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„Die Daten werden trotzdem weiter gespeichert“

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Am Dienstag hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung muss überarbeitet werden. Die bisher erhobenen Daten müssen gelöscht werden (hier den Kommentar von Heribert Prantl aus der Süddeutschen Zeitung lesen). Was bedeutet dies für die Nutzung von Tauschbörsen? Ist mit der Löschung der Daten die Verletzung von Urheberrechten im Internet nicht mehr zu verfolgen? jetzt.de hat bei Matthias Spielkamp vom Urheberrechts-Portal iRights.info nachgefragt:

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Wer speichert was? Die Daten, die durch diese Kabel laufen, werden auch nach dem Urteil des Verfassungsgerichts weiterhin erhoben - sieben Tage lang. jetzt.de: Muss ein Tauschbörsen-Nutzer jetzt keine Verfolgung mehr befürchten? Matthias: Mit großer Sicherheit nicht. Schon bisher konnten die Daten aus der Vorratsdatenspeicherung überhaupt nicht dafür verwendet werden, Urheberrechtsverletzungen zu verfolgen. Das ist eines der großen Diskussionsthemen in der Debatte gewesen, denn es gab immer wieder Forderungen der Musikindustrie und auch mancher Politiker, die gefordert haben, die Daten aus der Vorratsdatenspeicherung müssen auch für die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen genutzt werden. Aber im Gesetz stand, dass sie nur im Falle schwerer Straftaten eingesetzt werden dürfen und darunter fällt die Nutzung einer Tauschbörse nicht. Das heißt: Die Daten aus der Vorratsdatenspeicherung sind auch bisher nicht dafür verwendet worden, um Urheberrechtsverletzungen zu verfolgen. jetzt.de: Wenn die Daten aber da sind, besteht doch die Möglichkeit, sie auch zu nutzen ... Matthias: ... die Begehrlichkeiten gab es auch tatsächlich, und das haben auch viele mit Sorge beobachtet. Ob das wirklich so gekommen wäre, wenn die Vorratsdatenspeicherung durchgegangen wäre, darüber kann man nur spekulieren. Ich glaube, dass dafür die gesellschaftliche Akzeptanz nicht dagewesen wäre. jetzt.de: Das Verfassungsgericht hat jetzt gesagt, die gespeicherten Daten müssen gelöscht werden. Wie wird denn ein Urheberrechts-Verletzer dann ermittelt? Matthias: Das ist genau der interessante Punkt: Das passiert wie bisher, ohne dass dafür die Vorratsdaten verwendet werden. Es ist im Moment so, dass die so genannten Verkehrsdaten – also die IP-Adresse und die Nutzungsdaten – für einen Zeitraum von bis zu sieben Tagen gespeichert werden. Dass das gemacht wird, ist sehr umstritten. Die wenigen Juristen, die sich genau mit diesem Thema befassen, gehen davon aus, dass es bisher auch nicht rechtens gewesen ist, dass zum Beispiel bei jemandem, der eine Flatrate nutzt, überhaupt diese Daten erhoben werden. Wenn eine Pauschale genutzt wird, muss ja selbst für Abrechnungszwecke nicht gespeichert werden, wann gesurft wurde. Dennoch sagen die Unternehmen, sie müssten die Daten aus Sicherheitsgründen für die Dauer von bis zu einer Woche speichern. Und das machen sie auch. jetzt.de: Und auf diese Daten wird dann auch bei der Verfolgung von Urheberrechtsverletzung zugegriffen? Matthias: Die gängige Praxis ist derzeit so: Unternehmen, die von den Rechteinhabern beauftragt werden, protokollieren, von welchen IP-Adressen aus Werke im Netz angeboten werden. Anschließend gehen die zu den Internetprovidern – und das muss innerhalb dieser sieben Tage geschehen, weil keiner die Daten länger als sieben Tage speichert – und möchten dort die Identität des Nutzers ermittlen. jetzt.de: Und die Provider geben diese Informationen raus? Matthias:Wenn ein richterlicher Beschluss vorliegt. Der wird aber normalerweise gewährt. Die Gerichte haben dazu unterschiedlich entschieden, aber mehrheitlich so, dass diese Daten gespeichert und dann auch herausgegeben werden dürfen, wenn eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Aber wie gesagt: Juristen, die diese Situation untersucht haben, halten dies für nicht rechtmäßig. Sie sagen, diese Daten dürften überhaupt nicht gespeichert werden. jetzt.de: Die Bundesjustiziministerin hat jetzt angekündigt, das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung noch mal in Ruhe zu überarbeiten. Nimmst Du an, dass dabei auch dieser Punkt behandelt wird? Matthias: Ich fürchte nein. Das spielt politisch eine zu geringe Rolle. Und dummerweise wehren sich die großen Provider nicht dagegen. jetzt.de: Gilt das für alle Provider gleich oder gibt es auch welche, die keine Daten speichern? Matthias: Arcor etwa gibt an, "restriktiv" mit derartigen Anfragen umzugehen, also Daten nur zur Ermittlung schwerer Straftaten herauszugeben, nicht aber zur Ermittlung von Urheberrechtsverstößen. Ob das stimmt, kann man schlecht kontrollieren. Die Telekom sagt, sie rückt die Daten raus, wenn die richterliche Anordnung vorliegt, Telefónica teilt mit, Anfragen "entsprechend der aktuellen gesetzlichen Regelungen" zu beantworten - was das bedeutet, dazu äußert sich die Firma nicht. Es ist eine sehr unklare Situation. Mehr zum Thema auf jetzt.de: Im Schwerpunkt Urheberrecht sowie in der Technik-Kolumne geht_das?, in der iRights-Redakteure genau diese Frage beantwortet haben.

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