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Wer war eigentlich Klaus Kinski

Text: Reimpirat
Seine Eltern: ein Apotheker und eine Krankenschwester

Schon früh musste er für seinen Lebensunterhalt sorgen:

Als Laufbursche, Schuhputzer und noch als Kind als Leichenwäscher.

Krieg: 1944 wurde er noch eingezogen und dann kam er in englische Kriegsgefangenschaft.

Auf provisorischen Lagerbühnen spielte er erste Rollen. Nach dem Krieg wirkte der Autididakt an zahlreichen bekannten Bühnen mit. Schon damals hatte er aggressive Anfälle und schlug vor lauter Wut die Scheibe des Berliner Schlossparktheater ein. Das hatte seine Kündigung zur Folge. Nun arbeitslos geworden, besuchte Kinski kurz die Schauspielschule von Marlise Ludwig, wo er unter anderem mit Harald Juhnke Szenen aus William Shakespeares Romeo und Julia einstudierte. Juhnke gab den Romeo, Kinski die Julia. Privat besaß Kinski Beziehungen zu Berliner Schieber- und Homosexuellenkreisen, in denen er verkehrte. Schließlich kam es zu Kinskis erster Filmrolle. Zwischen September 1947 und Januar 1948 fanden die Dreharbeiten zu Morituri statt. Der Produzent war Artur Brauner, als Regisseur fungierte Eugen York. Morituri erzählte von KZ-Insassen, die geflohen waren und sich vor den deutschen Häschern versteckten. Wegen seiner Problematik hatte der Film kein leichtes Leben, es gab Drohbriefe, ein Hamburger Kino wurde zertrümmert.

Kinski wurde einem stetig wachsenden Publikum als „Ein-Mann-Wanderbühne“ in Berlin, München und Wien bekannt. Er zog ab 1953 durchs Land, rezitierte auf kleinen Bühnen Arthur Rimbaud, François Villon, Friedrich Nietzsche, Kurt Tucholsky und das Neue Testament. Zu dieser Zeit kam er unter anderem mit der Theaterregie-Ikone Fritz Kortner wie auch zuvor schon mit Bertolt Brecht in Berührung. 1955 kam es zu Ereignissen, die Kinski lange belasten würden. Im Mai verursachte Kinski in München mit seinem weißen Cadillac einen Verkehrsunfall, zwei Wochen später kam es zu einem Bootsunfall auf dem Starnberger See. Gerichtsverfahren und Strafen schlossen sich an, die finanziellen Folgen belasteten Kinski einige Jahre lang erheblich. Im Sommer 1955 drehte Kinski mit Kortner in Wien den Film Sarajewo. Partnerin Kinskis war die österreichische Schauspielerin Erika Remberg. Kinski und Remberg verliebten sich während der Dreharbeiten und wurden vorübergehend ein Paar. Zu einem in der Presse vielbeachteten Skandal kam es, als Kinski und Remberg vor einem Münchner Freibad einander küssten. Ein aufgebrachter Passant verständigte die Polizei, die von Kinski rasch attackiert wurde. Schließlich wurde Kinski festgenommen und u. a. wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt. Kinskis Karriere erlitt kurz darauf einen Knick, es gab keine neuen Angebote. Remberg wiederum beendete ihre Beziehung zu Kinski. Aus Verzweiflung unternahm Kinski im Oktober 1955 zwei Selbstmordversuche, nach dem zweiten wurde er ins Krankenhaus transportiert, wo ihm der Magen ausgepumpt wurde. Die "Bild" berichtete und sprach von der "Tragik des Klaus Kinski". Kinskis Rezitationen, beispielsweise aus Werken von Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller und eben Brecht, wurden auf über 25 Sprechplatten veröffentlicht. Spätestens durch die deutschen Edgar-Wallace-Verfilmungen wurde Kinski dem Kino-Publikum und somit der breiten Öffentlichkeit bekannt. Die Aufmerksamkeit des internationalen Publikums erregte aber wohl besonders seine eindrückliche Nebenrolle in David Lean´s Doktor Schiwago.



Im Jahr 2006 veröffentlichte die BBC ihre Rangliste der 50 größten Schauspieler aller Zeiten. Klaus Kinski landete auf Platz 45. Es war kein weiterer Deutscher in der Auswahl.



