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"Nutzer von Tauschbörsen werden kriminalisiert"
Ich habe mir online ein Lied gekauft, das ich jetzt meiner Freundin auf eine Mix-CD brennen möchte. Darf ich das? Die Frage, ob man das darf oder ob man das nicht darf, ist gar nicht so sehr vom Urheberrecht her zu beantworten, sondern vielmehr von den Nutzungsbedingungen dieser Dienste . . . . . . weil itunes z.B. nur eine beschränkte Nutzung des Songs gestattet. Aber wie ist die rechtliche Lage? Man darf für den privaten Gebrauch Kopien von Originalen und von Nicht-Originalen anfertigen und darf diese dann auch im Freundeskreis weitergeben. Das trifft also auch auf den Song zu, den Du Deiner Freundin brennen möchtest.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Rechtsberatung mit Links: Till Kreutzer, Foto: Martin Hufner Ich bin also kein Raubkopierer, wenn ich ihr eine CD brenne? Überhaupt nicht. Erstens gibt es diesen Begriff im Urheberrecht gar nicht und zweitens ist er auch völlig schief. „Raub“ als strafrechtliche Formulierung hat immer etwas mit Gewalt zu tun, und das trifft in Deinem Fall nun absolut nicht zu. Wer ist denn dann ein Raubkopierer? Das ist ein Begriff, der von der Musikindustrie aufgebracht wurde. Damit soll beschrieben werden, dass jemand Kopien anfertigt, ohne dazu berechtigt zu sein – in Deinem Fall gibt es aber die so genannte Privatkopie-Regelung, die ermöglicht die Kopie zum privaten Gebrauch. Man darf sich beispielsweise eine CD brennen, um sie im Auto zu hören. Ich darf sie aber auch an Dritte, die mit mir verbunden sind, weitergeben. Und wie ist es, wenn ich eine Tauschbörse im Internet nutze? Auch das ist nicht per se verboten. Dabei muss man aber differenzieren: Es gibt Inhalte, die berechtigt in diese Tauschbörse hineingekommen sind. Meist wird es so dargestellt, als kursierten dort nur illegale Kopien, das stimmt aber nicht. Es gibt ja viele Künstler, die aus eigenem Entschluss Songs in eine Tauschbörse stellen, um damit ihr Publikum zu erreichen. Wenn ich mir das runter lade, ist das natürlich nicht verboten. Ich darf es sogar wieder zum Download anbieten. Auf der nächsten Seite erklärt Till Kreutzer, wie die rechtliche Lage bei Songs ist, die noch gar nicht erschienen sind. Außerdem geht es um Festplattenrekorder und mögliche Änderungen des Urheberrechts.
Was ist wenn ich schon heute einen Song runter laden kann, obwohl das Album erst im April erscheint? Man darf nach der Privatkopie-Regelung auch solche Songs runter laden, wenn sie zu privaten Zwecken genutzt werden und – ganz wichtig – wenn die Vorlage, von der ich eine Kopie erstelle, nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellt wurde. Wie kann ich das als Nutzer beurteilen? Das ist genau die Frage. Die Kopie ist nur dann verboten, wenn Du als Nutzer ganz klar erkennen kannst, dass die Aufnahme offensichtlich rechtswidrig hergestellt wurde. In der Regel kann man das als Nutzer nicht beurteilen, weil ich meistens gar nicht weiß, wie der Herstellungsprozess abgelaufen ist. In Deinem Beispiel könnte der Song ja legal als Privatkopie aus dem Radio erstellt worden sein, dann ist die Kopie also nicht rechtswidrig erstellt worden. Wie ist es, wenn ich selber Songs in eine Tauschbörse einstelle? Wenn ich Songs zum Download anbiete, an denen ich nicht die Nutzungsrechte habe, begehe ich einen Urheberrechtsverstoß. Das ist ganz klar. Technisch ist das bei Tauschbörsen unterschiedlich geregelt. Es gibt solche, bei denen man es einstellen kann, ob man Songs auch anbieten will, es gibt aber auch welche, bei denen man automatisch auch Songs anbietet, wenn man sie startet. Besteht eine Gefahr, dass ich rechtlich verfolgt werde? Theoretisch kann man dafür verfolgt werden. Es ist aber die Frage, ob das praktisch auch passiert. Es gab allerdings den Fall eines Computerspiels, in dem ein Anbieter systematisch in Tauschbörsen Rechtsverstöße ermittelt