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Was Du schon immer über Mann wissen wolltest (3)

Text: MacTrash
Alles mitm Mund



Frauen seien meist nicht auf den Mund gefallen, so sagt man doch, aber: man sagt ja nichts, man redet ja bloss. Sprechen wir über den Mund.



Hocherotisch, sexy, lustvoll, sinnlich oder, Entschuldigung: der Bläsermund, mit dem sie locker einen Tennisball durch 20 Meter Gartenschlauch hätte saugen können, so hat mir letztens in trauter Stammtischrunde ein Freund den Mund seiner neuen Nachbarin beschrieben. Ja, geht’s noch?!



Aber mal ehrlich meine Herren, wer mag ihn schon, den anderen Mund? Den schmallippigen, verkniffen verbiesterten, sauertöpfisch alleinstehende-oberstudienrätin-von-den-wechseljahren-geplagten Mund? Sie stehen drauf? Nagut, einer aus unseren oberen Chef-Etagen auch. Aber nur klammheimlich, wenn eine derart belippte Frau in streng grauem Kostüm, das Haar scharf nach hinten gebunden, ihn mit kräftigen Holzlinealschlägen auf die Fingerspitzen die grösste Wollust bereitet, die er sich nur wünschen kann. Er zahlt nicht schlecht dafür. Meine Damen, wenn also unter ihnen eine ist oder sie eine kennen ... nein?



Auch gut, denn die überwiegende Mehrzahl der Männer steht ohnehin auf den die oben genannten Fähigkeiten verheissenden Frauenmund. Und jedem Mann ist es scheissegal, ob diesen Bläserlippen mit Silikon nachgeholfen wurde oder nicht. Selbst die Art Männer, die eigenhändig im Schafwollpullover und birkenstockbereift jeden ihrer ungespritzten Bio-Natur-Äpfel Marke Schrumpf&Faul vom Öko-Paul einzeln 10 Etagen hinunter in die Kompostmülltonne tragen, selbst also diesen bewusst-bewegten Männer ist es herzlich egal ob die Kunst-Lippen ihrer Geliebten bei deren Ableben als Sondermüll entsorgt werden müssen – Hauptsache: geil!



Hilfsmittel, einen Frauenmund so zu gestalten, wie Mann ihn gerne sieht, gibt es auch ohne chirurgische Eingriffe genügend. Gehen sie doch mal in die Parfümerie-Abteilung eines grossen Kaufhauses. Wie Versuchsmäuse der kosmetisch-pharmazeutischen Industrie schmieren sich dort die verschiedensten Frauentypen die unterschiedlichsten, meist auf Abfälle aus Tierverwertungsanlagen basierende Lippenfarben zur Probe.



Und manche, die schlauen Frauen, treffen sie täglich dort. Jeden Tag was neues – testen. Da glitzerts und glimmerts, da rotets, lilat und schwarzts, es stiftet und cremed, es schmiert und es glossed. Gab es früher nur zwei Anforderungen an einen Lippenstift, rot musste er sein und kussecht, leben heutzutage ganze Industriezweige davon, das Universalwerkzeug Mund mit möglichst vielen Eigenschaften auszustatten. Und wofür das alles? Für mich, Mann. Aber Frauen können malen, was sie wollen, den Frauenmund schön malen, kann sowieso nur ein Mann.



Den Mund aller Frauen schlechthin finden wir in Paris. Dabei ist die Frau, die diesen Mund besitzt noch nicht mal Französin, sondern nur dort irgendwie hängengeblieben. In einem Museum. Im Louvre. Ihr Name ist Mona-Lisa. Die Frau mit dem geheimnisvollen Lächeln, das Generationen von Männern betörte, über das sich hellsten Köpfe dieselben zerbrochen haben. Was ist ihr Geheimnis? Warum lächelt ihr Mund derart unbeschreiblich? Manche Mutmassung lesen wir darüber, auch durchaus Pikantes. So zum Beispiel, sie hätte eine Liason mit dem Maler gehabt, oder konnte nur durch orale Liebesdienste eines Sklaven während des Malens (man sieht ja nur den oberen Teil ihres Körpers, wer weiss, wer sich wie an ihrem unteren zu schaffen machte?) in die Unbeweglichkeit des Modellsitzens gebracht werden.



Ein Traum von Mund saß heute morgen im Auto nebenan. An der Ampel. Audi 80, nagut. Aber der Mund!



Am linken und rechten Mundwinkel ein miniwenig zu weit nach unten gezogen. Das gibt dem ganzen Gesicht, wenn es entsprechend schmal ist, einen Anflug von Traurigkeit und Melancholie. Genau das macht diesen Traum vom Mund aus! Das weckt den ureigensten Beschützerinstinkt im Mann!



So einen Mund traut man sich fast nicht küssen. Aus Angst er könnte wie dünnes Glas splittern (und man sich selber dabei die Zunge auffetzen). Nein im Ernst, das ist ein Mund, bei dem der sensible Herr feuchte Augen bekommt und keine feuchte Hose. Da ist man sofortundaufderstelle bereit, bei sich selber einen Lippenbalsam aufzulegen, nur um die ihren beim Reden nicht schon zu verletzen. Da schwelgt der Fachmann und der Chirurg wundert sich, solche Lippen gibt’s nur von Mutter Natur.



