OPEN" mit einem rot blinkenden Herz ins Fenster hänge, haben die doch bitte meine Besuche nicht zu interessieren. Selbst wenn jeden Tag wer anders käme. Keine Ahnung, ob das eher mit dem Altsein oder ihrem Schwäbischsein zu tun hat. Jedenfalls hat unser Kontakt seitdem einen Knacks. Andererseits bewundere ich sie schon auch. Sie ist Mitte oder Ende 70 und macht mit ihrem Mann einfach alles selbst hier im Haus und im Garten. Reparaturen und alles. Außerdem war sie früher Damenschneiderin und ändert uns immer unsere Kleider, wenn wir sie bitten. Generell: Wie stellt man sich mit seiner Vermieterin gut? Katharina: Ich würde sagen, wir beschränken uns hier auf Themen wie Enkelkinder und Kinderkrankheiten, das schöne Leben damals in der Vergangenheit, Rezepte von Marmelade und die aktuellen Kekssorten. Wir tauschen besonders gerne mein Quittengelee gegen ihre Mirabellenmarmelade. Nutzt ihr euren Garten eigentlich gebührend? Sophie: Vom Kräutergarten haben wir ja schon erzählt. Der liegt uns sehr am Herzen. Katharina: Ja, unser Garten mit den Kräutern ist unser ganzer Stolz. Nach den Semesterferien werden erstmal staunend die riesigen Ausmaße unseres Rosmarins begutachtet. Sophie verwandelt die Minze dann mit Pimm´s No. 1 und Gurke in ein ungemein leckeres Getränk. Das gibt’s dann auf unserer spießigen Couch. Sophie: Ansonsten lässt es sich auch im Garten und auf der Terrasse lernen und arbeiten. W-Lan reicht auch so weit. Zum Beispiel auf dem Holzbänkchen an der Hauswand. Und beim Arbeiten ist die Aussicht auf den ein oder anderen Grillabend, der hier veranstaltet wird, schon auch ziemlich motivierend. Gibt es bei euch ein Möbelstück mit Geschichte? Kathl: Ja, es gibt dieses Sofa, das auf einer alten Euro-Palette steht, damit wir beim Essen besser an den Tisch reichen. Das habe ich in Hamburg im Flohmarkt-Geschäft Stilbruch gefunden. Stand sofort hoch in meiner Gunst. Hier ist es sowas wie unser Wohnungsmittelpunkt. Und unser gemeinsamer Rückzugsort für nächtliche Tomatenmark-Brot-mit-Bier-Aktionen. Manchmal, wenn Besuch kommt, wird es mit so einem kobaltblauen, majestätischen Überwurf versehen. Ihr habt ein noch ein Gästezimmer. Warum braucht ihr so was? Sophie: Es ist nun mal eine Drei-Zimmer-Wohnung. Aber das dritte Zimmer ist einfach zu klein, um einen weiteren Mitbewohner zu beherbergen. Im Moment ist es eh bisschen vollgerümpelt und dient als Auffangbecken für alles, wofür in unseren Zimmern kein Platz ist. Und für unsere diversen vernachlässigten Sportgeräte, die hier angespült wurden. Wie die uralte Rudermaschine, die ich letztes Semester voller Elan angeschleppt habe, die aber nach zwei, drei Trainingseinheiten schon wieder uninteressant war… Aber ist schon mal praktisch, ein drittes Bett in der Wohnung zu haben. Wenn es mal jemandem nach einem rotweinträchtigen Abend etwas schwer fällt, sich zum Heimweg aufzuraffen. Jedenfalls habt ihre es nicht in ein Fernsehzimmer verwandelt. Ihr habt noch nicht mal Fernsehen in der Wohnung. Aus Überzeugung oder aus Faulheit? Sophie: Sagen wir so – aus Überzeugung, dass die Anschaffung des Fernsehers zu großer Faulheit führen würde. Es gibt sowie so schon genug Arten, sich vom konzentrierten Arbeiten davonzustehlen… Katharina: Ja, wenn wir zwei Bettliebhaber einen Fernseher hätten, der noch häufiger als DVD's und Scrubs-Folgen auf die Heizdecke locken würde, dann können wir unser Studium vergessen. Skype und E-Mails sind schon Ablenkung genug. Und hier unten wohnen wir ja alle so nah beieinander. Da kommt es auch öfter zu Spontan-Besuchen, so "Ich hab gehört Du kochst Hühnchen..ich bin in 10 Minuten da." Das gefällt mir deutlich besser als das Dschungel-Camp.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Sophies Zimmer