Kinski agierte in Filmen wie Fitzcarraldo, Für ein paar Dollar mehr, Doktor Schiwago, Nosferatu – Phantom der Nacht, Leichen pflastern seinen Weg oder gemeinsam mit Romy Schneider in Nachtblende. 1978 erhielt er das Filmband in Gold für den besten Schauspieler Deutschlands. Er erschien aber nicht zur Preisverleihung. Zudem wurde der Film Fitzcarraldo für den Golden Globe nominiert.



Kinski spielte in mehreren Hollywood-Spielfilmen mit. Unter anderem drehte er mit Jack Lemmon und Walter Matthau den letzten Billy-Wilder-Film „Buddy Buddy“. In „Little Drummer Girl“ spielte er neben Diane Keaton die Hauptrolle. Und in „The Beauty and the Beast“ agierte er als Hauptfigur neben Susan Sarandon und Anjelica Huston.



Kinskis Schallplatten verkauften sich weltweit mehrere Millionen Mal. Mitte der 80er Jahre trat er unter anderem in der Talkshow von David Letterman auf und erschien im amerikanischen Playboy mit einer Titelgeschichte. Das amerikanische Filmmagazin American Film titelte im Jahr 1982: „Ist Kinski der größte Schauspieler der Welt?“. Sein Buch Kinski Uncut wurde in den USA ein Bestseller.



1989 stellte er mit Kinski Paganini sein letztes Filmwerk fertig. Nachdem er den Stoff über Jahre hinweg vergeblich Produzenten und Regisseuren angetragen hatte, übernahm er schließlich Regie, Drehbuch, Schnitt und Hauptrolle selbst. Werner Herzog hatte das Angebot zuvor mit der Begründung abgelehnt, das Drehbuch sei unverfilmbar. Nach vereinzelten Aufführungen in Europa wegen Kinskis Tod wurde der Film in den späten 1990er Jahren doch noch regulär im Kino gezeigt. Im Jahr 2003 erschien ein DVD-Set, das neben der Kinofassung des Films auch eine variierende Schnittfassung aus Kinskis privatem Nachlass enthält.



Als Synchronsprecher lieh Kinski unter anderem Pavel Kadotschnikow in Sergej Eisensteins Iwan der Schreckliche und Sabu (Die schwarze Narzisse) seine Stimme.

Klaus Kinski war drei Mal verheiratet. 1951 lernte er Gislinde Kühlbeck auf dem Schwabinger Fasching kennen. Nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Pola heiratete er Gislinde am 11. Juni 1952. Die Ehe wurde 1955 geschieden. Nach einem Aufenthalt in Wien (1955–1960) siedelte Kinski nach Berlin über und traf dort die 20-jährige Ruth Brigitte Tocki, die in dem Jazzlokal Eierschale auftrat. Kinski heiratete sie am 30. Oktober 1960. Aus dieser Ehe, die 1968 geschieden wurde, ging die Tochter Nastassja Kinski hervor. Von 1964 bis 1969 lebte Kinski in Rom. Auf einer Party in seiner Villa an der Via Appia lernte Kinski 1969 die 19-jährige vietnamesische Sprachstudentin Minhoï Geneviève Loanic kennen, die er 1971 heiratete. Von 1969 bis 1980 befand sich Kinskis Wohnsitz in Paris. Am 30. Juni 1976 kam der Sohn Nanhoï Nikolai zur Welt. Im Februar 1979 ließen sich Klaus und Minhoï Kinski scheiden. Ende 1980 zog Kinski nach Los Angeles in den Stadtteil Bel Air.[9] Im Frühjahr 1981 kaufte Kinski ein Grundstück in Lagunitas-Forest Knolls, Marin County, und ließ dort ein Haus errichten, in das er schließlich einzog.[10]



In diesem Haus starb Kinski mit 65 Jahren an einem Herzinfarkt. Das Ende eines dramatischen Lebens war überraschend leise. Nach Angaben der Behörden in Lagunitas starb Kinski am 23. November 1991 „eines völlig natürlichen, friedlichen Todes im Bett“.



