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Und jetzt? alcofribas schreibt über "Kohls Fuß"
". . . und jetzt?" denke ich, als jetzt.de mich bittet, diese Kolumne zu eröffnen. Jetzt frage ich mich, was mich als Blogger oder Kolumnisten qualifizieren könnte. Weder pflege ich, tiefschürfende Gespräche mit meinen Haushaltsgeräten zu führen, noch verbreite ich meine Weisheiten zum Lauf der Welt aus Loha-Wohnküchen. Das, was ich Arbeit nenne, ist es auch, nämlich eine klassische lohnabhängige Beschäftigung mit Kollegen, Kantine und Betriebsrat. Mein einziger Follower auf Twitter bin ich selbst, meine Ansichten über das Fernsehprogramm weine ich still ins Sofakissen und nicht ins Feuilleton. Wenn ich sachliche Fehler in überregionalen Tageszeitungen entdecke, schreibe ich höchstens einen Leserbrief, den ich nicht abschicke und meine Kochrezepte behalte ich für mich.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Spärlich sind die Posten auf der Pro-Seite: Ich verfüge über einen Internetanschluß, ein hübsch designtes Stück Rechner in weiß und einen schillernden Wortschatz. Ich lebe in einem als blogfähig erkannten Viertel meiner Stadt, verliebe mich ab und zu und benutze viele Konsumprodukte, deren Verpackung und Geschmack Anlass zu Kontroverse geben. Ich habe eine politische Meinung, die ich mich nicht scheue mitzuteilen und mag Bücher, Filme und Musik, könnte rezensieren bis keine Sterne mehr übrig sind. Was tue ich stattdessen? Ich schreibe über Schönes und Tragisches, manchmal über Belangloses, über die Party von gestern und das Date von morgen - nicht, um die neue Oasis-Platte zu verreißen oder meinen Lieblingsitaliener bekannt zu machen. "Was nun, Herr soundso?" ist ein Format im ZDF, das wichtige Menschen zu wichtigen Dingen befragt. Bloggen in seiner Urform, bevor die Kanzlerin einen Videoblog hatte, hieß: eher normale Menschen erzählen von eher normalen Dingen. Ich gebe es zu: Ich bin bei "erzähl doch mal was" ganz schlecht. Meistens lande ich dann bei meinen Klassikern, zu denen "mein Vater war mit Elvis im Manöver", und "Helmut Kohl ist mir mal über den Fuß gefahren" zählen. Spannend geht anders. "Und jetzt?" ist zu Jahresanfang eine legitime Frage, man könnte Vorsätze fassen, sich neu sortieren, 2008 zu den Akten legen und einen neuen Ordner 2009 anlegen. Allerdings ist 2008 für mich noch nicht vorbei und 2009 scheint unspektakulär zu werden. 2008 fragte mich zweimal ". . . und jetzt?" und die Antwort war einmal schmerzhaft und einmal bequem. Und jetzt leiste ich mir den Luxus keines "und jetzt?". Der Autor schreibt unter alcofribas. Du hast einen Vorschlag für diese Rubrik? Schick eine Mail an undjetzt@jetzt.de.