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Klimatagebücher: Wie die Klimakrise sich auf das Leben in Uganda auswirkt
Die Auswirkungen der Klimakrise bedrohen die Lebensgrundlage von Menschen weltweit. An manchen Orten sind die Folgen schon heute besonders zu spüren. In den Klimatagebüchern berichten Menschen davon, wie sich das Leben in ihren Regionen durch die Klimakrise verändert.
In der ersten Folge erzählt Ivan Rwomukitoma, 30, aus Kampala, der Hauptstadt Ugandas, wie sich Erdrutsche, Überflutungen und Dürren auf die Menschen in seiner Heimat auswirken und wie er versucht zu helfen. Zusammen mit Freund:innen hat Ivan die Hilfsorganisation „Abayuuti Climate Action Network“ gegründet. Mit ihrer Arbeit unterstützen sie betroffene Familien und klären über die Klimakrise auf.
„In Uganda gab es schon immer Überflutungen. Aber durch die Klimakrise kommen Naturkatastrophen wie Erdrutsche häufiger vor. Und sie sind viel stärker als früher. In Kasese, einer Region in Westuganda, habe ich die Ausmaße der Erdrutsche mit eigenen Augen gesehen. Im September vergangenen Jahres gab es dort massive Überflutungen, mindestens 16 Menschen sind dabei gestorben. Ich war dort und habe beim Wiederaufbau geholfen. Es war schrecklich, all diese Zerstörung zu sehen. Die Erdrutsche gehen auf starke Regenfälle zurück, aber nicht nur. Dieses Mal gab es vorher eine lange Dürre und die trockenen Böden konnten das viele Wasser nicht aufnehmen. Auch in anderen Teilen des Landes herrscht Dürre. In Karamoja im Nordosten Ugandas vertrocknen die Felder und damit auch die Ernten. Die Menschen dort leiden Hunger.
Was die Überflutungen in Kasese anbelangt, spielt zusätzlich der Bergbau eine Rolle: Ausländische Firmen bauen Kupfer und Kobalt ab, wodurch die Flüsse versanden. Wenn es stark regnet, treten sie deswegen schneller übers Ufer, teils kommt es zu Sturzfluten. Ganze Dörfer werden von Erdrutschen und Überflutungen einfach weggespült. Die betroffenen Familien müssen wieder bei null anfangen, sie leben momentan unter desaströsen Bedingungen in Camps für Binnenvertriebene, also Menschen, die im eigenen Land flüchten mussten. Viele bauen ihre neuen „Häuser“ aus allem, was sie finden: Lumpen, Holz, Planen und Plastikstücken. In viele dieser Häuser regnet es hinein.
Hier kommen wir mit unserer NGO Abayuuti ins Spiel. Der ugandische Staat kann von der Klimakrise betroffene Communities nicht unterstützen, weil die Armut steigt und die Regierung nicht hinterherkommt. Deshalb machen wir das. Bisher finanzieren wir alles über Spenden. Niemand von uns in der NGO wird für diese Arbeit bezahlt, wir haben alle andere Jobs. Wir helfen betroffenen Familien mit dem Nötigsten, mit Essen, Moskitonetzen und manchmal mit Medizin. Aber wir haben auch langfristige Projekte: In einem der Klimaflüchtlingscamps haben wir eine Schule gebaut. Dort erhalten Kinder kostenlose Bildung. Außerdem unterstützen wir Familien dabei, durch Nähprojekte, die Herstellung von Seife oder den Anbau von Lebensmitteln ein Einkommen zu erwirtschaften. Dafür haben wir eigens Land gepachtet und mit lokalem Wissen die beste Pflanzzeit erörtert; im Februar gibt es die erste Ernte. Das Projekt soll die Gemeinschaft stärken: Die Menschen arbeiten, ernten und verdienen gemeinsam.
Zu sehen, wie die Menschen leben müssen, die von der Klimakrise betroffen sind, hat mich schockiert. In Uganda gibt es viele sehr arme Menschen – für sie ist es einfach nicht möglich, sich an den Klimawandel anzupassen. Und es sind nicht nur die direkten Auswirkungen der Klimakrise, die den Menschen zusetzen: Mehr als ein Drittel aller Ugander:innen leidet unter psychischen Problemen. Ich bin mir sehr sicher, dass ein großer Teil davon auf die Klimakrise zurückzuführen ist, auch wenn es dafür keine Statistik gibt. Eine der Mütter, die wir unterstützen, hat ihr ganzes Leben hart gearbeitet, um ein Haus für sich und ihre zwölf Kinder zu bauen. Dieses Haus wurde von einer Flut einfach weggeschwemmt. Heute ist die Frau depressiv. Aber viele Menschen wissen nicht einmal, dass sie Probleme mit ihrer mentalen Gesundheit haben, weil wir in unserer Sprache Luganda kein Wort dafür haben. Deswegen machen wir Workshops, in denen wir die Symptome erklären. Viele teilen danach mit uns, was in ihnen vorgeht. Es motiviert mich, wenn mich eine Familie anruft und sagt: ‚Ivan, ihr habt uns so geholfen‘ – Das macht alle Anstrengungen wett.
Damit die Klimakrise nicht nur ein Wort bleibt, muss die ugandische Regierung ein Bewusstsein dafür entwickeln. Expert:innen sollten unsere Politiker:innen über die Hintergründe aufklären. Außerdem müssen Frühwarnsysteme für Naturkatastrophen eingerichtet werden, damit gefährdete Gebiete rechtzeitig evakuiert werden können. Oft passieren diese Katastrophen, ohne dass die Regierung vorbereitet ist. Für die schon heute betroffenen Menschen brauchen wir landesweit Evakuierungspunkte, Notversorgungen und dauerhafte Unterbringungen für Vertriebene.“
Mehr Informationen zu den Auswirkungen der Klimakrise auf Uganda:
Uganda liegt in Ostafrika und ist seit Jahren von den Folgen der Klimakrise betroffen: Im Osten des Landes kommt es häufiger zu Überflutungen und Erdrutschen, im Norden des Landes treten lange Dürreperioden auf. Da etwa zwei Drittel der ugandischen Bevölkerung von Landwirtschaft lebt, gefährden Naturkatsstrophen Ernte und Einkommen vieler Menschen. Laut Weltbank waren zwischen 2004 und 2013 mehr als zwei Millionen Menschen von Dürren betroffen. Allein 2010 und 2011 verursachten Dürren einen Schaden von 1,2 Milliarden Dollar – das entspricht 7,5 Prozent des damaligen Bruttoinlandsproduktes. Außerdem erlebten der UNO zufolge 2019 mehr als 300 000 Ugander:innen Überflutungen und Erdrutsche, etwa 65 000 Menschen mussten fliehen. Uganda macht mit 47 Millionen Menschen 0,5 Prozent der Weltbevölkerung aus, ist allerdings nur für 0,1 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Aufgrund finanzieller und gesellschaftlicher Schwierigkeiten, die auch auf die Kolonialzeit zurückgehen, schafft das Land es nicht, sich ausreichend an die Klimakrise anzupassen.