Aus der ehemaligen jetzt-Community: Du liest einen Nutzertext aus unserem Archiv.
Abgesang.
Ich bin zu teilnahmslos, zu passiv. Das muß sich ändern, möglichst schnell. Mit einem neuen Weltbild ging's besser. Mit etwas, was mich voll und ganz in Anspruch nimmt. Etwas, was mir ein Lächeln auf die Lippen zaubert wenn ich aufstehe. Ich denke Religion fällt dafür aus, niemand springt auf ein sinkendes Schiff nicht mal eine dumme Ratte wie ich.
Auch wenn ich kürzlich so etwas wie einen Lichtblick hatte, eine Erscheinung könnte man sagen. Die Zeugen Jehovas hatten sich das größte Stadion der siebtgrößten Stadt des weltweit zweitkleinsten Kontinents gemietet und luden ein, ein bombastisches Event mit ihnen zu feiern. Und weil ich sowohl anfällig für Superlative als auch für krude Weltbilder bin, war ich selbstverständlich mit von der Partie. Naja, zumindest stand ich vor den Toren für eine Menge Erkenntnis wollten sie nämlich auch eine Menge Asche sehen. Da ich aber, laut Steuervermerk, seit zwei Jahren zahlender Kunde der Römisch-Katholischen-Konkurrenz bin, begnügte ich mich mit der herzlichen Atmosphäre, die man schon vor dem Stadion vermittelt bekam: mit Lächeln, ohne Alkohol. Dafür aber einer Menge jugendlicher Menschen, die tunlichst den Eindruck vermeiden wollten, daß sie sich nennenswert von irgendwelchen anderen, normalen Jugendlichen unterscheiden könnten. Tun sie bestimmt auch nicht. Jeder von ihnen will mit Sicherheit auch nur Playstation spielen respektive ficken. Einziger Unterschied zu anderen Jugendlichen ist: das dürfen sie nicht.
Das merkwürdige an den Zeugen Jehovas ist ja nicht, daß sie daran glauben, daß die Apokalypse nicht mehr lange auf sich warten läßt, nein, das dämliche ist, daß wenn man mal raus geht und sich die Grütze ansieht, daß man bei klarem Verstand eigentlich bemerken dürfte, daß die Apokalypse schon längst da ist. Und da, bzw. dort, auf jedenfall hier aber ist jetzt auch: Maria. Gott habe sie selig. Ich kenne sie nur flüchtig über einen Bekannten und seitdem sie mir mal ihr ganzes Weltbild, komprimiert auf 15 Minuten erläutert hat sie ist Kommunistin bin ich derjenige, der komprimiert mich selbst auf 150 Meter Sicherheitsabstand. Ich habe natürlich nichts dagegen, gegen Ideale, Wertvorstellungen, Theorien, Lebensentwürfe und den ganzen anderen Quatsch. Maria ist eigentlich ganz nett, recht eloquent und all das, was man von einem angenehmen Gesprächspartner sonst noch erwartet. Doch leider ist sie das nur halbherzig. Tief in ihr schlummert der kleine, feine Drang nach der großen, groben Revolution. Weil ich mich für meinen Mobilfunkvertrag jedoch mehr interessiere als für ihre Antimperialismustheorien, hält sie mich für den ironischsten, bedauernswertesten Menschen der Stadt und beläßt es mittlerweile bei einem kurzen Kopfnicken in meine Richtung.
Was ich nie an der sogenannten Linken verstanden habe ist, daß sie sich Palitücher um den Hals wickeln also die Stoffetzen, mit denen sich auch Terroristen der Hamas schmücken. Und gerade weil ich das nie verstanden habe, verstehe ich den Lebenswandel des Horst Mahlers sehr gut.
Naja, sind ja nur Äußerlichkeiten, könnte man denken. Doch so einfach ist es nicht! Die Corporate Identity hat längst Einzug erhalten in bundesdeutsche Vereins-, und noch viel wichter, Wohnzimmer.
