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Marc-Uwe Kling beim „Fridays for Future“-Sommerkongress
Er habe neulich ein Buch von einem schwulen Veganer mit jüdischen Wurzeln gelesen, erzählt Marc-Uwe Kling dem Känguru. Und da habe dringestanden, dass Nationalisten den Klimawandel leugnen, weil der Nationalismus an der Klimakrise versagt. Denn die sei eben ein globales Problem. „Und was bringt uns diese Erkenntnis jetzt?“, fragt das Känguru. „Stell doch nicht immer so deprimierende Fragen!“, sagt Marc-Uwe.
Für diese Worte bekommt der Autor Marc-Uwe Kling zwar keinen Applaus vom Känguru, der Figur aus seinen Kurzgeschichten, dafür aber von den etwa 500 Menschen vor der Bühne im Revierpark Wischlingen in Dortmund. Denn die wollen sich von Verschwörungstheoretikern, zögerlichen Politiker*innen und der Klimakrise auch nicht deprimieren lassen, sondern etwas bewegen und verändern.
In Marc-Uwe Klings „Känguru-Chroniken“ geht es auch immer wieder ums Klima.
Dem Känguru würde es gefallen zu wissen, dass Menschen Fahnen mit seinem Konterfei schwenken.
Nach Tagen voller Diskussionen darf man sich beim FfF-Kongress auch einfach mal einig sein.
Beim Sommerkongress von „Fridays for Future“ haben sich hier in den vergangenen fünf Tagen 1400 junge Menschen in mehr als 140 Workshops über Nachhaltigkeit, erneuerbare Energien oder Meereis-Messdaten ausgetauscht, sich in Vernetzungstreffen kennengelernt, bei Podiumsdiskussionen debattiert und gemeinsam demonstriert. Zum Abschluss gab es am Sonntagmittag bei strahlendem Sonnenschein noch ein Bühnenprogramm. Marc-Uwe Kling trat als „Special Guest“ auf.
Nebenbei teilt Kling gegen Markus Söder, Lobbyisten und Banker aus, das Publikum jubelt
Der trug dann natürlich Geschichten mit dem berühmten kommunistischen Känguru vor, das mit ihm in einer Berliner WG lebt. Auch seinen bekanntesten Text zum Thema Klimakrise, in dem folgende Zukunftsvision vorkommt: „Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun. Aber wenn wir dann in 50 Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und es gar keine Klimaerwärmung gibt, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass man selbst in den Städten die Luft wieder atmen kann, dass die Flüsse nicht mehr giftig sind, dass Autos weder Krach machen noch stinken und dass wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Ölvorkommen.“ „Wie fänden wir das?“, ruft jemand laut vor der Bühne. „Spitze!“, rufen die anderen.
In einer weiteren Geschichte denken Marc-Uwe und sein Beuteltier über ein „Problem-Quartett“ nach, bei dem die Klimakrisen-Karte immer gewinnt, oder über eine Kampagne namens „Schenk mir deine Stimme“, die dazu aufrufen soll, dass Großeltern ihren minderjährigen Enkeln zu Weihnachten ihre Wahlstimme schenken – damit die Jugend darüber entscheiden kann, wie die Zukunft aussieht. Nebenbei teilt Kling gegen Markus Söder, Lobbyisten und Banker aus, das Publikum jubelt. Natürlich haben sie hier nur gemeinsame Feinde, natürlich sind sich alle einig – aber beim Finale des Kongresses soll ja auch nicht mehr diskutiert werden. Das haben die Jugendlichen in den vergangenen Tagen schon genug getan, untereinander, mit Wissenschaftlern oder auch mit Christoph M. Schmidt, dem Vorsitzenden der Wirtschaftsweisen, bei einer Podiumsdiskussion zur CO2-Bepreisung. Jetzt geht es der Bewegung darum, sich selbst und was sie in den vergangenen Monaten auf die Beine gestellt hat einfach noch mal zu feiern.
Was Marc-Uwe Kling besonders aufgefallen ist: „Es gab viel politischen Zwischenapplaus“
„Ich finde toll, was ihr macht, sonst wäre ich ja nicht hier“, sagt Kling mit seiner lakonischen Art auf der Bühne. „Aber ihr müsst natürlich weitermachen, denn nur, weil jetzt das Bewusstsein da ist, heißt das ja noch nicht, dass was passiert wäre.“ Die Zuschauer jubeln, einige schwenken Flaggen mit einem roten Stern und einer schwarzen Känguru-Silhouette darauf. Anschließend gibt Kling an der Bühne noch Autogramme. Eigentlich macht er das so gut wie nie. „Aber heute habe ich mal eine Ausnahme gemacht“, sagt er im Backstage-Bereich. Was ihm besonders aufgefallen ist: „Es gab viel politischen Zwischenapplaus.“
Das verwundert nicht, immerhin haben die Teilnehmer gerade tagelang über Klimapolitik diskutiert. Und damit werden sie auch so schnell nicht aufhören: Am Montag beginnt in Lausanne eine ebenfalls fünftägige europäische „Fridays for Future“-Konferenz mit mehr als 450 Teilnehmer*innen aus 37 Ländern. Nach den Sommerferien werden die Jugendlichen weiter streiken, sich aber auch darüber hinaus in die Debatte einbringen und zum Beispiel verstärkt das Gespräch mit Bundes- und Landtagsabgeordneten suchen. Vom 20. bis zum 27. September, parallel zur nächsten Tagung des deutschen Klimakabinetts und zum UNO-Klimagipfel in New York, ist eine große internationale Protestwoche geplant. Das Känguru würde sicher mitmachen.