Von der gibt es freilich auch das ganze Gegenteil. Futterluken, Gesichtsöffnungen, die nur einzig und allein dazu erschaffen worden zu sein scheinen, um Essbares in ihrem gähnendschwarzen Abgrund verschwinden zu lassen. Ins Gesicht gestanzt wie in Teig die Weihnachtsplätzchen, die sie alljährlich dosenweise ebendort versenken. Entschuldigung, das war jetzt gemein. Aber wenn eine schon so aussieht, gelle?!



Dann war noch der Mund dieser Kunststudentin. Fein gezeichnet, griechisch. In kühnem Schwung von einem linken Grübchen in die Mitte, in einer kleinen vorwitzigen Spitze gipfelnd, einen kurzen Bogen nach unten beschreibend, sich wieder zu einer symmetrisch geformten Spitze aufschwingend. Und mit gleichem Schwung wie links nach oben schwingt die Lippe bis zum äussersten rechten Mundwinkel wieder ab. Kurz und gut: eine sanfte Berg und Talfahrt, im Idealabstand des goldenen Schnitts zu ihrer süssen Stubsnase.



Ein Mund wie gemalt: scheu, empfindsam, gleichzeitig sinnlich erotisch. Wie herrlich mußte ein Flüstern aus diesem Engelsmund an meinem Ohr klingen! Hell und klar und rein und unschuldig wie süsseste Harfenklänge! Dann bestellte sie sich einen Kaffee: kieksig, piepsig, spiddelig. Wie das flötige Fiepen einer dieser staksig blondblöden TV-Serien-Sekretärinnen. Oh Mund, wärest du nur verschwiegen geblieben! Aber so ...



... ich schweife ab. Alles mitm Mund war das Thema, Bläserlippen das Stichwort.



In jener, eingangs dieses Kapitels erwähnten, trauten Stammtischrunde. Der Abend wurde immer später, die alkoholischen Getränke pro Bestellung stärker und die Kellnerin mit jedem Schluck hübscher. (Offengestanden, sie war nicht hässlich, aber hübsch? Nein, definitiv: n e i n. Aber ihr Mund, wuppa! Genau ... Tröö-rööö)



Und dann war da dieser eine, nennen wir ihn Clemens Immerda, eine echte Spasskanone, einer, der dir jeden Abend rettet, oder auch nicht. Wie an diesem Abend geschehen. Du hast dir die Kellnerin bereits zur Königin deines Abends getrunken, sie scheint auch nicht abgeneigt, deinen kleinen Prinzen zu wecken, da nimmt dieser Clemens diese dumme Trompete von der Wand und den Mund ziemlich voll: Hey Ilse, wetten dass ich diesem Ding besser den Marsch blasen kann als du meinem Teil?!



Ilse war blond wie Wasserstoff, aber doof war sie nicht. Sie konterte: Top, die Watte quillt! Bläst du der, blas ich dir! Wusste sie doch, dass die Trompete schon seit langem fest verpfropft war, weil Kinder sie im Restaurant immer zum Spielen genommen und alle anderen Gästen mit ihrem Getröte fürchterlich auf den Nerv gegangen waren. Was Ilse allerdings nicht wusste war, daß Clemens damals die Trompete mit dem Pfropfen versehen hatte, er aber kurz vor seiner wagemutigen Wette das Rohr der Trompete wieder frei gemacht hatte.



Der Rest des Abends ist schnell erzählt. Clemens blies, Ilse auch. Dafür musste an diesem Abend keiner mehr seine Zeche zahlen. Denn Bläsermund-Ilse und Immerda Clemens verschwanden im Obergeschoss der Gaststätte. Für den Rest des Abends, der bis in die frühen Morgenstunden dauerte, waren wir Nichtbläser auf uns allein gestellt, was uns nicht daran hinderte es uns munden zu lassen.



Man munkelt heute, einige Wochen nach diesem Abend, die beiden würden demnächst heiraten, weil man sich an diesem Abend wohl nicht nur mündlich näher gekommen war. Nein, Ilse soll schwanger sein. Woraufhin Clemens beschloss, dass es auf jeden Fall ein Junge werden würde. Ilse ihrerseits keinen Widerspruch einlegte, sondern spontan dem künftigen Stammhalter einen Namen verpasste. Er sollte Blasius getauft werden.



Fazit: der Mund, sei er schmal-, silikon- oder lippenstift-lippig, ist eines der wichtigsten Fortpflanzungsorgane der Frau, sie muss ihn nur beizeiten aufmachen. Und was blieb mir für diesen Abend? Nichts, ausser grandiose Kopfschmerzen bis in die Haarspitzen. Für den nächsten Tag war ein neuerlicher Herrenabend vereinbart.



Fortsetzung folgt

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