Wäre das Branding der Neonazis nicht so wahnsinnig langweilig und altbacken, würde ich wohl auch schon längst Ausländer durch ostdeutsche Städte jagen und in Unna Molotow-Cocktails ins Asylantenheim schmeißen. Die Nazis müssen sich mit dem gleichen Problem herumschlagen, das auch den Kirchen ernsthafte Sorgen bei der Nachwuchsrekrutierung bereitet: Es fehlt die zeitgemäße, coole Verpackung. Neben Eminem sieht Frank Rennicke nun mal etwas, naja, scheiße aus. Man möchte ihnen also wünschen, daß sie ihr Geld nicht länger für mausgraue C&A-Anzüge rausschmeissen sondern vielleicht einmal bei Jung von Matt anklopfen die können da mit Sicherheit was machen. Haben sie ja auch schon, zumindest in die Richtung. Ein bißchen Farbe reinbringen, das wäre es. Rechtsradikalismus darf nicht länger als Endstufe der ostdeutschen Gesellschaftsaussteiger-Karriere vermarktet werden, nein, man muß den Kids zeigen:
Faschismus kann auch schön sein!
(Und Spaß machen)
Und wenn man den Hass um ein paar Komponenten erweitern würde, also sich nicht länger mit dem öden Ausländer-Raus-Genöhle (das bitte trotzdem weiterhin!) begnügen würde, wenn man auch gleich noch anfängt:
alte Menschen,
Medienarbeiter,
Sozialhilfeempfänger,
Studenten,
Indiemädchen,
in der Gewerkschaft organisierte Chirurgen,
Reinhard Mey und sonstige Verschwörungstheoretiker,
Hippies,
Kabrio- und Fahrradfahrer,
Psychoanalytiker,
Schnäppchenjäger,
IchHabeÜberhauptKeinProblemMitSchwulenImGegenteilIn-
MeinemFreundeskreisGibtEsEinigeVonIhnenUndDie-
SindEchtSüß-Grins-Mädchen,
Musicalbesucher,
99% meiner Nachbarschaft,
adoleszente Jungs im Alter von 12 bis 78,
alle meine Verwandten,
skandinavische Popbands im allgemeinen und schwedische im speziellen,
Globalisierungsgegner,
jeden, der seinen Charakter mit einem der folgenden Adjektive beschreibt: niveauvoll, aufgeschlossen, crazy,
Mittelstand-Lobbyisten,
Germanisten,
Experten jeder Art,
Nichtraucher,
den Typen, der das Nachtprogramm des WDR verantwortet,
Bienen und Hummeln (grundsätzlich alle Tiere),
Umweltaktivisten,
IT-Unternehmer
und Peter Hahne wenn sie anfangen würden, auch all diese Minderheiten zu hassen und zu diskriminieren, dann, ja dann wäre ich der erste, der aufstehen würde, seinen arischen, blonden Scheitel ordentlich zur Seite kämmt und ergriffen vor verficktem Stolz auf 1 000 000 Jahre geile deutsche Geschichte die Welt wissen läßt: Ich bin sehr gerne Neonazi!.
Auch wenn ich kürzlich so etwas wie einen Lichtblick hatte, eine Erscheinung könnte man sagen. Die Zeugen Jehovas hatten sich das größte Stadion der siebtgrößten Stadt des weltweit zweitkleinsten Kontinents gemietet und luden ein, ein bombastisches Event mit ihnen zu feiern. Und weil ich sowohl anfällig für Superlative als auch für krude Weltbilder bin, war ich selbstverständlich mit von der Partie. Naja, zumindest stand ich vor den Toren für eine Menge Erkenntnis wollten sie nämlich auch eine Menge Asche sehen. Da ich aber, laut Steuervermerk, seit zwei Jahren zahlender Kunde der Römisch-Katholischen-Konkurrenz bin, begnügte ich mich mit der herzlichen Atmosphäre, die man schon vor dem Stadion vermittelt bekam: mit Lächeln, ohne Alkohol. Dafür aber einer Menge jugendlicher Menschen, die tunlichst den Eindruck vermeiden wollten, daß sie sich nennenswert von irgendwelchen anderen, normalen Jugendlichen unterscheiden könnten. Tun sie bestimmt auch nicht. Jeder von ihnen will mit Sicherheit auch nur Playstation spielen respektive ficken. Einziger Unterschied zu anderen Jugendlichen ist: das dürfen sie nicht.
