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Wie viel verdient... ein Cannabis-Dealer?
Normalerweise stellen wir in dieser Kolumne ganz normale Jobs vor. Heute, am Internationalen Tag gegen Drogenmissbrauch und unerlaubten Suchtstoffverkehr machen wir eine Ausnahme: Alex' "Job" ist der Handel mit Cannabis. Das ist illegal und stellt eine Straftat dar. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie er dazu kam, wie seine "Arbeit" aussieht und warum er es bislang nicht geschafft hat, damit aufzuhören.
Der Weg
"Während der Schulzeit habe ich selbst viel Gras geraucht. Am Anfang wollte ich vor allem für meinen eigenen Konsum nicht mehr so viel zahlen und hab deshalb selbst angefangen, das Zeug zu verkaufen. Irgendwie wurde dann der Kundenkreis über Freunde immer größer und plötzlich machte ich richtig Geld damit. Es war eher ein automatischer Prozess, ich habe das nicht geplant, aber es läuft jetzt seit sieben Jahren sehr gut.
Als ich mit dem Dealen angefangen hab, hatte ich echt auch noch komische Kundschaft. Ich bin auf dem Land aufgewachsen und da gab es echt schräge Gestalten. So das Kaliber Bodybuilder mit Gesichtstattoo. Die haben mit Falschgeld gezahlt und schuldeten mir dann 2000 Euro. Hat keinen Spaß gemacht, die wieder einzutreiben. Ich habe dann zwei ähnlich muskulöse Freunde als Personenschutz angestellt, die haben sich um solche Angelegenheiten gekümmert und ich will nicht wissen, wie.
Heute gehe ich das alles entspannter an. Ich studiere im Master Geologie, während meiner Bachelor-Zeit habe ich nur noch Freunde und gute Bekannte in die Kundenkartei aufgenommen, das sind hauptsächlich auch Studis und Abiturienten. Da kommt es selten zu Problemen.
Die Erwartungen
Ich hatte vor allem keinen Bock auf Lohnarbeit. Ich erhoffte mir schnelles Geld und wenig Arbeit. Anfangs war da natürlich auch noch der Reiz des Verbotenen, aber das hat sich sehr schnell gelegt. Ich bin da mehr so reingeschlittert, an so einen Job hat man ja keine Erwartungen und Bewerbungsgespräche gibt es auch nicht.
Die Realität
Ich fühle mich manchmal wie ein Unternehmer. Zumindest, was die Grundprinzipien meines Jobs angeht: großes Maß an Diskretion, Qualitätssicherung, permanente Verfügbarkeit. Mit lässigem Rumhängen lässt sich kein Geld verdienen, ich pflege meine Kundenkartei wie eine Firma. Geschäfte regele ich über eine separate Sim-Karte und erkläre den Leuten immer erst die Regeln, bevor sie bei mir einkaufen. Es gibt Codewörter, sodass ich am Telefon schon weiß, was ich ihnen mitbringen muss. Freunde dürfen auch bei mir zu Hause einkaufen.
Im Grasgeschäft sind aber nicht alle Konsumenten nette Hippies. Manche nehmen noch massiv andere Drogen, können sich dann am Telefon nicht ordentlich ausdrücken oder zahlen nicht regelmäßig. Auch wenn das Bekannte sind, schmeiße ich die raus. Meistens tue ich dann so, als gäbe es Probleme mit der Lieferung und die Leute suchen sich einen neuen Dealer. Im Halbjahrestakt wechsle ich meine Sim-Karte und sortiere meine Kontakte aus. Das ist ein ziemlicher Organisationsaufwand, der sehr viel Zeit schluckt. Als ich mit dem Dealen anfing, hätte ich nicht gedacht, dass ich mich mal so professionalisieren würde.
