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Lauter stillende Mütter

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Angestrichen:
"On some occasions, breastfeeding photos contain nudity, for example an exposed breast that is not being used for feeding, and therefore violate our terms."

Wo steht das:
In einem Artikel auf Chron, der Webseite des Houston Chronicle, über die weltweiten „Facebook Nurse-Ins". Das Zitat stammt aus einem Facebook-Pressestatement zu der Frage, warum Bilder stillender Frauen auf Facebook gelöscht werden.

Und was soll das Ganze?
Im Mittelpunkt dieser Debatte stehen Mütter, die ihre Kinder gerne in allen Lebenslagen online präsentieren und dabei auch nicht auf Fotos verzichten, auf denen sie dem Säugling die Brust geben. Facebook sieht solche Bilder nicht so gerne, denn zu viel nackte Haut verstoße gegen die Bestimmungen des Netzwerks. Die von Löschungen betroffenen Mütter fühlen sich diskriminiert, sie sind der Meinung, es sei ihr gutes Recht, „Breastfeeding"-Bilder zu veröffentlichen und das Netzwerk lösche zu rigoros. Darum haben sie sich zusammengeschlossen und zunächst eine Gruppe namens „Hey Facebook, breastfeeding is not obscene!" gegründet, die mittlerweile über 5100 Mitglieder hat – und in der es über 5700 Fotos zu sehen gibt. Außerdem haben sie zu weltweiten Demonstrationen vor Facebook-Büros gegen das Stillfoto-Verbot aufgerufen.

Diesem Aufruf wurde rege Folge geleistet: Im Silicon Valley, in New York, Toronto, London, Paris, Amsterdam, Singapur und Sydney, um nur einige Orte zu nennen, versammelten sich Frauen (und ein paar Männer) samt Kindern auf Armen, in Wagen und in Tragetüchern vor Facebook-Vertretungen zu sogenannten „Nurse-Ins". Auf einer Webseite, die eine besonders online-affine Mutter ihrem „Little Prince" gewidmet hat, kann man einen Bericht über die Demo in Austin lesen (der damit beginnt, wie sich die Abfahrt wegen einer vollen Windel verzögert).

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Ein Foto des "Austin Facebook Nurse-ins"

Die Aufregung und Empörung einer Vollblut-Mutter, wenn das ihr heilige Stillen als obszön abgestempelt wird, kann man noch nachvollziehen. Und auch die Wut über Facebooks strenge Regulierungen und Löschungen, teilweise sogar Sperrungen einzelner Profile, ist verständlich. Wirklich strittig an der ganzen Sache ist wohl eher der erste Schritt, durch den es überhaupt so weit gekommen ist: Das massenweise Veröffentlichen von Baby-Fotos und Momente-mit-dem-Baby-Fotos in sozialen Netzwerken. In einem zweiten Text reagiert die „Little Prince"-Autorin auf die vielen Kommentare, in denen man sie fragte: "Why is it so important for you to post these pictures of such an intimate moment?" Ausführlich und bebildert erklärt sie, warum das Stillen für sie kein intimer, sondern ein alltäglicher Mutter-Kind-Moment sei, den sie mit Freunden und Familie teilen wolle wie alle anderen dieser Momente auch. Im Chron-Artikel werden ebenfalls Demonstrantinnen zitiert, die die Fotos verteidigen und dabei teilweise etwas über die Stränge schlagen. Das Verbot stigmatisiere das Stillen und führe eventuell dazu, dass mehr Frauen zu Ersatznahrung greifen: "You might have a woman who is insecure in her breast-feeding post a picture, have it get removed and the next day she goes out and buys a can of formula."

Facebook hat eingeräumt, dass man Fehler mache und hin und wieder Bilder lösche, die nicht gegen die Richtlinien verstoßen. Sei das der Fall, versuche man, diesen Fehler schnell zu beheben – inklusive Entschuldigung bei der betroffenen Mutter. Den Frauen reicht das aber nicht. Sie wollen, dass überhaupt nicht mehr gelöscht wird, denn, so findet die "Little Prince"-Autorin: "...breasts are sexual, but they are also used for feeding babies, which is their primary function."

Text: nadja-schlueter - Fotos: Screenshot (Ausschnitt; dragonandrose.net)

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