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Depression für Dummies: Das Krisen-ABC

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AAA Die Arbeit von Rating-Agenturen besteht darin, das Ausfallrisiko von Schuldnern zu bewerten. Wenn die Agentur der Meinung ist, dass der Gläubiger mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit seine Schulden zurückzahlen wird, bekommt er die Bestnote AAA. Mit der Finanzkrise gerieten die Rating-Agenturen in die Kritik. Ihnen wurde vorgeworfen, Risiken falsch bzw. zu gering bewertet zu haben. Bankrott Im Mittelalter stapelten die Geldverleiher ihre Wechsel und Münzen auf einer Holzbank auf. Die Geldwirtschaft entstand in Europa erstmals in Norditalien, weshalb viele Finanzbegriffe italienischen Ursprungs sind. Der Ausdruck „bankrott“ stammt vom italienischen „banca rotta“, zerbrochene oder leere Bank. Er wird umgangssprachlich anstelle von „zahlungsunfähig“ verwendet.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Chapter 11 Übersteigen bei einem amerikanischen Unternehmen die Schulden die Summe seiner Werte, kann es Insolvenz nach Chapter 11 beantragen. Mit dieser Regelung wird das Unternehmen umstrukturiert und reorganisiert und kann unter Umständen sogar seinen Betrieb aufrechterhalten. In dieser Phase ist es vor Zwangsvollstreckungen geschützt. Bis September 2008 war Worldcom die größte unter Chapter 11 eingereichte Insolvenz. Der Wert belief sich auf 108 Milliarden Dollar. Dieser Wert wurde von Lehman Brothers mit über 700 Milliarden weit übertroffen. Auch General Motors beantragte unter Chapter 11 Insolvenz. Dispo 1968 führten deutschen Banken den Dispositionskredit, einen Kurzfristkredit in Höhe von maximal 5000 DM ein. Heute hat jeder Deutscher durchschnittlich 22.555 Euro Schulden. 48,8 Prozent bzw. 11.077 Euro davon entfallen auf Dispo-Kredite. Die Zinsen liegen in der Regel um die zwölf Prozent. Schuldnerberatungen beklagen, dass viele Deutsche den Dispo nicht mehr als Kredit, sondern als zusätzliches Geld betrachten. Edelmetalle Mit der Krise begann auch die Zeit der „Goldpropheten“. Sie beschwören den Zusammenbruch des Finanzsystems und preisen Gold als einziges sicheres Kriseninvestment. Gold besitzt im Gegensatz zu Geld einen Eigenwert. Bis 1973 waren die meisten Währungen der Welt ganz oder teilweise mit Gold gedeckt. (Das Gold der USA lagerte im berüchtigten Fort Knox). Dieses System nannte man „Goldstandard“. Da eine Volkswirtschaft nur immer so viel Geld in Umlauf bringen konnte, wie sie in Form von Gold besaß, war dem Geldwachstum eine natürliche Grenze gesetzt. Manche Experten fordern deshalb eine Rückkehr zum Goldstandard. Früher Gab es auch Finanzkrisen. Zum Beispiel 700 v. Christus unter König Midas. Der Herrscher kam auf die Idee den Gehalt des Edelmetalls in Münzen zu senken. Dadurch kam es zu einer Geldentwertung. Im römischen Reich kam es im 1. Jahrhundert v. Chr. zu einer Finanzkrise globalen Ausmaßes. Cicero schrieb: „Bewahrt den Staat vor dieser Gefahr! Es sind nämlich - glaubt mir dieses, weil ihr es selbst seht - dieses Kreditwesen und dieser Finanzmarkt, welcher in Rom auf dem Forum seinen Mittelpunkt hat, mit dem Geldwesen in Asien eng verflochten. Jene Dinge dort in Asien können nicht zusammenbrechen, ohne dass die hiesige Finanzwirtschaft von derselben Erschütterung erfasst wird und ebenfalls zusammenbricht.“ Große Depression Als Große Depression bezeichnet man die Wirtschaftskrise, die ihren Anfang am 25. Oktober 1929 („Schwarzer Freitag“) nahm. An diesem Tag kam es zu einer Panik, der Dow Jones brach ein. Im Laufe der nächsten Monate brachen weltweit die Industrieproduktion und der Welthandel ein. 80 Jahre später ist der Einbruch der Industrieproduktion mit einem Minus von etwa 15 Prozent genauso groß wie 1929, der Welthandel ist mit einem Minus von 18 Prozent sogar noch stärker zurückgegangen als damals. Aber: Damals verfolgten die Regierungen eine strikte Geldpolitik. Das heißt, sie erhoben u.a. Schutzzölle auf ausländische Produkte. Das ließ den Welthandel weiterschrumpfen. Und sie hoben die Zinsen an, was Geld teurer machte und damit die Wirtschaft weiter schwächte.


