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Video der Woche: Der "Freie-Wahl-Song"
Wir sind Opfer unserer Vorstellungswelt. Ein kleiner Begriff kann eine ganze Gedankenkaskade auslösen. „Zimmerpflanze“ führt zu „gießen müssen“, führt zu „Vertrocknung“, führt zu „Tod“ und dann zu „Schuld“. Nur ganz selten gelingt es, alte Assoziationsketten aufzubrechen. Das ist ein verwirrender, aber eigentlich schöner Moment. Weil dann etwas neues, so etwas wie Erkenntnis entsteht. In Berlin läuft seit einigen Tagen ein Volksbegehren mit Namen „Pro Reli“. Bei agnostisch/atheistischen geprägten Menschen lösen diese beiden Wörter folgende Assoziationskette aus: Das „Pro“ klingt ein wenig g’scheidhaferlhaft, weil lateinisch. „Reli“ dagegen etwas gewollt cool. „Reli“ sagen Schüler, die auch „Hausix“ statt Hausaufgaben und es lässig finden, wenn sie ihren Lehrer duzen. Die Gedankenkette setzt sich fort mit „Weltjugendtag“ -> Tshirts mit „Jesus ist mein bester Freund“-Aufschrift und endet irgendwo zwischen Kernseife und dem Sammelbegriff „Neue Spießigkeit“. Aber halt: Damit tut man der Initiative „Pro Reli“Unrecht! Es geht um ein sympahtisches Ziel: Religion war in Berlin im Gegensatz zu den anderen Bundesländern immer freiwilliges Zusatzfach. 2006 führte der Senat dann ein Pflichtfach "Ethik" für die Jahrgangsstufen 7 bis 10 ein. Religion kann zwar freiwillig belegt werden, da der Religionsunterricht aber fast immer nachmittags stattfindet, wird das Angebot de facto von den Schülern kaum genutzt. Die Initiative „Pro Reli“ möchte das ändern. Ihr Anliegen: Ethik- und Religionsunterricht sollen wieder gleichberechtigte Fächer werden, die von allen Schülern besucht werden müssen. Dabei soll der Unterricht keineswegs ausschließlich auf die christliche Religion beschränkt sein. Das gemeinsame, übergreifende Ziel ist es, Werte zu vermitteln. Deswegen soll es an Berliner Schulen auch moslemischen Religionsunterricht geben. Dazu hat die Initiative ein Volksbegehren gestartet und sammelt nun Unterschriften. 170.000 müssen es bis Ende Februar werden. Also, fragt man sich, was hat all das mit Kernseife, verzweifelten Coolnessstreben und Blümchensex zu tun? Universelle Werte wie Liebe, Respekt vor dem Leben und Toleranz haben schließlich noch keinem geschadet. Was spricht dagegen, wenn diese auch verpflichtend unterrichtet werden? Wenn gewalt- und drogenaffine Stadtkinder mal was anderes zu hören kriegen als Bushido? Die Vorurteile im Kopf zerbröckeln. Bis man dieses Video gesehen hat. Der „Freie-Wahl-Song“ macht alles kaputt.
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