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Rundumschlag mit Sex und Drogen: Das AbiBuch für Besserwisser

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Angestrichen: „In solcher Atmosphäre eignet sich der Ästhet das Wissen der Welt an. Er ist ein empfindsamer, einsamer Wolf. Er kann mit einem Buch allein sein. Manchmal hilft ihm ein Schlückchen Alkohol dabei. Letztes Jahr war es noch billiger Rotwein, heute, als volljähriger Abiturient, darf es durchaus etwas edler sein. Ein goldbrauner Cognac in einem runden Glas, ein winziger Schluck und die Gedanken fließen.“ Wo steht das denn: In „Das AbiBuch für Besserwisser“ des Booklett-Verlages, das als besonders gutgelaunte Hilfe für Abiturienten daherkommt und auch eine gezielt peppige Homepage hat. Weil das von den Schwestern Franziska und Nikola Richter herausgegebene Buch mehr können will, als nur diese Zielgruppe zu bedienen, und weil sich die Investition von 16,90 Euro noch bei anderen Gelegenheiten lohnen soll, lautet der Untertitel: „Wie man das Abitur und andere Endspiele gewinnt“. Der Besserwisser macht das scheinbar durch Einsatz von Alkohol und Sex – zumindest, wenn man dem Lerntyp „Ästhet“ angehört. Auf Seite 27 geht es dann richtig in die Vollen, wenn der/die Autor/in sich gegen solchen „Kindergarten“ wie Baldrian ausspricht und statt dessen postuliert: „Chemie hin oder her, wenn’s was bringen soll, darf man nicht feige sein. (...) Habe da was von Ephedrin gehört, das soll einen umhauen.“ Okay, man muss Abiturienten beim Stichwort „Gefährliche Substanzen“ nicht für unbedarft halten – aber die ironische Note solcher Sprüche wird vielleicht nicht von jedem juvenilen Leser aufgedeckt. Zwiespältig. In dem entspannten Handbuch für Prüfungs-Verzweifelte findet sich für jeden was, vom Beitrag „In den Lehrer verlieben“ bis „Abi mit Kind“. Neben diesen interessanten Erfahrungsberichten stehen allerdings wenig stichhaltige Hinweise á la „Pro Füller“ und „Pro Kuli“. Da die insgesamt sieben Autoren altersmäßig von Ende Zwanzig bis Ende Dreißig rangieren (Die Jüngste hat Abi 99), waren sie sich in Sachen aktueller Schülersprache wohl etwas unsicher: Die Wortwahl kommt in ihrer geballten Jugendlichkeit nicht immer überzeugend rüber. „Leute, hier kommt der Stundenplan. Glaubt es oder glaubt es nicht, so ein Stundeplan ist gar nicht doof.“ Aus dem Zusammenhang genommen, wirken die Sätze wirklich seltsam: „Man muss ja nicht immer konsequent sein, Konsequenz ist was für Masochisten, das sind Leute, die harte Brötchen essen.“ Aha! Schön: Ab Seite 130 befasst sich das ganze letzte Drittel des Buches mit dem Hinterher: Feiern, Freunde behalten, Studienwahl... wofür sich die Qual gelohnt haben wird. Fazit: Eine Menge aufgebauschtes Geplauder, in dem man sich nicht unbedingt wiederfindet und das in fünf Jahren vermutlich so deplaziert out ist wie heute eine BRAVO aus den Neunzigern. Und trotzdem empfehle ich das vielseitige Werk, denn zur Abivor- und Nachbereitung gibt es schon zu viele knochentrockene Ratgeber, die alles nur noch schlimmer machen. Das AbiBuch trägt tatsächlich dazu bei, sich ein wenig locker zu machen. Sei es nur, weil es beweist, dass es Überlebende gibt, die das Zehnfingersystem beherrschen. Steht wo: Steht nicht, liegt. Auf dem Schreibtisch und als Tröster neben dem Bett, bis DAS SCHRECKLICHE endlich vorbei ist. Das AbiBuch für Besserwisser. Wie man das Abitur und andere Endspiele gewinnt. Herausgegeben von Franziska und Nikola Richter, Illustriert von Sarah Heiß. 192 Seiten, laminierter Pappband, € 16,90 ISBN 978-3-940153-05-0. Booklett Verlag, Berlin 2007

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