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Der Herr der Turnschuhe. HipHop-Legende Everlast im Gespräch

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Dein Karriere hatte heftige Schwankungen, kann man das so sagen? Everlast: Ja, ich war unten und oben, unten und oben. Ich würde trotzdem nichts anders machen, wirklich nicht. Wenn ich daran denke, wo ich jetzt stehe, dann bin ich eigentlich sehr zufrieden mit der Person, die ich bin. Ich bin sehr zufrieden darüber, dass meine Familie glücklich und gesund ist und dass es ihnen jeden Tag besser geht. Ich habe zwei Neffen, eine Nichte, meine Schwester und meine Mutter und ich kümmere mich irgendwie um alle und das ist ein schönes Gefühl. Ich bin zufrieden mit dem Leben, das ich geführt habe und auch mit den Entscheidungen, die ich getroffen habe. Was bedeutet Erwachsensein für Dich? Everlast: Ich glaube, dass man dann erwachsen ist, wenn man anfängt, nicht mehr die wichtigste Person im eigenen Leben zu sein. Was üblicherweise spätestens dann passiert, wenn man ein Kind bekommt. Everlast: Ja, aber ich bin jetzt schon eine Vaterfigur. Zum Beispiel für die Kinder meiner Schwester. Sie hat, was Männer angeht, ein paar schlechte Entscheidungen getroffen und so habe ich in vielerlei Hinsicht die Vaterrolle für ihre Kinder übernommen. Und solange meine Mutter lebt kümmere ich mich auch um sie, so wie sie sich um mich kümmert. Sie tut sehr viel für mich. Dank ihr bleibe ich auf dem Boden. Aber wie ich schon sagte, sobald du dich mehr um Dinge kümmerst, die Deine Lieben betreffen und Du ein wenig mehr Mitgefühl für die Welt hast, dann wird dir bewusst... Obwohl, ich weiß nicht, ob ich schon völlig erwachsen bin. Ich sammle zum Beispiel immer noch Sneaker, auch wenn das aus der Mode gekommen ist.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Du stehst auf Nike, soweit ich das gerade sehen kann... Everlast: Ja, ich bin ein ziemlicher Snob, was Sneaker betrifft. Was ist noch mal das Falsche an Adidas? Everlast: Ich habe auch davon ein paar Paare, aber nicht so viele. Insgesamt habe ich ungefähr 100 Paar Sneaker. Aber Du bist nicht einer von denen, die jedes Paar nur einmal tragen… Everlast: Nein, nein, nein. Es ist so, dass ich zwei Sammlungen habe. Ich habe die Sammlung, die ich trage und die Sammlung, die noch nie getragen wurde. Die sind einfach im Schrank und wachsen an Wert für Sammler. Wirklich? Everlast: Oh ja. Erzähl mal. Everlast: Wovon? Vom Wert Deiner Sneakersammlung. Everlast: Das fing alles an als ich noch ein kleiner B-Boy war. Sneaker waren, als ich jung war, noch eine große Sache. Und ich kam zwar nicht aus einer armen Familie, aber wenn ich die neuesten coolsten Sneaker haben wollte, hat mein Vater immer gesagt: „Besorg Dir einen verdammten Job und kauf sie dir selbst!“ Und so hab ich’s dann auch gemacht. Wenn ich deprimiert bin, dann besaufe ich mich nicht und ich nehme auch keine Drogen… Sondern Du gehst los und kaufst Schuhe. Everlast: Ja, ich gehe los und kaufe Schuhe. Schon lustig irgendwie. Ich kann angezogen sein wie ein Penner, aber wenn ich ein neues Paar Sneaker trage, fühle ich mich als hätte ich Millionen von Dollars. Was ist der beste Sneaker, gibt es da einen? Everlast: Also mein Lieblingspaar aller Zeiten? Die ersten Nike Jordan. Damit hat alles angefangen. Wie viele hast Du von denen? Everlast: Vom Original? Eins. Die sind ungefähr 20 Jahre alt. Von 1986. Ich schätze mal, dass sie so 7000, 8000 Dollar wert sind. Gebraucht. Brandneu in der Box wahrscheinlich 15.000. Das ist ja wie mit Uhren. Everlast: Ja, ja. Das Neueste ist ein Laden von Nike namens iD. Man kann dort seine eigenen Sneaker entwerfen. Zumindest die Farbe. Man sagt denen einfach, wie man’s haben will. Und dann sind die Schuhe einzigartig, dein Design eben. Aber die trägt man dann doch eher selbst. Beim Sammeln wiederum geht es um etwas anderes: Wenn zum Beispiel neue Air Jordans in einer bestimmten Farbe herauskommen und davon nur 200 oder 300 Exemplare produziert werden, will man die, weil sie halt sonst kaum jemand hat. Am liebsten kaufe ich ein Paar von solchen, von denen es nur 200 gibt, lasse sie zwei Jahre im Schrank und trage sie dann erst. Und dann fragen alle „Was sind denn das für welche, wo hast Du die denn her?“ Sowas macht mir großen Spaß. Ein altes Brett, aber bitte! Der Smasher "Jump Aorund" von House of Pain (1992)

