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"Das muss eine Demokratie aushalten": Vize-Pirat Popp und die Junge Freiheit
Plötzlich geht es nicht mehr um Kinderpornographie, sondern auch um politische Inhalte, die mit dem Argument etwa des Extremismus herausgefiltert werden. Unliebsame Meinungen werden dann unterdrückt. Wo steht das denn? In der Wochenzeitung "Junge Freiheit", die sich selbst als konservativ bezeichnet, von gemeinhin als konservativ anerkannten Medien aber häufig als rechtes Kampfblatt betitelt wird. Wer allerdings glaubt, das Zitat sei ein redaktionelles Statement, der irrt. Es ist einem Interview entnommen, das Andreas Popp, Vizechef der Piratenpartei, einem Redakteur der Jungen Freiheit gegeben hat. Immerhin drei Jahre hat es also gedauert, bis nun auch die Piratenpartei ihren ersten Skandal erlebt. Na gut, vielleicht sollte man den bedeutungsschwangeren Begriff des Skandals nicht überstrapazieren; viele Anhänger der Piraten dürften dennoch irritiert sein, über die Wahlkampfstrategie der Parteispitze. Fakt ist: Der Fall Andreas Popp ist kein Einzelfall. In zuverlässiger Regelmäßigkeit gelingt es der Jungen Freiheit (JF), auch Persönlichkeiten für ein Interview zu gewinnen, die man in diesem Blatt nicht erwarten würde. Von CSU-Politiker Peter Gauweiler über Ex-SPD-Minister Egon Bahr bis hin zum jüdischen Autor Ephraim Kishon: Zeitgeschichtliche Charaktere aus unterschiedlichen politischen Lagern hatten schon ihren Auftritt in der Jungen Freiheit - und mussten dafür teils heftige Kritik einstecken. Sowohl der Zentralrat der Juden als auch politische Gegner sprechen in solchen Fällen gerne von taktischer Anbiederung an rechtsextreme Wählerschichten. Oder, um eine dieser bedeutungsschwangeren Formulierungen zu bedienen: Von "Fischen am rechten Wählerrand".
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Andreas Popp ist stellvertretender Bundesvorsitzender der Piratenpartei
Wenn, wie im aktuellen Fall, ausgerechnet ein Pirat fischen geht, gibt das für gewöhnlich noch keine Schlagzeile her. Wenn dieser Pirat hauptamtlich Parteivize ist und seine Angel in relativ trübes Gewässer steckt, kann das allerdings schon für Aufregung sorgen. Man mag das ebenso übertrieben finden, wie den Wirbel um Ulla Schmidts Dienstwagenaffäre, aber einzelne Antworten Popps auf die Fragen des JF-Redakteurs wirken tatsächlich sehr anbiedernd.
Freilich ist das obige Zitat aus dem Zusammenhang gerissen. Ob es allerdings klug ist, ausgerechnet in der umstrittenen Jungen Freiheit davon zu sprechen, dass "politische Inhalte, die mit dem Argument etwa des Extremismus herausgefiltert werden", nicht zensiert werden sollten, ist zumindest fragwürdig. Und auch Popps Hinweis, dass eine Demokratie extreme politische Meinungen "aushalten" müsse, klingt schon aufgrund seiner Wortwahl verdächtig nach dem Argument der Gegner eines neuerlichen NPD-Verbotsverfahrens.
Nicht verschweigen sollte man indes, dass Andreas Popp im JF-Interview ausdrücklich betont, "keinesfalls mit rechten Parteien" koalieren zu wollen. Ein wichtiges Statement, auch wenn er diese Aussage zuvor bereits relativiert hatte. Auf die Frage, ob die Piraten politisch links einzuordnen seien, hatte Popp mit einem klaren "Nein" geantwortet und seine Partei stattdessen als "progressiv, gleichzeitig aber auch konservativ" bezeichnet.
Wie auch immer man Andreas Popps Aussagen einordnet, manchem Anhänger der Piratenpartei dürfte das Interview zumindest eines gezeigt haben: Die strikte Ablehnung der Internetzensur ist auch im Sinne rechtsextremer Politikpropaganda. Zwar könnte man entgegnen, dass beispielsweise auch NPD und Grüne ähnliche Ziele in der Atompolitik verfolgen. Während die Grünen, einst ebenfalls Ein-Themen-Partei, inzwischen aber für jeden etwas im Programm haben, beschränkt sich das Wahlprogramm der Piraten bisher noch weitgehend auf das Thema Internetzensur. Auch Andreas Popp bestreitet die eher eindimensionale Ausrichtung der Piraten nicht: "Welche Partei ist denn keine Ein-Themen-Partei?", fragt er im Interview mit der Jungen Freiheit.
Solange die Piratenpartei also nach dem Prinzip "my home is my castle" handelt, bleiben gesellschaftlich relevante Themen außerhalb des eigenen Computerzimmers eher zweitrangig. Auch Themen wie Einwanderungs- und Integrationspolitik.
Inzwischen hat sich Popp in seinem Blog für das Interview mit der Jungen Freiheit entschuldigt. Er habe die Zeitung zuerst gar nicht gekannt, schreibt er darin. Jetzt allerdings wisse er ganz sicher, "dass dies mein erstes und letztes Interview mit diesem seltsamen Blatt war." Ob Andreas Popp demnächst wohl einen Zensurantrag gegen dieses seltsame Blatt einreicht?
Alles zur Bundestagswahl gibt es unter jetzt.de/wahl09
Text: andreas-glas - Foto: Nils Ketelsen (Piratenpartei)