Die Tageszeitung "Die Welt" labelt Menschen, die nicht erwachsen werden wollen mit dem Titel "Kidults". Gut so?
stefan-winter
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Angestrichen:
Erwachsensein ist heute gleichzusetzen mit einer permanenten Überforderung. Wer Erfolg haben will, muss flexibel sein, ständig funktionieren. Kurzzeitverträge verhindern, sesshaft zu werden. Die Suche nach etwas Neuem lässt uns rastlos werden und irgendwann vergessen, wonach genau wir eigentlich suchen. In den kurzen Momenten des Innehaltens sehnt man sich dann nach dem Vertrauten. Das Schwelgen in nostalgischen Erinnerungen ist ein Schutzmantel für unsere Stimmung.
Wo steht das denn?
In einem Text der Tageszeitung Die Welt, die sich mit der Generation der 20- bis 40-Jährigen befasst und festgestellt hat, dass es für die "völlig normal" sei, "ab und zu auch in kindlichen Welten abzutauchen". Außerdem, so möchte man in Anlehnung an einen ähnlichen Kommentar aus dem letzten Jahr ergänzen, scheint es für diese Generation normal zu sein, die Grünen zu wählen. Denn diese Partei weigere sich ebenfalls, erwachsen zu werden.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Illustration: Julia Schubert
Kidults andersrum: Das hier sind Kinder-Models auf der italienischen Kindermode-Messe Pitti Immagine Bimbo, die sich kleiden wie Erwachsene. (Foto: ddp)
Wie bei allen Trends empfiehlt sich auch hier große Vorsicht. Basiert die Beschreibung nicht einzig auf der Beobachtung eines jungen Medienmilieus aus Berlin, wo Menschen sich an gemeinsamen Kindheitserinnerungen erfreuen? Gibt es Kidults auch auf dem Dorf, wo man wie schon immer mit Mitte 20 heiratet, Kinder kriegt und gar keine Zeit für kindliche Welten hat? In jedem Fall werden sich die Macher der Zeitschrift Neon freuen, dass die Welt sie nach einer halben Ewigkeit auch entdeckt hat und für den Beweis eines Trends heranzieht.