und dann eine Anwaltskanzlei beauftragt hat, massenhaft Abmahnungen zu verschicken. Wie ist es, wenn ich mit einem Festplattenrekorder aus dem Fernsehen aufnehme? Das Aufnehmen einer Fernsehsendung ist ein klassisches Beispiel für eine Privatkopie. Das gilt auch fürs Kopieren in der Bibliothek. Wenn ich mir dort ein Buch aus dem Regal nehme und es auf den Kopierer lege, ist das ja auch nicht verboten. Das mache ich ja jeden Tag. Viele Menschen nutzen auch Tauschbörsen jeden Tag . . . Die Nutzung von Tauschbörsen ist so weit verbreitet, dass selbst die Abgeordneten im Bundestag, die sich nicht fürs Internet interessieren, das Problem kennen müssten – von ihren eigenen Kindern. Denn natürlich nutzen auch Kinder von Abgeordneten Tauschbörsen oder die Kinder von Richtern und Staatsanwälten. Das ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, deshalb kann man nicht einfach sagen, das sind Kriminelle oder das ist eine Randgruppe. Trotzdem soll diese Nutzung erschwert und verboten werden. Es ist absehbar, dass mit dem so genannten zweiten Korb die Privatkopiefreiheit weiter eingeschränkt wird. Dabei sollen auch die Downloads aus Tauschbörsen verboten und Tauschbörsen so ausgetrocknet werden. Es geht darum, den Nutzer noch stärker zu verfolgen. Ist das überhaupt möglich, bei der Masse an Leuten, die Tauschbörsen nutzen? Das ist tatsächlich schwierig. Deshalb hatte die alte Bundesregierung die so genannte Bagatellklausel vorgeschlagen. Die besagt, dass jemand, der Kopien macht, die zwar einen Urheberrechtsverstoß darstellen, dies aber in nur sehr geringem Umfang, strafrechtlich nicht verfolgt wird. Diese Regelung ist aber von der neuen Regierung wieder gestrichen worden. Das ist eine sehr harte Maßnahme, weil dadurch die Nutzer von Tauschbörsen kriminalisiert werden. Zudem denke ich, dass die immer weitergehende Einschränkung von Nutzungsfreiheiten die Akzeptanz von Urheberrechten in der Bevölkerung erheblich schmälert. Die fühlen sich einfach ungerecht behandelt, sie sagen: „Wie kann es sein, dass so etwas verboten ist, das macht doch jeder.“ Das ist zwar ein schwaches Argument, aber trotzdem muss man sich das anhören. Die ganze Gesellschaft tut etwas, was rechtlich verboten werden soll. Aber das Recht sollte doch eigentlich ein Spiegel der Gesellschaft sein und nicht Dinge verbieten, die alltäglich sind. Wenn die Nutzung von Tauschbörsen verboten wäre, würden sie vielleicht nicht mehr so häufig genutzt. Ich glaube, dass Verbote wenig bringen. Wir haben in den vergangenen Jahren beobachtet, wie immer schärfere Kampagnen gestartet, wie Abmahnungen verschickt und wie immer stärker auf Abschreckungen gesetzt wurde. Ich habe aber keine Zahlen gesehen, die belegen, dass dadurch die Nutzung von Tauschbörsen signifikant zurückginge. Gibt es denn eine Alternative? Die Privatkopie-Regelung, über die wir die ganze Zeit sprechen, stammt aus den 60er und 80er Jahren. Damals kamen Tonbandgeräte und später Videorekorder auf und man hat gesagt: Es ist völlig unmöglich zu verbieten, dass die Leute sich eine Platte auflegen und die auf eine Kassette aufnehmen. Es gibt also einen Kontrollverlust, deshalb hat man sich entschieden, dieses Kopieren zu erlauben, aber gleichzeitig eine Vergütung einzuführen, über die so genannte Geräte- und Leermittelabgabe, die man bezahlt wenn man einen Brenner oder Rohlinge kauft. Das Prinzip ist also nicht neu, man könnte es auf die heutigen Verhältnisse übertragen. Es gibt Modelle, die vorschlagen, die Nutzung von Tauschbörsen rechtlich zu ermöglichen, aber mit einer Gebühr zu versehen. Denn es muss ja am Ende darum gehen, ein Modell zu finden, das die Kreativen angemessen vergütet.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Mehr über die Arbeit von Till Kreutzer unter iRights.info
Mehr zum Thema auf jetzt.de im Themenschwerpunkt Urheberrecht. Dort auch der Hinweis auf den aktuellen jetztticker: Soll man brennen?