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100 Tage Trump: Seine jungen Wähler ziehen Bilanz

Fotos: privat

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Am 29. April ist US-Präsident Donald Trump genau hundert Tage im Amt. Waren es hundert Tage Achterbahnfahrt, hundert Tage Chaos, oder hundert Tage mit dem besten Präsidenten der Welt? Die Antwort hängt davon ab, wen man fragt.

Wir haben zwei junge Trump-Wähler um ihr Fazit gebeten: Kylie, die rund um die zweite TV-Debatte an der Uni in Las Vegas für Trump demonstrierte und uns kurz nach der Wahl berichtet hat, wie es ihr mit dem Ergebnis geht. Und Peter, der bei einer Watch-Party zur ersten TV-Debatte an der Georgetown University in Washington als einziger bekennender Trump-Unterstützer im Publikum saß und mit dem wir vor der Wahl über Political Correctness an US-Unis gesprochen haben

Peter Hamilton, 19, studiert „Government and Economics“ and der Georgetown University in Washington

peter
Foto: privat

„Ich unterstütze Trump derzeit zu 30 bis 35 Prozent. Vor der Wahl war das sogar noch weniger – ich war für Marco Rubio als Kandidat der Republikaner. Aber wenn ich noch mal die Wahl zwischen Hillary Clinton und Donald Trump hätte, würde ich wieder Trump wählen.  

Trump hat in den ersten hundert Tagen versucht, einige Dinge durchzusetzen, von denen er im Wahlkampf gesagt hat, dasser sie machen würde, und die ich schon damals nicht unterstützt habe – den Einreise-Bann zum Beispiel oder die Mauer. Ich habe auch ehrlich gesagt gar nicht geglaubt, dass er das durchziehen würde. Dass er es jetzt doch versucht, kann ich ihm natürlich nicht vorwerfen. Es zeigt eher eine Art von Stärke, die ich ihm nicht zugetraut hätte. Auch wenn die Konsequenzen bisher gering sind: Der Bann wurde schnell kassiert und die Demokraten werden eine Finanzierung der Mauer nicht unterstützen.

Anderes, was er macht, geht in die richtige Richtung. Außenpolitisch zum Beispiel bin ich bisher positiv überrascht. Aus meiner Sicht sind alle Gespräche mit anderen Staaten recht gut gelaufen. Und mir gefällt, dass Trump in Bezug auf den Nahen Osten und Nordkorea jetzt eine sehr viel stärkere Haltung zeigt.

Trump ist auch nicht so unberechenbar, wie viele befürchtet haben. Ich finde, er benimmt sich viel besser als im Wahlkampf, vor allem bei offiziellen Terminen. Und ‚präsidiales Benehmen‘ ist ja sowieso eine sehr schwammige Definition. Viele suchen bei Trump einfach nach etwas, das sie kritisieren können – und dann nehmen sie eben seine laute, dreiste Art her und sagen: So sollte sich ein Präsident nicht verhalten.

Ich denke aber, seine Art passt gut zu einem kulturellen Wandel, den wir gerade in den USA beobachten können: dass die Menschen sich wieder trauen, ihre Meinung offen zu sagen. Viele mögen das bei Trump bloß nicht, weil es eine andere Meinung ist als ihre eigene. Bei jemandem mit Trumps Persönlichkeit, aber mit ihrer Meinung, würden sie sagen: ‚Wow, so mutig, er spricht aus, was er denkt!‘

"Die Demonstranten verprellen alle Trump-Wähler und lassen keine konservativen Perspektiven zu"

Die vielen Proteste gegen Trump finde ich komplett sinnlos. Die meisten Demonstranten wollen einfach nur Fotos von Schildern machen und die dann posten, um zu zeigen, dass sie gegen Trump sind, weil das jetzt cool ist. Aber das hilft doch keinem! Da wäre es sehr viel besser, diese Menschen würden vierzig Stunden gemeinnützige Arbeit für eine bestimmte Organisation leisten. Klar, jetzt kann man sagen, dass sie mit den Protesten Bewusstsein für ihr Anliegen schaffen wollen – aber das Problem ist, dass sie so sehr Anti-Trump sind, dass sie damit sofort alle Trump-Wähler verprellen und generell keine konservativen Perspektiven zulassen. Der Women’s March hat zum Beispiel Frauen ausgeschlossen, die gegen Abtreibung sind. Proteste wie die am Flughafen gegen den Einreisebann finde ich legitimer, weil es dort um den Widerstand gegen eine bestimmte Verordnung ging. Da konnte ich einen klaren Nutzen erkennen.

