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Mit der Handkamera durchs Erdbebengebiet
Der Himmel ist blau, Vögel zwitschern, ein Mann steht wie versteinert vor den Überresten seines Hauses in der vom Tsunami überrollten Stadt Ishinomaki und schweigt. Es ist eine berührende Szene, die der New Yorker Ian Thomas Ash mit seiner Handkamera eingefangen und am Wochenende auf seinem
veröffentlich hat. Ian Thomas Ash schloss sich vergangene Woche einigen freiwilligen Helfern an und reiste auf eigene Faust ins Erdbebengebiet. Was im ersten Moment sehr nach Katastrophentourismus klingt, entpuppt sich in Ians zwölfminütigem Video als bewegende Reportage. Gerade, weil sich der Dokumentarfilmer als Reporter sehr zurück nimmt.
Ganz langsam nähert sich Ian mit seiner Kamera Menschen, die inmitten riesiger Schutthaufen Aufräumarbeiten verrichten. Er stellt kaum Fragen, wartet ab, was ihm die Menschen von sich aus erzählen. Der schweigende Mann vor den Überresten seines Hauses nimmt den Dokumentarfilmer schließlich mit in seine Wohnung. Ein Auto hat sich durch die Wohnzimmerwand ins Hausinnere geschoben. Fünf weitere Fahrzeuge stapeln sich dahinter. Später wird man einen alten Mann in Gummistiefeln ruhig durch Pfützen stapfen sehen. Auf die Frage, was er macht, antwortet er: „Mein Auto suchen.“
http://www.youtube.com/watch?v=nyPzGalHNxI
Gerade weil die in dem Video eingefangene Stimmung so unaufgeregt wirkt und die darin zu Wort kommenden Überlebenden sehr gefasst und beinahe stoisch der Verwüstung um sie herum trotzen, beeindruckt Ians kurzer Dokumentarfilm nachhaltig. Trotzdem haben ihn erst ein paar hundert Youtube-Nutzer angeklickt. Das mag daran liegen, dass der New Yorker Ian Thomas Ash noch kein besonders berühmter Filmemacher ist. Seine Dokumentation The ballad of Vicki and Jake über eine drogenabhängige Mutter und deren Sohn aus Bristol war 2005 ein kleiner Erfolg auf Dokumentarfilmfestivals. Der Nachfolger-Fim Jake, not finished yet läuft die nächste Woche als Preview in Berlin und München.
Seit zehn Jahren lebt Ian nun schon in Japan. Um sich finanziell über Wasser zu halten, arbeitet er am Wochenende in einer Firma, die Hochzeiten organisiert. In seinem Blog schildert er sehr gerührt die Hochzeit eines japanischen Paares, das seine Feier trotz der Katastrophe nicht absagen wollte. Sehr lesenswert sind auch die anderen Blogeinträge, in denen Ian den Moment des Erdbebens beschreibt und in einem Art Videotagebuch die Tage nach der Katastrophe in Tokio festhält. In seinen kurzen Filmen sieht man riesige Risse in Wohnhäusern, die notdürftig mit Klebeband zusammengehalten werden und man erfährt, ob die Menschen in Tokio wirklich glauben, sich mit Mundschutz gegen radioaktive Strahlung schützen zu können (glauben sie nicht wirklich, aber „it´s better than not wearing one.“).
Gleich am Anfang seines ersten Videos erklärt Ian, warum er sich mit der Kamera in der Hand auf den Weg durch Tokio machen will: „Rather than sit at home and watch the news about whats happening, I decided to come out and see what acually is going on.“