Alles Daten über Kinski, doch damit ist er noch nicht beschrieben:

Kinski hatte eine überaus exzentrische Persönlichkeit, die von liebenswürdiger Sanftheit bis zu fürchterlichen Ausbrüchen und wüsten öffentlichen Beschimpfungen reichte. Seine Reifejahre waren von ständigen hypochondrischen Befürchtungen geprägt. Zugleich litt er aber auch tatsächlich an gesundheitlichen Problemen, die ihm zu schaffen machten. Bei den Dreharbeiten zu Cobra Verde brach Kinski einmal zusammen, später konnte er in Südamerika mehrere Tage lang nicht drehen und musste das Bett hüten. Die Produktion war besorgt und die Versicherung ließ einen Arzt kommen, um Kinski zu untersuchen

In dem Dokumentarfilm Mein liebster Feind schildert der Regisseur Werner Herzog das Verhältnis zwischen sich und Kinski. In seiner Jugendzeit lebte er gar kurze Zeit mit ihm in einer WG. Herzog spricht in dem Film davon, dass Kinski ihn einerseits verachtete und bei Dreharbeiten gemeinsamer Filme oftmals demütigte, bis Herzog fast in Tränen ausbrach. Andererseits entwickelte sich in ihrem Verhältnis - laut Herzog - eine kreative und künstlerische Kraft, die sich auf Filme wie Aguirre, der Zorn Gottes (1972), Nosferatu – Phantom der Nacht (1978), Woyzeck (1978), Fitzcarraldo (1981) und Cobra Verde (1987) auswirkte. Herzog beschrieb Kinski als außerordentlich fleißigen Schauspieler, der seine Rollen tagelang einübte, andererseits aber auch Wutanfälle gehabt und Mobiliar zertrümmert haben soll. Kinski habe jedoch in ruhigen Minuten seine harschen Ausbrüche und auch die Skandale als beabsichtigt und intendiert bezeichnet, weil das Aufmerksamkeit errege.

Besonders heftig verliefen die Auseinandersetzungen zwischen Kinski und Herzog während der Dreharbeiten zu Cobra Verde. Nur widerwillig erfüllte Kinski diese Aufgabe, innerlich war er nur noch an der Realisierung von Paganini interessiert. Der erste Konflikt betraf den Kameramann Thomas Mauch, der von Kinskis aggressiven Äußerungen betroffen war. Schließlich verlangte Kinski, Mauch müsse gefeuert werden. Diesem Begehren gab Herzog nach, um den Film zu retten. Anstelle von Mauch wurde ein tschechischer Kameramann nach Ghana eingeflogen. Der Konflikt verlagerte sich nun mehr auf Herzogs Arbeit, die von Kinski permanent kritisiert und boykottiert wurde. Der kompromisslose Schauspieler erschien oft am Set, regte sich auf und verschwand wieder, so dass an diesen Tagen gar nicht gedreht werden konnte. Schließlich vertrieb Kinski den Regisseur von dessen Platz neben der Kamera und führte selbst Regie. Die Situation eskalierte so weit, dass Herzogs Produktionsfirma im März 1987 per Telefax an Kinskis Agenten Kohner damit drohte, die Dreharbeiten abzubrechen und Kinski für die finanziellen Folgen haftbar zu machen. Mehrfach habe Kinski sowohl Herzog als auch den Produktionsleiter Walter Saxer tätlich angegriffen, Herzog mit einem Seil geschlagen, dem Produktionsleiter das Gesicht zerkratzt sowie dem Kameramann die Kamera entrissen. Schließlich beruhigte sich die Situation, und der Film konnte abgeschlossen werden.

Oft verkörperte Kinski Schurken und psychopathische Charaktere und bestätigte sein Image durch sein exzentrisches, aggressives Auftreten in der Öffentlichkeit. Berühmt wurde sein Auftritt in der NDR-Talkshow Je später der Abend im Jahr 1977, in der er dem Moderator Reinhard Münchenhagen keine einzige Frage beantwortete, ihn aber immer wieder mit „Herr Münchhausen“ anredete und sich mit einem Zuschauer anlegte. Ebenso legendär war die Berliner Vorstellung seiner polarisierenden „Jesus Christus Erlöser“-Bühneninszenierung, in der er Zwischenrufer aus dem Publikum wütend mit „Du dumme Sau“ und „Scheiß-Gesindel“ beschimpfte. Seine von Armut und Verzicht gezeichnete Kindheit und Jugend glich er später durch einen aufwendigen Lebensstil aus. Dennoch oder gerade deswegen nahm er nach eigener Aussage den größten Teil seiner Rollen aus Geldnot an und tauchte in Produktionen des europäischen Horror- und Softsexfilms der 1970er und des internationalen B-Actionfilms der 1980er Jahre auf.