Für die Zukunft erwarte ich von Trump, dass er einen Plan für die Infrastruktur vorlegt. Und dass er endlich alle Positionen in der Regierung mit Mitarbeitern besetzt, da ist in den ersten hundert Tagen viel zu wenig passiert. Ich will einfach, dass er endlich mal loslegt.“ 

Kylie Johnson, 21, studiert Geschichte an der University of Nevada, Las Vegas 

kylie
Foto: privat

„Trump hat in den ersten hundert Tagen noch nicht viel von dem umgesetzt, was er versprochen hat. Aber er hat trotzdem schon etwas Wichtiges erreicht: Er hat definiert, wer er als Präsident ist und welches Land die Vereinigten Staaten mit ihm als Präsident sind. Damit alle Bescheid wissen, mit wem sie in den nächsten Jahren umgehen werden. Das ist wichtig, bevor er wirklich aktiv wird. 

Ich glaube, viele Menschen suchen bei Trump immer nach etwas, über das sie sich beschweren können. Ich fand zum Beispiel die Vereidigung wahnsinnig toll! Wie großartig Melania aussah, wie Jacky Kennedy, und wie freundlich die Obamas und die Trumps miteinander umgegangen sind und sich vereint dem Land und der Welt gezeigt haben! Aber dann wurde seine Rede als zu populistisch kritisiert. Wenn du in dieser Position bist, ist es dann nicht deine Aufgabe, populistisch zu sein und dafür zu sorgen, dass die Menschen dich mögen? Außerdem hat Trump nichts anderes gesagt als im Wahlkampf – nur eben alles auf einmal. Das hat die Leute anscheinend schockiert. Nachher haben außerdem viele gesagt, es seien sehr wenig Besucher da gewesen. Aber einen richtigen Beweis habe ich dafür noch nicht gesehen, außer diese Fotos, die vielleicht oder vielleicht auch nicht bearbeitet waren. 

Trump wird auch oft vorgeworfen, er könne sich nicht benehmen, sei zu schnell beleidigt und twittere zu viel. Aber das war eher am Anfang der Fall. Ich denke, er hat die Kritik wahrgenommen und sich darum etwas zurückgenommen. Im Gespräch mit ausländischen Diplomaten und Regierungschefs zum Beispiel hat er sich bisher gut geschlagen. Er ist eben ein Business-Mann, er weiß schon, wann er sich zu benehmen hat. Und er wird immer professioneller und wächst in seine Rolle hinein. Er ist ja noch in einer Art präsidialer Trainings-Phase.

Viele der Proteste gegen ihn, zum Beispiel die direkt nach der Wahl oder zur Vereidigung, würde ich eher als Ausschreitungen bezeichnen. Nur der Women’s March war relativ friedlich, die Demonstranten sind durch die Straßen gelaufen, haben nichts kaputt gemacht und den Verkehr nicht gestört. Proteste wie dieser verdienen Respekt. In einem Protest friedlich seine Meinung äußern zu können, ist schließlich Teil der Demokratie, oder?

„Wenn du in dieser Position bist, ist es dann nicht deine Aufgabe, populistisch zu sein?“

Ich habe Trump vor allem gewählt, weil er versprochen hat, das ‚Department of Veterans Affairs‘ zu reformieren und ich bin etwas enttäuscht, dass in diese Richtung noch nicht viel passiert ist. Denn viele unserer Veteranen haben ernsthafte Probleme und können nicht noch zwei Jahre darauf warten, endlich Hilfe zu bekommen. Gerade versucht die Regierung wenigstens, ein neues Budget zu verabschieden, für das sie andere Sozialhilfe-Programme kürzen und mehr Geld als vorher in die Veterans Affairs fließen lassen will (Kylie bezieht sich auf den Budget-Plan, zu dem man z.B. bei der New York Times Details einsehen kann, Anm. d. Red.). Das ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.

Ein anderer Grund für meine Wahl war, dass Trump die illegale Einwanderung bekämpfen will. Ich fand die Idee einer Mauer nie gut, aber dass die Sicherheit an der Grenze zu Mexiko generell verstärkt werden soll, finde ich richtig. Ich kenne ein paar Menschen, die gerade ihre Green Card und ihre Studentenvisa erneuern lassen wollen und das dauert aktuell sehr viel länger als früher, weil die Einzelfälle jetzt genauer geprüft werden. Das ist für die Betroffenen natürlich frustrierend. Aber es ist eben so, dass sehr viele Menschen in die USA kommen, und nicht immer mit guten Absichten.

Trumps Plan, Menschen bestimmter Nationen die Einreise zu verweigern – also den sogenannte ‚Muslim Ban‘ – habe ich nicht ganz verstanden. Ich glaube, er hat selbst nie daran geglaubt, dass er mit diesem Dekret durchkommt, sondern wollte damit nur beweisen, dass er für das, was er sagt und was er vorhat, immer geradestehen wird. Auch mit dem Militärschlag gegen Syrien – der einige meiner Freunde, die in der Armee sind, beunruhigt hat – und mit dem verschärften Ton gegenüber Nordkorea will er den Status der USA in der Welt festigen: als eine Supermacht, die sich nicht einfach so rumschubsen lässt.“ 

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