Haushalt Sieht nicht gut aus im Moment. Vor der Krise hatte Finanzminister Peer Steinbrück eigentlich geplant, bald einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Stattdessen müssen voraussichtlich im Jahr 2010 insgesamt 86 Milliarden Schulden aufgenommen werden. Gut ist das nicht, weil vor allem nachfolgende Generationen unter der Zinslast leiden – aber auch nicht ganz so schlimm, wie es sich im ersten Moment anhört. Denn theoretisch kann ein Staat unbegrenzt viele Schulden aufnehmen – nur sinkt irgendwann seine Bonität (siehe ->AAA). Will niemand dem Land mehr Geld leihen, droht der ->Staatsbankrott.

Island Island war bis zur Krise ein zwar kaltes, aber dafür nettes Land ohne Militär und mit Elfen. In den Neunzigern bestanden die Exporte Islands aus Kabeljau und Björk. Das änderte sich nach der Jahrtausendwende. Die Banken lockten mit hohen Zinsen ausländisches Kapital ins Land und investierten mit geringem Eigenkapital in ausländische Unternehmen. Mit der Finanzkrise platzte die Blase, das Land stand kurz vor dem Bankrott und verstaatlichte alle Banken. Der Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman bezeichnet Island als das Land mit dem höchsten Risiko eines -> Staatsbankrotts Junkbonds So genannten „Schrottanleihen“ haben eine sehr schlechte Bonität (siehe AAA). Das Risiko als Anleger sein Geld nicht zurückzubekommen, ist hoch. Dafür ist die Verzinsung oft höher als bei AAA-Anleihen. . Kreditkartenkrise Droht nach der Immobilienkrise nun die Kreditkartenkrise? Statistisch gesehen besitzt jeder Amerikaner vier Kreditkarten und die sind alle im Minus. 17 Milliarden Dollar verdienten im letzten Jahr amerikanische Banken alleine mit Strafgebühren, die anfielen, weil Bürger ihre Kreditkartenschulden nicht rechtzeitig beglichen hatten. Mit der Wirtschaftskrise dürfte es zu weiteren Ausfällen kommen. Mehr als acht Prozent solcher Kredite gelten derzeit als faul. Lehman Brothers Am 15. September 2008 ging die Bank Lehman Brothers bankrott. Kurz vorher wurde bekannt, dass sie für das nächste Quartal Verluste von knapp vier Milliarden Dollar erwartet. 25.000 Mitarbeiter wurden entlassen. Die US-Regierung schnürte daraufhin ein Rettungspaket von 700 Milliarden Dollar, um weitere Institute vor der Pleite zu schützen. Das Datum markiert den Beginn der Krise. Mehrwertsteuer Die BILD-Zeitung meldet, aufgrund der hohen Staatsverschuldung (->Haushalt) sei eine weitere Mehrwertsteuererhöhung im Gespräch. Der niedrigere Satz von sieben Prozent, der zum Beispiel auf Bücher und Lebensmittel anfällt, soll auf 19 Prozent angehoben werden. Experten gehen davon aus, dass Steuererhöhungen in der nächsten Legislaturperiode unausweichlich sind.


