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nikolaus lenau: weltschmerz und melancholie

Text: shouter
Eigentlich hieß der Dichter Nikolaus Lenau mit vollem Namen Nikolaus Franz Niembsch Edler von Strehlenau, geboren vor über 200 Jahren, am 13. August 1802 in Csatad in Österreich-Ungarn. Er gilt als Klassiker des Weltschmerzes und der Melancholie, und doch scheint er ein wenig vergessen.



Blickt man zurück auf die Epoche der Romantik, fallen sofort Namen wie Novalis und Brentano. Ein Schattendasein führt hinter derartigen Lichtgestalten der Mann, der zwischen Romantik und Vormärz ein wenig verschwand und doch zu seiner Zeit zu den ganz Großen zählte. Nikolaus Lenau, geboren im Österreich-Ungarischen Reich, wuchs in Armut auf. Der Vater, ein notorischer Spieler, starb früh. Doch die Mutter hatte an ihm einen Narren gefressen. Sein Leben lang sollte Lenau eine besonders innige Liebe zur Mutter empfinden, die sich auch in seinen Gedichten niederschlägt.

Lenaus Leben war schon bald von Unruhe und Unstetigkeit geprägt. Er studierte ein wenig und ohne rechten Antrieb Jura, Medizin, Philosophie und Landwirtschaft, fängt schnell Feuer, um dann schnell das Interesse zu verlieren. Als passionierter Musikfreund wurde er ein mehr als passabler Geiger. Schließlich entdeckte er seine Liebe zum Wort und er begann zu dichten. Verse voller Melancholie, Weltschmerz, Negativität und voller Leiden an der Zeit. Besonders seine unglückliche Beziehung zu Sophie von Löwenthal zwingt ihn immer wieder zum Schreiben. Ein typischer Gedichtanfang aus dem Jahr 1833/34:



Aus!

Ob jeder Freude seh ich schweben

Den Geier bald, der sie bedroht;

Was ich geliebt, gesucht im Leben,

Es ist verloren oder tot.



Sophie und Lenau unterhielten eine romantische Liebe. Doch sie wurde nie erfüllt, denn Sophie war verheiratet. Freudlos zwar mit Max von Löwenthal, einem guten Freund Lenaus, doch die Erfüllung seiner Wünsche blieb Lenau versagt. Doch Sophie verstand es, ihn immer wieder an sich zu binden, eine Abhängigkeit zu erhalten. Sie verhinderte auch andere Heiratspläne.

Lenaus Schwermut, die schwarze Galle wie es früher hieß, führte nicht nur zu verzweifelten Liebesgedichten. Auch ins politische Leben griff Lenau mit Versen ein, wandte sich gegen die Restauration Metternichs, unterstützte den Aufstand in Polen. Oft bekam er es als Dichter des Vormärz mit der Zensurbehörde zu tun. Das Gedicht „Abschied“ aus dem Jahre 1832 beginnt mit den anklagenden Versen:





„Sei mir zum letzten Mal gegrüßt,

Mein Vaterland, das, feige dumm,

Die Ferse dem Despoten küsst

Und seinem Wink gehorchet stumm.“



Es war Lenaus Abschiedsgruß an sein Vaterland, denn kurz darauf überquerte er den Atlantik, um nach Amerika auszuwandern. Romantische und naive Vorstellungen des freien Lebens, der freien Welt prägten diese Entscheidung. Er kehrt jedoch bald zurück, desillusioniert, zutiefst enttäuscht, im Gepäck nur ein paar neue Verse.

Lenaus niederdrückende Stimmungen weiteten sich aus.





„Du geleitest mich durchs Leben,

Sinnende Melancholie!

Mag mein Stern sich strahlend heben,

Mag er sinken - weichest nie.“



Lenau erlebte schwere Nervenkrisen, die mit zunehmendem Alter ernster wurden. Sein Schwermut war mehr als Koketterie, seine Depression mehr als nur Selbststilisierung. Der Mann mit dem Husarenbart erlitt einen Schlaganfall. Wahnvorstellungen marterten ihn. Nach ersten Selbstmordversuchen, die sein literarisches Werk schon immer durchzogen, wurde er in eine Heilanstalt eingeliefert. Vom Irrsinn gezeichnet verlebte er die letzten sechs Jahre seines Lebens in derartigen Heimen. Im August 1850 wurde Lenau von allen weltlichen Leiden erlöst: er verstarb in einer Anstalt in Oberdöbling bei Wien.



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Nikolaus Lenau: Gedichte (1998)

Nikolaus Lenau: Liebesgedichte (2002)

Michael Ritter: Zeit des Herbstes. Nikolaus Lenau, Biographie (2002)

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