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Harry Rowohlt/Christian Maintz

Text: fraeuleiningeborg
Horch, ein Schrank geht durch die Nacht,

voll mit nassen Hemden

den habe ich mir ausgedacht

um euch zu befremden.



F.W. Bernstein



Unter anderem dieses Gedicht bildet den Auftakt zu einem sehr vergnüglichen Abend mit Harry Rowohlt und Christian Maintz, die es sich zur löblichen Aufgabe gemacht haben, die komische deutsche Lyrik einem größeren Teil der Bevölkerung nahe zu bringen.

Wilhelm Busch kennt nun wirklich jeder (und auch der fehlt natürlich nicht) aber gerade die wunderbaren Werke der Neuen Frankfurter Schule sind eindeutig viel zu wenig verbreitet.

Zum Beispiel dieses von Robert Gernhardt:



Deutung eines allegorischen Gemäldes



Fünf Männer seh ich

inhaltsschwer -

wer sind die fünf?

Wofür steht wer?



Des ersten Wams strahlt

blutigrot -

das ist der Tod

das ist der Tod



Der zweite hält die

Geißel fest -

das ist die Pest

das ist die Pest



Der dritte sitzt in

grauem Kleid -

das ist das Leid

das ist das Leid



Des vierten Schild trieft

giftignaß -

das ist der Haß

das ist der Haß



Der fünfte bringt stumm

Wein herein -

das wird der

Weinreinbringer sein.



Harry Rowohlt liest genial, Christian Mainz erklärt etwas dröge ("Heute abend an der Exegese: Christiaaaaan Maintz!"), aber allzu lehrreich wird es nicht.

Im ersten Teil des Programms werden die Themenschwerpunkte Tiere, Alkohol, Körper und Fußball behandelt, nach der dringend nötigen Pause (ich erspare mir längere Ausführungen über die Mängel des Veranstaltungsortes) liest Rowohlt hauptsächlich eigene Gedichte, die mir persönlich meistenteils dann doch zu albern sind, aber das Publikum mochte es offenbar. Schwerpunkt des Programms sind aber, wie erwähnt, neben Klassikern wie Ringelnatz, Jandl und Heine aber die Dichter der Neuen Frankfurter Schule und deren Nachfolger wie Wiglaf Droste. Hier nochmal Robert Gernhardt:



Sonntag in Lübeck



Wie sie kauend durch

die Straßen schieben

- Du mußt diese Menschen nicht lieben.



Wie sie gekleidet sind,

die Ungeschlachten!

- Du mußt diese Menschen nicht achten.



Wie erfreulich es wär,

wenn sie weniger wögen!

- Du mußt diese Menschen nicht mögen.



Wie sie durch ihre

Stumpfheit entsetzen!

- Du mußt diese Menschen nicht schätzen.



Wie schafft man es nur,

sie nicht zu hassen?

- Da mußt du Dir etwas einfallen lassen.



(Alles unbedingt laut vorlesen)



Ich habe leider auf Anhieb nur einen weiteren Termin in Elmshorn gefunden, aber es gibt sicher noch mehr.

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