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Willkommen im Billigstudium
Angestrichen:
We tailor our timetables to allow you to hold down a job and study or to combine study with domestic responsibilities or other lifestyle choices.
Wo steht das?
Auf der Website des Coventry University College, einer neuen Ausgründung der Universität von Coventry in Großbritannien.
Was ist an dem Satz so besonders?
Er beschreibt vielleicht den Anfang einer großen Veränderung, mindestens im britischen Hochschulsystem. Die britische Regierung spart seit diesem Jahr an der Hochschulfinanzierung. Die meisten Hochschulen verlangen nun gut 9000 Pfund Studiengebühren im Jahr. Das ist ein erheblicher Haufen Geld, viele fürchten, die Summe schrecke potentielle Studenten ab. Die Unichefs denken deshalb über Reformen, überhaupt über ein neues Studium nach. Denn wer sagt, dass zu einem Studium zwangsläufig auch das zugehörige Studentenleben, ein Umzug und ein Vollzeitaufenthalt an der Hochschule gehören?
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Die Universität Coventry hat nun ein College ausgegründet, das Coventry University College. Die Unterzeile auf der Website deutet bereits an, was dort anders werden soll: „Life-shaped learning“ steht im Stundenplan. Wer das College besucht, um dort Wirtschaft, Recht, Marketing, Tourismus oder ein anderes wirtschaftsorientiertes Fach zu studieren, soll seinen Nebenjob nicht aufgeben müssen. Im Gegenteil. Während zum Beispiel in Deutschland der Nebenjob irgendwie um die Vorlesungen herum organisiert werden muss, geht man am College den anderen Weg: Die Universität steht den Studenten von sieben Uhr morgens bis zehn Uhr abends offen. Außerdem auch Samstag und Sonntag bis 16 Uhr. Auf der Website ist von Intensivkursen die Rede. Der Aufenthalt an der Universität soll nur fürs Lernen genutzt werden, für nichts anderes.
Einerseits wollen die Verantwortlichen auf diese Weise die vorhandenen Kapazitäten besser auslasten. Andererseits soll das Studieren billiger werden. Die britische Zeitung „The Guardian“ schrieb im Herbst vergangenen Jahres, als die Idee vorgestellt wurde, von einem Billigstudium ähnlich dem Angebot von Billigfluglinien, die im Flugzeug auf kostenloses Essen oder schon vorher auf kostenlose Gepäckmitnahme verzichten. Wer am Coventry University College studiert, zahlt 4800 Pfund statt 8666 Pfund Gebühren. Für dieses Geld dürfen die Studenten zwar zu nahezu jeder Zeit zum Lernen vorbeikommen, allerdings bleiben ihnen bestimmte Uni-Einrichtungen verschlossen: „It is an offshoot of Coventry University, but students at the new institution will not have access to the university's library, IT or sporting facilities“ berichtet der Guardian. Wer weniger bezahlt, bekommt auch weniger vom Unileben mit. Wie das Angebot angenommen wird, muss sich noch rausstellen. Der Studienbetrieb wird im Herbst aufgenommen.
Text: peter-wagner - Foto: dpa