Sarah Wagenknecht, die natürliche Tochter Stalins
Sie ist die auferstandene Rosa Luxemburg. So leuchtend hell heute die Welt, so finster diesibirische Regierung. Manches von dem, was sie über die DDR, die Mauer oder über Josef Stalin gesagt hat, hat sie zu glätten versucht. Hat aber an ihren Grundpositionen nichts geändert. Wie sollte es auch gehen, die Inquisitionsmaschinen der Jagodas glätten, der Jeshows und der Berijas, die Deportationen, die Lager, die 22000 Genickschüsse von Katyn. Wie das gehen soll, ist nicht gesagt, aber heute soll sie aufsteigen, Chefin einer Partei werden, die ihrem Begehren in tiefster Weise entsprechen sollte.
Es gibt Dinge, die immer sind, und von denen niemand weiß, woher sie kommen. Es muss von einer Kontinuität in der Geschichte des Sozialismus ausgegangen werden. Sie sagt, es muss. Marx-These, Lasalle-These, Lenin-These, Trotzky-These, Stalin-These, Mao-These, Kautzky-These, Ullbricht-These, Breshnew-These. Die Wagenknecht-These, mit hermetisch zurückgelegten Haaren, "das Symbol für ein luftdichtes System" (Meinhof-These), geht so: Sollte aus dem Zusammenbruch des ersten sozialistischen Weltsystems das Scheitern der marxistisch-leninistischen Theorie abzuleiten sein, wäre es nur in der Terminologie, nicht aber in der Tat von denen der Rechtsopportunisten, wie die Jahre 1918-1920, Scheidemann, Noske und all die anderen Menschewisten, die gesamte weitere Entwicklung der Sozialdemokratie beweisen. Sämtliche Gegenentwürfe zur Leninschen Konzeption hatten sich eigentlich bereits in den Jahren 1917 bis 1920 als nicht besonders zweckdienlich erwiesen.
Vor allem die Ereignisse zwischen 1922 und 1953 zeigten sehr deutlich, auf wessen Seite Konsequenz, Zielstrebigkeit und Erfolg zu finden waren und wer nach der erbärmlichsten Politik des Schwankens und Zurückweichens bis hin zum offenen Verrat letztlich ruhmlos tot, gesäubert und entsorgt die politische Bühne verlassen musste. Die Geschehnisse jenes Zeitabschnitts gaben Lenin, Stalin und den Bolschewiki das unzweifelhafte historische Recht ihr politisches Konzept als das einzig gangbare zu betrachten.
Zwischendurch macht die pluralistische Spitze der Linkenpartei, eigentlich ebenso eine erbärmlich glitschige Zombiekillerklebemasse, eine Bootsfahrt. Ein schwankender Genosse Leutert wollte mit ihr tanzen, erzählt Meinhof. Eigentlich wollte er ihre Echtheit prüfen. Wer tanzt, ist lebendig. Aber es ging nicht. Es ging natürlich schon, irgendwie ging es, sie tanzten ja, auch wenn sie nicht wollte, nur hatte er das Gefühl, dass sie um sich herum eine Mauer hatte: "Ich hatte eine Mauer im Arm".
Nicht zu leugnen ist, erklärt die feste Mauer, dass Stalins Politik in Ausrichtung, Zielen und Herangehensweise als prinzipientreue Fortführung der Leninschen gelten kann. Welche Handlungsspielräume die Situation bot, muss angesichts der konkret historischen Bedingungen untersucht werden. Eine solche Analyse wird zu dem Schluß gelangen, daß weder in Bucharins Lösungsansatz noch in dem Trotzkis eine realisierbare Alternative zur Stalinschen Linie vorlag. Schon in seinem ersten Politischen Bericht an das Zentralkomitee analysierte Stalin die internationale Lage zutreffend: Zwar hat der Kapitalismus eine enorme Steigerung der Produktivkräfte bewirkt, hat zwischenzeitlich sogar seine Lage stabilisiert, treibt global geworden aber seinen Raubbau an Mensch und Natur in eine globale, die menschliche Zivilisation bedrohende Krise. In der neuen Etappe der Menschheitsentwicklung, in den Kellern der Tscheka, im systemisch mordenden Verfolgungswahn, ...äähh, in diesem weltgeschichtlich einzigartigen Zeitraum, wird es daher kein hilfloses Schwanken und auf allernächste Zwecke beschränktes Lavieren geben, vielmehr die beeindruckende und überzeugende Leistung in dem großen transformatorischen Prozess gesellschaftlicher Umgestaltung für den Sozialismus des ewig gegenseitigen Mißtrauens.
Wir wissen, wie die Breshnew-These mit derselben Konsequenz zur Gorbatschow-These, zur Politik der Untergrabung und dem konterrevolutionären Herbst 1989 geführt hat, genauso wie einst die Bernstein-These zur Politik des 4. August, zu Noske und zu der sattsam bekannten These des modernen Revisionismus geführt hatte. Denn eins ist klar, es gibt keinen Verzicht auf das Endziel Weltsozialismus. Ein Richtungsentscheid zugunsten einer endgültigen Sozialdemokratisierung der Partei kann nur verheerende Folgen nach sich ziehen. Eine zweite Sozialdemokratie in Deutschland, auch eine mit etwas oppositionellerem Anstrich, ist überflüssig und wird sich nicht als maßgebliche politische Kraft profilieren können. Ein pluralistisches Parteikonzept kann für eine sozialistische Partei nur eine Übergangslösung sein, aber niemals die Endlösung.
"Endlösung". Das wollte Stalins natürliche Tochter doch noch mal betont haben.