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Diese Arztbesuche - wie ich sie hasse.

Text: sushy
Ich hasse solche Arztbesuche - doch dies Übel kann mir keiner nehmen. Wie heute...

Ich sitze im Wartezimmer von meinem Hausarzt, lese eine Zeitschrift, in der die Leser Probleme um neue Verhütungsmittel und Weihnachtsschmuck lösen wollen. Ich warte darauf, dass mich der Arzt endlich ins Sprechzimmer holt und mir Medikamente verschreibt, damit ich dem winzig kleinen und stickigen, mit einer gelb-grüner Farbe angestrichen Zimmer entfliehen kann.



Ich sehe die Bakterien durch den Raum fliegen. Blau-grün erscheinen sie mir. Neben mir sitzt eine Frau mit Übergröße und unterhält sich mit ihrer Tochter, oder vielleicht doch Nichte, über die Größe ihrer Brüste. Obwohl sie es wirklich leise tun, verstehe ich jedes einzelne Wort. Ich versuche mich auf die Zeitschrift zu konzentrieren, aber ich sehe nur kleine grüne Männchen vor meiner Nase tänzeln.



Vor dem kleinen Jungen, der an dem für Kinder vorgesehenen Tisch sitzt, steht ein großes Holzspielzeug, mit Kugeln und Quadraten dran und schießt diese durch das Weltall der Gitterstäbe. Die Töne dabei sind so laut, dass mir fast das Trommelfell platzt. Ich werde kribbelig, lege das eine Bein auf das andere (obwohl ich weiß, dass man davon Krampfadern bekommt ), schließe die Augen und öffne sie gleich wieder. Ich bin aufgeregt, es ist wie, als ob ich gleich mein Todesurteil vorgelegt bekomme. Die Stimmen werden immer lauter. Gleich, gleich, denke ich, platzen sie in meinem Kopf.



Noch zwei weitere Patienten vor mir. Der alte Opa mit dem wahrscheinlich selbstgestrickten rot-grünen Pullover füllt ein Kreuzworträtsel aus. Die junge Frau stillt ihr Baby, damit es nicht mehr schreit.



Ich schreie innerlich:

Bitte macht die Fenster auf, ich ersticke. Bitte redet und flüstert nicht, das macht mich irre.

Doch keiner erhört mich.



Mein Name wird gerufen, ich stehe auf, mir wird leicht schwarz vor den Augen und schwindelig. Ich muss mich stützen. Der alte Opa fragt mich nach meinem Befinden und hilft mir, wieder gerade zu stehen und bringt mich ins Sprechzimmer.



Danach untersucht mich der Arzt in Sekundenschnelle. So schnell ich in diesem weißen, sterilen Zimmer drinnen gewesen bin, so schnell war ich wieder draußen. Ich gehe wieder ins Wartezimmer um meinen Mantel zu holen, und frage mich dabei, ob es nicht ungerecht ist, einundfünfzig Minuten im Wartezimmer zu warten um dann 4 Minuten und 34 Sekunden beim Arzt zu sein. Doch dass frage ich mich nicht lange, auf einmal wird mir wieder schwarz vor den Augen und ich bemerke nur noch wie ich schnell zu Boden sinke...

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