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Das Badezimmer
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Das Zentrum der WG ist die Küche
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Teemädchen auf Troddelsofa Seid ihr eine Miteinander- oder eine Nebenher-WG? Sophie: Definitiv eine Miteinander-WG. Anfangs natürlich noch mehr, als es jetzt der Fall ist, da haben wir ja ständig irgendwelche schönen Sachen gekocht und in der Küche Sherry getrunken. Aber jetzt achten wir auch noch darauf, dass wir uns zusammen hinsetzen und uns erzählen, was so los ist in unseren Leben. Katharina: Sehr schön waren immer unsere sportlichen Ausbrüche. Mit Kokosmilch-Dosen unseren Trizeps herausfordern oder zu alten Madonna-Liedern verrückte Gymnastik zu veranstalten. Was ist besonders wichtig für eine gute Wohnung? Sophie: Es muss nicht alles perfekt sein, Hauptsache ist, dass es gemütlich ist. Dass man sich mit seinen Dingen umgeben kann. Dann kann man auch schon mal über die eher grauenvolle Tapete hinwegsehen… Katharina: Eine gute Wohnung lässt einen man selbst sein und engt nicht ein, sondern verleiht ein wonniges Gefühl. Ich habe mich immer gefreut nach einem langen Tag in unsere krunschelige aber gemütliche Wohnung zurückzukehren und mit Sophie bei einem Tee über den Tag zu plaudern. Wie wichtig ist zum Beispiel die Lage? Sophie: Das ist bei uns natürlich anders als in Hamburg oder Berlin. Hier ist alles so klein, dass es eigentlich relativ egal ist, wo man jetzt wohnt. Was bei uns ganz günstig ist, ist die Nähe zur Uni und zum See. Dafür haben andere eben einen kürzeren Weg in die Stadt. Katharina: Ja, es ist so klein hier, dass es wirklich egal ist. Aber die 6 km mit dem Rad in die Stadt fordern manchmal schon eine ganz schöne Überwindung. Ihr habt gesagt, ihr kocht gerne. Seid ihr mit eurer Küchenausstattung zufrieden? Sophie: Wir haben sehr viel Zeugs mitgebracht, vom Spätzlehobel und Spargelheber über den gusseisernen Bräter bis zum Dörrautomaten und der Pastamaschine. Also können wir durchaus auf eine sehr professionelle Ausstattung zurückgreifen. Katharina: Du vergisst unseren Entsafter. Für unseren geliebten Möhre-Orange-Ingwer-Apfel-Saft. Bei uns bleiben eigentlich keine Küchenwünsche offen. Es haben sich Sophies und meine Küchenausstattung optimal ergänzt. In was für einer Wohnung wollt ihr nie leben? Sophie: Schrankwände oder Sitzlandschaften von XXXL Lutz, aber ebenso wenig perfekt durchgestylte Porsche-Design-Wohnungen, das wäre nichts. Aber so eine typische, komplett beliebig zusammen gestückelte, grattlige Groß-WG, wo jeder die allerletzten stinke-siffigen Restposten aus den Hobbyräumen der Verwandtschaft anbringt, wäre mir auch ein Graus. Katharina: Ich könnte nie in einer Energie raubenden Wohnung ohne Atmosphäre und Gemütlichkeit leben. Viele Menschen haben Wohnungen die in keiner Weise zu ihnen passen. Natürlich mussten wir hier in Friedrichshafen relativ viele Kompromisse eingehen und haben nicht die Altbau-Wohnung in Berlin-Charlottenburg mit Fensterbänken, Stuck und Kamin, aber unsere Wohnung passt, glaub' ich, zu uns. Und wir wissen jetzt, wie man im schwäbischen Stil korrekt Müll trennt.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Sophie (links) und Katharina