Alter Mann, was nun?
Mit seinen 55 Jahren ist Helge Schneider mittlerweile ganz klar ein Mann im guten Alter. Dies zeigt er auch ohne Wenn und Aber nach außen: er trägt blauen Anzug mit rosa Strunztuch, karierter 70er Krawatte und Lederschuhen. Dazu die Haare gewohnt wirr und steckdosenartig drapiert. Ungeniert (natürlich) fordert er wiederholt auf der Bühne des Admiralspalasts Berlin im Minutentakt seinen Tee, den ihm sein Bediensteter Bodo im Eiltempo heranträgt. Auch das Hinsetzen scheint ihm schwerer zu fallen als vor ein paar Jahren, so befielt er Bodo ihn hinzusetzen – eindrucksvoll wird aus dieser kleinen Mücke ein riesiger Elefant in Form von großem Gelächter im Publikum.
Im Übrigen ist dies das ganz große Talent von Herrn Schneider, er versteht es die kleinen, nichtig erscheinenden Sequenzen des Alltags in große Spektakel zu verwandeln wie kaum ein anderer Humorist am deutschen Firmament. Er hat seine Umgebung stets beobachtet und jedes gestische Detail für sich notiert. Dafür liebt ihn sein Publikum seit Jahren und zelebriert sämtliche Bewegungen und Laute. Daher stört sich auch niemand daran, wenn Helge alte Lieder wieder hervorkramt und in neuer Fassung mit seiner Band darbietet. Ganz im Gegenteil, die Darbietung von „Fitze, Fitze, Fatze“ ist grandios. Die Parodie von deutschen Urgesteinen wie Nena, Peter Maffay, Herbert Grönemeyer und Udo Lindenberg während seiner Show ist herrlich.
Ganz nebenbei zeigt er sein musikalisch virtuoses Talent, er scheint nahezu jedes Instrument dieser Welt mühelos spielen und darauf sogar noch improvisieren zu können. In wundervollstem Eltern-Englisch schmettert er den „Nonsleeper Blues“ oder singt in Spanisch klingendem Singsang mit heiserer Stimme, obligatorischem Lispeln und Zupfgitarre in den Händen „De la torseo al campo testo“. Ein Traum – sowohl der Inhalt seiner Werke als auch die improvisatorische Darbietung.
Diese Live-DVD ist empfehlenswert für all diejenigen, die nicht mal eben dazu kommen selbst eine Show von Helge Schneider zu besuchen. Aber mit den kleinen Extras (Kameraführung, Pausenfilmchen und Schluss) ist sie auch für eingefleischte Showbesucher eine Bereicherung. Wenn man diesen Menschen da auf der Bühne so herum hampeln sieht, bekommt man den Eindruck, dass der Spruch „Männer sind wie Weine, mit dem Alter werden sie immer besser“ hier den Nagel auf den Kopf trifft. Helge wird nicht nur älter, er wird auch besser.
"Komm hier haste ne Mark! / Live"
Darsteller: Helge Schneider & Band
Laufzeit: 120 Minuten