Notenbank Notenbanken steuern unter anderen den Zinssatz und damit die Inflation. Sie verleihen Geld an die Geschäftsbanken, die dieses Geld dann an Unternehmen und Privatpersonen weiter verleihen. Ist der Zinssatz niedrig, leihen sich mehr Banken Geld und mehr Unternehmen nehmen Kredite auf (das Geld ist ja billig). Das ist gut für die Wirtschaft, weil mehr Investitionen getätigt werden. Dadurch aber kommt zuviel Geld in Umlauf und die Gefahr einer Inflation wächst. Sind die Zinsen hoch, sinkt die Inflationsgefahr, dafür aber wird das Wirtschaftswachstum gebremst. Im Moment sind die Zinsen historisch auf dem niedrigsten Stand seit Einführung des Euros. Opel War bisher das größte Opfer der Krise in Deutschland. Nachdem bekannt worden war, dass der amerikanische Mutterkonzern General Motors in Zahlungsschwierigkeiten steckt, wurde die deutsche Tochter nach zähen Verhandlungen an die russische Bank Sberbank und den kanadischen Zulieferer Magna verkauft. Dank der Abwrackprämie verkaufte der Konzern gleichzeitig so viele Autos wie seit Jahren nicht mehr. Privatinsolvenz Immer mehr Deutsche gehen pleite: Im Jahr 2000 wurden etwas mehr als 10.000 Insolvenzverfahren für Privatpersonen eröffnet. 2007 waren es bereits über 100.000. Diese Zunahme liegt aber auch daran, dass seit 2002 die Kosten für ein solches Verfahren gestundet werden können. Seitdem beantragten mehr Menschen mit vergleichsweise geringen Schulden diese Möglichkeit der Entschuldung. Rezession Ist Definitionssache. Meistens spricht man von einer Rezession, wenn die Wirtschaft in zwei aufeinander folgenden Quartalen im Vergleich zu den Vorjahresquartalen nicht wächst oder sogar schrumpft. Andere Definitionen sprechen erst von einer Rezession, wenn die Wirtschaft tatsächlich schrumpft und nicht nur weniger wächst. Und bei wieder anderen muss eine Vielzahl von Kriterien erfüllt sein. Staatsbankrott Auch Staaten können pleite gehen. Nur muss ein Staatsbankrott nicht notwendigerweise die totale Katastrophe bedeuten: Zunächst einmal entledigt sich der Staat von seinen Darlehenszinsen und Tilgungsraten – was zu einer erheblichen Entlastung der Staatsfinanzen führen kann. Die negativen Folgen sind eher indirekt: Andere Länder meiden Investitionen, dadurch kommt es zu einem Verfall der Währung, die Banken müssen ihre Verbindlichkeiten abschreiben und können dann weniger Kredite vergeben. Die Binnennachfrage sinkt, da die Bürger, die dem Staat Geld geliehen haben, nun auf ihren Forderungen sitzen bleiben. 2002 meldete Argentinien Staatsbankrott an, 2008 wurde Island quasi-bankrott, als die Regierung eine Anleihe der verstaatlichten Glitnir-Bank in Höhe von 750 Millionen US-Dollar nicht zurückzahlen konnte.
Toxische Wertpapiere Ein Grund für die Finanzkrise war das Aufkommen von so genannten „Credit Debt Obligations“. Ursprünglich waren die Papiere als Versicherungen für Banken gedacht, falls deren Gläubiger zahlungsunfähig werden würden. Die Papiere wurden jedoch aufgeteilt, gestückelt und vermischt, dass am Ende niemand mehr wusste, um was es sich dabei eigentlich handelt.

Untergangspropheten Haben zur Zeit Hochkonjunktur. Wer zum Beispiel einen Blick auf die Titel aktueller Finanz- und Wirtschaftsbücher wirft, wird auffallend oft auf die Wörter „Kollaps“, „Megakatastrophe“ und „Kernschmelze“ stoßen. Von der größten Wirtschaftskrise der Geschichte zu sprechen, ist angesichts mancher Indikatoren nicht ganz falsch (siehe ->Große Depression). Allerdings ist der Kapitalismus ein Wirtschaftssystem, in dem Krisen dazu gehören, und der sich bisher immer wieder darappelt hat. V wie Verstaatlichung Das Problem an Verstaatlichungen ist der so genannten „Moral Hazard“. Wenn die Marktteilnehmer von vornherein davon ausgehen können, dass der Staat sie im schlimmsten Falle unterstützt, neigen sie zu noch risikoreicheren Verhalten. Darunter leidet dann die Allgemeinheit, da die Verluste im Falle einer Verstaatlichung „sozialisiert“ werden. Wachstum Gibt es dieses Jahr nicht. Im Gegenteil: Aller Voraussicht nach wird die deutsche Wirtschaft dieses Jahr um sechs Prozent schrumpfen. Es muss ja nicht immer mehr sein, möchte man meinen, es reicht doch auch, wenn das Bruttoinlandsprodukt konstant bleibt. Aber leider ist die Sache nicht so einfach. Ein ganz einfacher Grund, weshalb die Marktwirtschaft immer wachsen muss, ist zum Beispiel folgender: Menschen versuchen immer, Arbeit zu rationalisieren. Dafür erfinden sie Maschinen. Tendenziell wird also immer mehr Arbeit von Maschinen verrichtet. Dieser Verlust von Arbeitsplätzen kann nur durch ein Wirtschaftswachstum ausgeglichen werden. Zahlungsunfähigkeit Ist ein Unternehmen oder eine Privatperson zahlungsunfähig, kann es zur Insolvenz kommen. Ziel ist es einerseits, die Forderungen aller Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen. Andererseits soll dem Schuldner die Möglichkeit gegeben werden, nach Ablauf einer Frist ein schuldenfreies Leben führen zu können. (siehe Privatinsolvenz) Mehr zum Thema auf jetzt.de: >>> Ein Interview mit dem isländischen Maler über die Auswirkungen der Krise auf sein Land. >>> Die Übersicht: Was die Krise mit unserem Leben macht? >>> Der große Krisen-Test: Bist du schon in der Rezession angekommen? >>> Merkst du schon was? Wie die Krise unser Leben betrifft

Text: philipp-mattheis - Foto: ddp

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