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Vorpubertär verliebt und zum Heulen unrealistisch
Angestrichen: „Ich finde auch: Männer sollten nicht so verknotet sitzen. Sondern mit beiden Füßen auf dem Boden, damit jeder gleich weiß, dass sie nichts umhauen kann. Das Gefühl braucht man einfach als Frau, sagt Mama. Darum hat sie sich schon vor meiner Geburt von Papa getrennt. Den hat nämlich ständig irgendwas umgehauen. Zum Beispiel, dass Mama mit mir schwanger war. Ich weiß sogar, dass er ihr geraten hat, mich abtreiben zu lassen. Wahrscheinlich bin ich deswegen so schlecht in Mathe, sagt Oma Inge.“
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Wo steht das denn? In „Mira schwer verliebt“, dem neuen Jugendbuch von Alexa Henning von Lange. Mira ist vielleicht elf oder zwölf Jahre alt, will unbedingt einen eigenen Haflinger und hat sich in Moritz verkuckt, ihren Mitschüler, der für Mira der tollste Junge der Welt ist oder eben „mega-sweet“, in Miras Worten. Auf dem Weg zum ersehnten ersten Kuss auf Moritz’ Mund liegt aber ein Stolperstein: Mira wird in der Klasse gemobbt. Auf einer Skala von eins (Mitschüler klaut einem den Lieblingsbleistift und gibt ihn erst nach einer Woche zurück) bis zehn (Mitschüler legt einem eine tote Ratte in den Ranzen) liegt das Mira-Mobbing bei vier: Ihre Tasche landet erst im Matsch und dann auf dem Baum, Steffen und Jonas bewerfen ihr T-Shirt mit aufgeschnittenen Tintenpatrone. Nicht total fies, aber schon ein bisschen nervig. Mira hat Angst, dass Moritz sie doof findet, weil er mit Jonas und Steffen befreundet ist. Zum Glück gibt’s ihren Stiefvater Jan, der den „Würstchen“ zeigen will, „wo der Hammer hängt“ und Miras Freundin Astrid, die, wenn Mira von den Jungs aus der Klasse geärgert wird, schon mal ausholt und den Jungs ihre Faust ins Gesicht donnert. Neben der Mira-liebt-Moritz-aber-Moritz-liebt-Mia-nur-vielleicht-Problematik, die in mindestens zwei Klischees pro Kapitel beschrieben wird, finden sich in dem Buch nicht weniger klischeehafte Beobachtungen zur Gesellschaft. Die Lehrer sind überfordert: Vertretungslehrer Herr Busch bittet und brüllt und trotzdem wird die Klasse nicht leiser. Der Leistungsdruck für Schulkinder ist hoch: Mira kennt ihren Notenspiegel genau und hat Angst, auf der Sonderschule zu landen oder zumindest eine Ehrenrunde zu drehen, wenn ihre Leistungen sich nicht verbessern. Und Kinder haben mindestens zwei Väter und einen Halbbruder oder eine Halbschwester. Bei dem Versuch, das Leben eines Mädchen zu schildern, das kurz vor der Pubertät steht, hat Alex Henning von Lange ordentlich in die "Rosa-Tüllhimmel-überm-Bett-und-Pferdeposter-an-der-Wand"-Kiste gelangt: In Miras Welt gibt es weder einen mp3-Player noch einen i-pod noch eine Playstation. Nicht mal ein antiquierter grauer Nintendo liegt unter ihrem Bett. Wenn abends der Fernseher läuft, dann flimmert Pferdespringen über die Mattscheibe und Astrid und Mira glotzen mit offenem Mund, als hätten sie noch nie ferngesehen. Zum Schluss, klar, bekommt Mira selbstredend den Haflinger plus Moritz. Das ist zwar zum rosa Wölkchen Seufzen schön, aber auch zum Heulen unrealistisch. Deswegen sollte man von „Mira schwer verliebt“ nicht erwarten, dass mit Sprachwitz direkt aus dem Leben einer Jugendlichen berichtet wird. Aber kleine Mädchen, die auf Haflinger reiten, werden es sicher mögen. Steht im Bücherregal zwischen: „Mit Jakob wurde alles anders“ von Kirsten Boie und „Die wilden Hühner“ von Cornelia Funke. Mira schwer verliebt von Alexa Henning von Lange, 126 Seiten, ist im Rowohlt Verlag erschienen und kostet 12, 90 Euro. Cover: Rowohlt Verlag