In einem Interview mit der Zeitschrift Stern erzählte Nikolai Kinski, er habe kein einziges Mal erlebt, dass sein Vater privat je aggressiv oder ausfallend geworden wäre. Nikolai Kinski sagt in dem Interview: „Mein Vater war privat der sanfteste Mensch, den man sich vorstellen konnte.“ Auch Alfred Vohrer und Joachim Fuchsberger, die in den sechziger Jahren häufig mit Kinski gedreht hatten, beschrieben ihn rückblickend als ruhigen und unauffälligen Mitarbeiter mit liebenswürdigen Zügen.

Der einzige deutsche Filmpreis, den Kinski im Verlauf seiner Karriere gewonnen hat, war das Filmband in Gold, mit dem seine darstellerische Leistung in Nosferatu: Phantom der Nacht im Jahr 1979 ausgezeichnet worden ist. Für dieselbe Rolle erhielt er auch einen Darstellerpreis beim Filmfestival von Cartagena.



Am 5. Februar 1986 gab der französische Kulturminister Jack Lang die Ernennung Kinskis zum Commandeur de l'Ordre des Arts et des Lettres bekannt. Dies ist eine der höchsten Ehrungen der Republik für einen ausländischen Künstler

Lange Zeit waren Kinskis Autobiografien Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund (erschienen 1975), Ich brauche Liebe (1991) sowie Paganini (1992) die einzigen Quellen zu Kinskis Leben. Abgesehen von ihnen gab es nur vereinzelte Zeitungsartikel. In den 1980er Jahren wurde das Buch von Philippe Setbon veröffentlicht, das sich vor allem mit Kinskis Filmen beschäftigte, aber auch biografische Details lieferte. 1995 drehte Dagmar Cuntze für den SFB die Dokumentation Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund und sprach dafür mit Kollegen Kinskis (z. B. Brigitte Grothum). 1998 erschien Kinski, Werk der Leidenschaft von Georg Wend, das sich vorrangig den Filmen widmete, jedoch auch neue Informationen zu Kinskis Persönlichkeit bot. 1999 breitete Werner Herzog erstmals sein gesamtes Wissen über den Schauspieler im Dokumentarfilm Mein liebster Feind aus, unterhielt sich u. a. mit ehemaligen Mitwirkenden in dessen Filmen, besuchte ehemalige Schauplätze gemeinsamer Filme. 2001 wurden zum zehnten Todestags Kinskis zwei Ausstellungen organisiert, die mit Buchpublikationen verbunden waren. Darin wurde Kinskis Leben und Werk aufgearbeitet. Für arte und den WDR entstand der Dokumentarfilm Ich bin kein Schauspieler von Christoph Rüter, der auch Kollegen Kinskis zu Wort kommen ließ (z. B. Mario Adorf).



2006, zu Kinskis 80. Geburtstag, erschienen zwei Bücher, die sich dem Künstler widmeten und neue Seiten ans Tageslicht brachten. Der Wiener Filmwissenschaftler und Kritiker Christian David stellte Kinski. Die Biographie vor, die erste große Kinski-Biografie, die sich auf rund 450 Seiten detailliert, mit Interviews von Zeitzeugen, Kollegen und Freunden (darunter Bruno Ganz, Peter Berling, Judith Holzmeister, Peter Hajek u. a.) sowie bisher unbekannten Dokumenten sowie privaten Briefen dem Leben und Werk des Schauspielers widmet. Kurz darauf erschien das Taschenbuch Klaus Kinski von Peter Geyer, Kinskis Nachlassverwalter, das auf 160 Seiten Kinskis Leben und Werk zusammenfasst und mit Aufsätzen zum Schaffen des Künstlers sowie Interpretationen von Kinskis Filmen aufwartet.



Wer also war dieser Klaus Kinski? Einen Schauspieler, wie ihn, wird es kein zweites Mal geben. Werner Herzog mutete teilweise schon machoschitzisch an, wenn er seine Beziehung zu Kinski beschrieb.

Wer war dieser Klaus Kinski? Zwischen Dämon und Besessen und Sanftmut und Klaren Analist? Er war ein Schauspieler, wie es keinen zweiten auf der Welt gab. So zerbrochen, kaputt, so liebvoll und voll Hass.

Klaus Kinski ...... vergessen sein wird er nie.

Jack Nickolson wäre der einzigste der ähnliche Rollen spielte, aber selbst er war nie so besessen von dem Wahnsinn.

"Was hast Du, Franz? Du bist hirnwütig!" sagt man als Woyzek zu ihm. Hirnwütig das war er.

Klaus Kinski die lebende Hirnwut!

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