- • Startseite
- • Wirtschaft
-
•
fairafric: Schokolade aus Ghana
Das Startup-Unternehmen „fairafric“ produziert Schokolade in Ghana. Dadurch soll die Wertschöpfung in das westafrikanische Land verlegt werden. Die Idee dazu hatte Hendrik Reimers (34). Im Interview spricht er über Hürden in der Produktion und erklärt, warum es sich lohnt, vier Euro für eine Tafel Schokolade auszugeben.
Jetzt: Ihr habt angekündigt, die fairste Schokolade der Welt zu produzieren. Das klingt sehr ambitioniert.
Hendrik Reimers: Es gibt definitiv verschiedene Level von fair. Die Einkommenssteigerung der Kakaobauern, die zum Beispiel durch Fairtrade erzielt wird, ist im Schnitt weniger als ein Cent pro Tafel. Wir bringen pro Tafel mindestens 50 Cents mehr nach Ghana.
Spiegelt sich das im Preis wider? Ist eure Schokolade teurer als andere?
Ja, jetzt am Anfang kostet eine Tafel vier Euro. Eventuell können wir den Preis später etwas verringern. Wir haben viel Wert darauf gelegt, dass wir geschmacklich überzeugen können und das ist uns, denke ich, gelungen. Ich bin schon gespannt auf das Feedback von kritischen Probierern. Auf dem preislichen Level wollen wir nicht konkurrieren, sondern es geht ganz klar um die Geschichte der Schokolade und um die Wirkung, die sie im Ursprungsland hat.
Glaubst du, es gibt genug Leute, die eine Tafel Schokolade für vier Euro kaufen?
Wir hatten während des Crowdfundings auf Kickstarter ähnliche Preise und wir haben von fast 1000 Leuten Unterstützung bekommen und 5000 Tafeln vorverkauft. Von daher weiß ich, dass es sie gibt. Für viele, die unsere Idee unterstützen wollen, ist es, denke ich, nicht entscheidend, ob die Schokolade zwei, drei oder vier Euro kostet. Wenn man sich überlegt, wie viel heute ein Cappuccino kostet, dann hat man von einer Tafel Schokolade länger was - für fast den gleichen Preis.
Erklär doch mal die Lage der Kakaobauern.
Die Menschen, die in Westafrika Kakao anbauen, sind zu 95 Prozent Kleinstbauern. Sie pflanzen Reis und Yams-Wurzeln an, um sich selber zu ernähren. Den einzigen Zugang zu finanziellen Mitteln, um zum Beispiel Schulgelder zu bezahlen, haben sie durch den Anbau von Kakao. Die Wertschöpfung ist dabei aber sehr gering. Die Kakaobauern bekommen deutlich weniger als zehn Prozent vom endgültigen Schokoladenpreis. Die Schokoladenindustrie in Europa sahnt wirklich ab, sie bekommt im Durchschnitt 70 Prozent vom Verkaufserlös einer Tafel. Das wollen wir ändern. Wir möchten die Wertschöpfung bei der Weiterverarbeitung des Kakaos nach Ghana verlegen.
Ihr produziert also eure Schokolade in Ghana. Was ändert sich dadurch?
In der Industrie zur Weiterverarbeitung der Schokolade gibt es Arbeitsplätze, für die man qualifizierte Menschen braucht, die natürlich auch vernünftig bezahlt werden. Diese Arbeitsplätze wollen wir in Ghana schaffen.
Wart ihr damit schon erfolgreich?
Das ist schwer zu sagen, weil es keine Fabrik gibt, die durchgehend für uns produziert. Für die Produktion der ersten Charge haben wir auf bestehende Ressourcen von einem Partnerunternehmen zurückgegriffen. Das war zunächst ein Projekt, das vor Ort zu zusätzlichen Umsätzen und Knowhow geführt hat. Jetzt geht es drum, schnellstmöglich in eine konstante Produktion zu kommen, die dann in neuen Arbeitsplätzen mündet.
War es denn schwierig, diesen Ort für die Produktion zu finden?
Wir hatten einfach Glück, dass wir sehr kompetente Partner gefunden haben, die seit langer Zeit in Ghana arbeiten. Den Kakao beziehen wir von einer Kooperative, die seit 25 Jahren Fairtrade-zertifiziert ist. Der andere Partner ist eine halbstaatliche Organisation, die vor knapp 15 Jahren mit der Kakaoweiterverarbeitung in Ghana angefangen hat. Sie stellen bereits eine hitzebeständige Schokolade für den lokalen Markt her und wir haben die Möglichkeit, unsere Schokolade für Europa dort zu produzieren.
Du sagst, seit 15 Jahren wird dort schon Schokolade produziert. Was leistet dann fairafric?
Für afrikanische Unternehmen ist es extrem schwer, einen Zugang zum europäischen Markt zu bekommen. Die Auflagen der EU, wenn es darum geht, die Lebensmittel in Umlauf zu bringen, sind hoch und schwer verständlich. Häufig scheitert es auch schon an dem Visum, um nach Europa zu kommen und überhaupt nach Vertriebspartnern zu suchen. Diesen Part soll fairafric übernehmen. Wir bilden den Link zwischen den Produzenten vor Ort und den Konsumenten in Europa.
Besetzen auch Ghanaer wichtige Positionen im Unternehmen?
Fairafric ist sozusagen zweigeteilt. Die Produktion findet in Ghana statt, die Posten sind dort komplett von Ghanaern besetzt. Die Kooperative, mit der wir zusammenarbeiten, ist sehr stolz darauf, dass sie in ihrem Aufsichtsrat eine Frauenquote von fast 50 Prozent hat und die Vorstandsvorsitzende eine Frau ist. In Europa habe ich noch keinen Ghanaer kennengelernt, der oder die Lust hat, das hier gemeinsam aufzubauen. Aber ich würde mich sehr freuen, wenn das passiert.
Hattet ihr mit Hürden zu kämpfen, die es bei einer Produktion in Deutschland nicht gegeben hätte?
Definitiv! Uns ist kurz vor dem Start der Produktion eine wichtige Maschine kaputt gegangen und wir mussten extra ein Reparaturteam einfliegen, um ein entscheidendes Teil auszuwechseln. Das ist natürlich sehr teuer und kostet Zeit. Das Reperaturteam hat es vor unserer Produktion nicht geschafft, daher konnten wir keine Milchschokolade produzieren, die wir eigentlich neben der dunklen ebenfalls produzieren wollten. Außerdem war es eine logistische Herausforderung. Es wurde noch nie Schokolade per Kühlcontainer von Ghana nach Europa verschifft. Man braucht einen langen Atem, um die Details mit dem Zollamt zu klären. Ich finde es aber unglaublich wichtig, dass wir vielen gezeigt haben: Schaut mal, das funktioniert, probiert das doch in anderen Ländern oder mit anderen Produkten aus.
Noch eine ganz praktische Frage: wo wird man eure Schokolade kaufen können?
Ab Anfang Oktober bei uns im Onlineshop und dann werden wir versuchen in größeren Städten im Einzelhandel vertreten zu sein, da führen wir jetzt erste Gespräche. Außerdem wollen wir mit unserer Partnerkooperative eine Bio-Zertifizierung durchlaufen, sodass wir langfristig auch in Bioläden vertreten sind. Denn da ist unsere Zielgruppe sicherlich häufiger anzutreffen als im Standardsupermarkt.