Lass uns über das aktuelle Album sprechen. Beim Song „Kill The Emperor“ ist es offensichtlich, wen Du meinst. Everlast: Ich meine jeden, der auf diesem Thron sitzt, aber es bezieht sich natürlich auf die Person, die zurzeit darauf sitzt. Wie ist Dein Verhältnis zu ihm? Everlast: Zu George W. Bush? Er ist nicht mein Präsident. Ich würde ihn auch nicht als Präsident bezeichnen, weil er nicht gewählt wurde. Das war Diebstahl. Und ich glaube, dass Amerika von der Welt eher als ein Imperium denn als eine Demokratie wahrgenommen wird, weil wir uns wie in Imperium aufführen. Wir wollen die Welt führen und plustern uns überall auf. Als ich noch ein Kind war, waren wir noch groß, was Freiheit und Gerechtigkeit anging, wir waren groß, was Menschenrechte betraf. Aber das ist alles mit Guantanamo und der Folter verpufft. Seltsamerweise gab und gibt es sehr viele amerikanische Künstler, die die Dinge genauso sehen und sich auch dementsprechend äußern. An der Wiederwahl Bushs hat das trotzdem nichts geändert… Everlast: Und dennoch bin ich der Meinung, dass Künstler junge Menschen beeinflusst haben und auch weiter beeinflussen. Man könnte schon argumentieren, dass HipHop ein Grund dafür ist, dass plötzlich jemand wie Barack Obama gewählt werden kann. Wen interessiert denn noch, dass er schwarz ist? Die jungen Leute bestimmt nicht. Ich kann mich mit ihm identifizieren. Es kommt mir so vor, als erreiche er unsere komplette Generation. Und HipHop ist der Grund dafür? Everlast: Ich glaube schon, dass HipHop da eine gewisse Rolle spielt. Ich will damit nicht sagen, dass es keinen Rassismus mehr gibt, aber es ist für die jungen Leute einfach keine so große Sache mehr wie früher. Es geht nicht mehr um die Frage ob ein Schwarzer überhaupt Präsident werden kann, sondern nur noch um die Frage, wer für diesen Job geeignet ist. Vielleicht also er. Sein Slogan ist „Hoffnung und Veränderung“ und das ist es, was die Menschen wollen. Sie wollen Veränderung und sie brauchen Hoffnung. Ich hoffe nur, dass er der Typ ist, als der er sich darstellt. Allein die Tatsache, dass ein Schwarzer Präsident würde, wäre schon gut für die Vereinigten Staaten, vor allem in den Augen der Welt. Was mich am meisten an Amerika enttäuscht hat, war, dass George W. Bush wiedergewählt wurde. Er wurde das erste Mal nicht richtig gewählt und dann wählen sie den tatsächlich noch ein zweites Mal. Es war fürchterlich… Woraufhin Du Dir erstmal ein Paar Sneaker gekauft hast. Everlast: Oh ja, wahrscheinlich. Sehr wahrscheinlich. Ich glaube einfach, dass die jungen Leute jetzt verstehen, wie viel Macht sie haben, dass sie etwas verändern können. Ich hoffe zumindest, dass das so läuft. Ich werde jedenfalls für Obama stimmen.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Das Album "Love,War and the Ghost of Whitey Ford " von Everlast ist bereits erschienen.

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