Das merkwürdige an den Zeugen Jehovas ist ja nicht, daß sie daran glauben, daß die Apokalypse nicht mehr lange auf sich warten läßt, nein, das dämliche ist, daß wenn man mal raus geht und sich die Grütze ansieht, daß man bei klarem Verstand eigentlich bemerken dürfte, daß die Apokalypse schon längst da ist. Und da, bzw. dort, auf jedenfall hier aber ist jetzt auch: Maria. Gott habe sie selig. Ich kenne sie nur flüchtig über einen Bekannten und seitdem sie mir mal ihr ganzes Weltbild, komprimiert auf 15 Minuten erläutert hat sie ist Kommunistin bin ich derjenige, der komprimiert mich selbst auf 150 Meter Sicherheitsabstand. Ich habe natürlich nichts dagegen, gegen Ideale, Wertvorstellungen, Theorien, Lebensentwürfe und den ganzen anderen Quatsch. Maria ist eigentlich ganz nett, recht eloquent und all das, was man von einem angenehmen Gesprächspartner sonst noch erwartet. Doch leider ist sie das nur halbherzig. Tief in ihr schlummert der kleine, feine Drang nach der großen, groben Revolution. Weil ich mich für meinen Mobilfunkvertrag jedoch mehr interessiere als für ihre Antimperialismustheorien, hält sie mich für den ironischsten, bedauernswertesten Menschen der Stadt und beläßt es mittlerweile bei einem kurzen Kopfnicken in meine Richtung.
Was ich nie an der sogenannten Linken verstanden habe ist, daß sie sich Palitücher um den Hals wickeln also die Stoffetzen, mit denen sich auch Terroristen der Hamas schmücken. Und gerade weil ich das nie verstanden habe, verstehe ich den Lebenswandel des Horst Mahlers sehr gut.
Naja, sind ja nur Äußerlichkeiten, könnte man denken. Doch so einfach ist es nicht! Die Corporate Identity hat längst Einzug erhalten in bundesdeutsche Vereins-, und noch viel wichter, Wohnzimmer.
Wäre das Branding der Neonazis nicht so wahnsinnig langweilig und altbacken, würde ich wohl auch schon längst Ausländer durch ostdeutsche Städte jagen und in Unna Molotow-Cocktails ins Asylantenheim schmeißen. Die Nazis müssen sich mit dem gleichen Problem herumschlagen, das auch den Kirchen ernsthafte Sorgen bei der Nachwuchsrekrutierung bereitet: Es fehlt die zeitgemäße, coole Verpackung. Neben Eminem sieht Frank Rennicke nun mal etwas, naja, scheiße aus. Man möchte ihnen also wünschen, daß sie ihr Geld nicht länger für mausgraue C&A-Anzüge rausschmeissen sondern vielleicht einmal bei Jung von Matt anklopfen die können da mit Sicherheit was machen. Haben sie ja auch schon, zumindest in die Richtung. Ein bißchen Farbe reinbringen, das wäre es. Rechtsradikalismus darf nicht länger als Endstufe der ostdeutschen Gesellschaftsaussteiger-Karriere vermarktet werden, nein, man muß den Kids zeigen:
Faschismus kann auch schön sein!
(Und Spaß machen)
Und wenn man den Hass um ein paar Komponenten erweitern würde, also sich nicht länger mit dem öden Ausländer-Raus-Genöhle (das bitte trotzdem weiterhin!) begnügen würde, wenn man auch gleich noch anfängt:
alte Menschen,
Medienarbeiter,
Sozialhilfeempfänger,
Studenten,
Indiemädchen,
in der Gewerkschaft organisierte Chirurgen,
Reinhard Mey und sonstige Verschwörungstheoretiker,
Hippies,
Kabrio- und Fahrradfahrer,
Psychoanalytiker,
Schnäppchenjäger,
IchHabeÜberhauptKeinProblemMitSchwulenImGegenteilIn-
MeinemFreundeskreisGibtEsEinigeVonIhnenUndDie-
SindEchtSüß-Grins-Mädchen,
Musicalbesucher,
99% meiner Nachbarschaft,
adoleszente Jungs im Alter von 12 bis 78,
alle meine Verwandten,
skandinavische Popbands im allgemeinen und schwedische im speziellen,
Globalisierungsgegner,
jeden, der seinen Charakter mit einem der folgenden Adjektive beschreibt: niveauvoll, aufgeschlossen, crazy,
Mittelstand-Lobbyisten,
Germanisten,
Experten jeder Art,
Nichtraucher,
den Typen, der das Nachtprogramm des WDR verantwortet,
Bienen und Hummeln (grundsätzlich alle Tiere),
Umweltaktivisten,
IT-Unternehmer
und Peter Hahne wenn sie anfangen würden, auch all diese Minderheiten zu hassen und zu diskriminieren, dann, ja dann wäre ich der erste, der aufstehen würde, seinen arischen, blonden Scheitel ordentlich zur Seite kämmt und ergriffen vor verficktem Stolz auf 1 000 000 Jahre geile deutsche Geschichte die Welt wissen läßt: Ich bin sehr gerne Neonazi!.