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Warum ich Pirat geworden bin

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Bevor ich ein Jahr in China studiert habe, hörte ich davon, dass es dort eine Internetsperre gibt um alles Mögliche abzublocken, was der normale Chinese nicht sehen darf. Vor Ort musste ich mich dann daran gewöhnen, dass manche Webseiten entweder gar nicht abrufbar waren, oder je nach Großwetterlage abgeblockt wurden, z.B. youtube, CNN und BBC während den Aufständen in Tibet im Jahr 2008. Schon vor China war ich politisch interessiert, das Jahr dort gab mir aber den endgültigen Anstoß, mich nach meiner Rückkehr in Deutschland politisch zu engagieren. Durch das Leben in einer Diktatur, einem Überwachungsstaat, wurde mir sehr nachdrücklich klar, dass die Demokratie, in der wir leben, nicht nur gelebt, sondern vor allem auch geschützt werden muss. Nach Deutschland zurückgekehrt liebäugelte ich mit verschiedenen Parteien, aber der Drang ein Treffen dieser zu besuchen oder direkt beizutreten, war eher gering bis gar nicht vorhanden. Seit Mitte Juli bin ich nun Pirat.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Unser Autor (rechts) bei der Eröffnung des Bundestagswahlkampfes der Piratenpartei am Freitag vor einer Woche, der laut Deutscher Presseagentur "standesgemäß" mit einer Kaperfahrt auf der Spree vor dem Reichstagsgebäude in Berlin stattfand. Es ist sogar möglich, dass ich im Zusammenhang legaler Downloads zum ersten Mal bei jetzt.de von den Piraten erfahren habe, damals hielt ich sie für eine Spaßpartei mit unausgegorenen Zielen. Wie viele andere, die in den letzten Monaten den Piraten beigetreten sind, mittlerweile zählen wir über 5000 und es werden täglich mehr, war wahrscheinlich das gute Abschneiden bei der Europawahl der ausschlaggebende Impuls, sich bei den Piraten zu engagieren. Doch Hauptgrund ist natürlich bei den meisten im Moment die Fassungslosigkeit gegenüber dem Zugangserschwernisgesetz, das von CDU und SPD beschlossen wurde und den Grundstein für eine Internetzensur in Deutschland legt. Eine Maßnahme, die auf dem Rücken von Missbrauchsopfern durch den Bundestag geprügelt wurde und von der jetzt schon feststeht, dass sie nicht nur gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstößt, sondern auch gegen das was sie eingeführt wurde äußerst ineffektiv ist. Mittlerweile bin ich fest davon überzeugt, dass die Piraten die einzige Partei in Deutschland ist, die angemessene Ideen für die Herausforderungen der Internet- und Informationsgesellschaft hat. Ich sage Ideen, weil die Piraten nicht die Arroganz besitzen zu behaupten, sie hätten ein Allheilmittel für alle gesellschaftlichen Probleme, Piraten machen keine leeren Versprechungen. Vielmehr stehen momentan alle Parteimitglieder über das Internet im Diskurs um Ziele zu formulieren, die in kommenden Wahlen vertreten werden können. Dabei arbeitet ein Piratennaher Verein momentan an einem Projekt, das sich Liquid Democracy nennt und in Zukunft dafür sorgen soll, dass Entscheidungen innerhalb der Piraten auch mit vielen Mitgliedern basisdemokratisch getroffen werden können. Ein großer Traum ist es natürlich, dieses System in wahrscheinlich ferner Zukunft so weit zu bringen, dass sich alle Menschen aktiv an politischen Entscheidungen beteiligen können. Die Piraten stehen somit auch für einen neuen Politikstil. Mir gefällt die Art und Weise sehr gut, wie bei den Piraten miteinander umgegangen wird. Es dominieren die Sachthemen und Personen mit Profilneurose werden schnell in ihre Schranken verwiesen. Es geht um die Idee und nicht um die Person. Den Parteienproporz, der sich über die Jahrzehnte bei den Etablierten verfestigt hat, lehnen die Piraten ab. Das Crewkonzept, das auch im Landesverband Berlin umgesetzt wird, ermöglicht es sehr schnell, kleine Gruppen von Piraten regional zu gründen. Wird die Gruppe größer als neun Piraten, teilt man sich einfach und deckt somit ein größeres Gebiet ab. Im letzten Monat haben sich ca. 15 Crews in Berlin gegründet oder befinden sich noch in der Gründung. Gleichzeitig sind die Crews in ihrer Planung autonom und können selbst entscheiden, welche Aktionen sie planen. Wichtiges Werkzeug hierbei ist unser Piratenwiki, da uns Transparenz sehr wichtig ist. Über das Wiki erfahren nicht nur Piraten was grade bei anderen Piraten passiert, auch Interessierte können sich Protokolle von Sitzungen anschauen oder darüber informieren, wie wir Aktionen durchführen. Diese Transparenz, gepaart mit der Forderung nach Eigeninitiative führt dazu, dass viele Leute Aktionen bei einem Minimum von Aufwand stemmen. Die Hierarchie bei den Piraten ist sehr flach. Es gibt zwar Parteiämter, diese bedeuten aber im Zweifelsfall einfach mehr Arbeit und Pflichten, jedoch keine Privilegien. Das ermöglicht einen schnellen Einstieg für Neupiraten. Da die Hürde direkt einzusteigen bewusst niedrig liegt. Und wer sich nicht sicher ist, ob das auf Internet und Bürgerrechte beschränkte Wahlprogramm das richtige für ihn ist: Momentan arbeitet der Berliner Landesverband an einem Werteflyer, der interessierten Bürgern vermitteln soll, wofür die Piraten neben ihrem Kampf für die Bürgerrechte stehen. Für mich ist es keine Frage, ob die Piraten in den Bundestag oder die Landtage kommen, sondern eine Frage des Wanns. Der Autor ist im jetzt-Kosmos aktiv als CommodoreSchmidtlepp

Text: christopher-lauer - Foto: AP

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