Ein typischer Tag
Ich hänge nicht in Parks rum oder sowas, das ist schon Premium-Niveau, was ich mache. Pro Woche gehen circa 30 bis 50 Kunden bei mir zu Hause ein und aus. Mit manchen von denen treffe ich mich auch auf einen Kaffee, wenn ich ihnen noch nicht so sehr vertraue, sie in meine Wohnung zu lassen. Dann muss man natürlich auch mit den Leuten immer noch ein bisschen quatschen und dann werden das schnell mal 30 Stunden in der Woche. Das sind zwar angenehme Stunden, die sich nicht nach Arbeiten anfühlen, aber so richtig was Anderes tun kann man in der Zeit auch nicht. Außerdem kannst du dir eigentlich nicht leisten, selbst mal einen schlechten Tag und keine Lust auf soziale Kontakte zu haben. Ich muss immer erreichbar sein. Mein Tag ist deshalb oft sehr zerstückelt, weil die Kunden sich untereinander auch nicht treffen sollen. Feste Arbeitszeiten gibt es nicht, aber ich versuche, mir den Kundenverkehr so zu planen, dass Uni auch noch rein passt. Hinzu kommt, dass ich bei manchen Kunden auch nicht abstinent bleiben kann, weil das gute Freunde sind, mit denen man dann selbst einen raucht. Dann ist der Tag auch gelaufen.
Das Risiko
Die Angst vor dem Risiko ist mit der Zeit ziemlich zurückgegangen und ich glaube, das ist gefährlich. Der Lieferant kommt zu mir nach Hause und schmeißt mir einen vakuumierten Sack in die Wohnung. Da riecht man nichts. Aber der Typ ist alles andere als unauffällig. Er fährt ein fettes Auto, kommt im Anzug in meine Studi-Bude und bringt zwei Kilo Gras in einer Prada-Tüte. Das ganze ist echt schon erstaunlich lange gut gegangen, wenn ich es mir so überlege.
Ich hab aus Angst immer mal wieder versucht, mit dem Dealen aufzuhören, aber es ist einfach zu lukrativ. Statistisch gesehen steigt mit jedem Tag, an dem alles gut geht, die Wahrscheinlichkeit, am Tag darauf hochgenommen zu werden. Man entwickelt eine paranoide Angst vor Abhörung und ich kenne Fälle aus dem Freundeskreis, wo das echt passiert ist. Für die Mengen, die ich umschlage, müsste ich zwei bis fünf Jahre ins Gefängnis. Betrachtet man aber, was mir der Job die letzten sieben Jahre für ein Leben ermöglicht hat, ist es vielleicht ein fairer Deal. Obwohl, nee – eigentlich wäre das ziemlich scheiße. Keine Ahnung, was ich da meinen Eltern erzählen würde. Also wenn ich irgendwann man einen richtigen Job habe, bei dem ich genug verdiene und mich nicht totarbeite, will ich auf jeden Fall mit dem Dealen aufhören. Das ist schon viel zu lange gut gegangen.
Das Geld
Bis auf 130 Euro Kindergeld finanziere ich mir mit dem Dealen meinen Lebensunterhalt. Wenn ich sage, dass ich 20.000 Euro Umsatz im Monat mache, kriegen andere vielleicht einen Herzinfarkt. Man muss sich aber die Kette dahinter vorstellen: den Anbau, den sehr riskanten Transport über die Grenzen, den Lieferanten und als letztes mich als Dealer. Von meinem 20.000-Euro-Umsatz bleiben dann noch 4000 für mich übrig, wenn ich ein Gramm für 10 Euro verkaufe. Den Rest muss ich an den Lieferanten zurückzahlen. Das war aber auch der größte Umsatz, den ich mal in einem guten Monat gemacht habe. Normalerweise verdiene ich im Schnitt zwischen 1000 und 2000 Euro. Davon lässt es sich schon sehr gut leben als Student.
Die Frage, die auf Partys immer gestellt wird
„Hast du auch Teile?“ Die Leute denken, dass ich eine Wundertüte bin und alles dabei habe. Zugegeben, ich verheimliche niemandem, dass ich Gras verkaufe. Alle meine Freunde wissen das und deren Freunde sicher auch. Aber das bedeutet nicht, dass ich auch chemische Drogen verkaufe. Das ist nicht nur strafrechtlich eine ganz andere Nummer als Gras und ich habe auch keinen Bock auf aufgedrehte Partykundschaft. Da reagiere ich dann je nach Laune genervt oder gar nicht. Wenn ich Party mache, will ich in Ruhe feiern. Da ist es schwierig, den Job abzulegen.