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Kafka auf der Schwelle

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Wo steht das denn? In „Auf der Schwelle zum Glück“, der neuen Kafka-Biografie von Alois Prinz. Man merkt, dass diese Frage den Autor umtreibt: „Ich stelle mir oft vor, ich hätte zu dieser Zeit in Prag gelebt und Kafka gekannt (…) Wäre ich darauf gekommen, dass die Texte, die er abends, nach seinen Bürostunden in seine Schulhefte schrieb, einen besonderen Wert haben, gar Weltliteratur sind?“, fragt Prinz im Prolog.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Auf dem Umschlag sieht man die Umrisse von Prag. Auf dem Kreuzherrn-Platz steht dort ein einsames Strichmännchen. Es sieht so aus als würde es schreien – oder singen. Und so stellt Alois Prinz Kafka vor: immer „auf der Schwelle zum Glück“, die er nie erreichen wird. Er zeigt das zerrissene Leben, das Kafka nie richtig führen konnte. Franz Kafka, der oft nur staunte über die „Festigkeit, mit der Menschen das Leben zu tragen wissen“. Dr. jur. Franz Kafka hatte einen unspektakulären Alltag. Tagsüber war er ein pflichtbewusster Beamter, aber spätabends, wenn er als einziger wach war, begann für ihn die kostbarste Zeit des Tages: Jetzt konnte Kafka schreiben. Dadurch fühlt er sich „fester“. Trotzdem ist er unzufrieden mit allem, was er bisher aufgeschrieben hat. Manchmal verbrennt er sogar die Notizen. Er hat ein Tagebuch angefangen – um sich zu zwingen jeden Tag mindestens eine Zeile zu schreiben. Aber Schreiben wird für Kafka immer auch eine Qual bleiben, er wird seine schriftstellerische Wirkung immer bewusst verhindern und ist, so schreibt er seinem Verleger, für die Rücksendung des Manuskripts immer dankbarer als für dessen Veröffentlichung. Das eindringlichste Kapitel ist „Der Patient auf Nummer 12 oder Was Liebe ist“, das von Kafkas Sterben handelt, das in kurzen und sachlichen Sätzen geschildert wird: „die Schmerzen werden immer stärker. Seine Krankheit ist in einem Stadium, in dem die Zerstörungen in der Lunge und im Kehlkopf sehr schnell voranschreiten. Kafka soll es vermeiden zu sprechen (…).“ Seine letzte Lebensgefährtin Dora Diamant soll seinen Todeskampf nicht miterleben und wird weggeschickt. Kafka aber will sie sehen. Als sie in das Zimmer kommt und Blumen an sein Bett bringt, scheint der schon bewusstlose Kafka sich aufzurichten, um an dem Strauß zu riechen. Dann, es ist der 4. Juni 1924, stirbt er, unbekannt. Zwischen die Darstellung von Kafkas Leben fügt Alois Prinz dichte Zusammenfassungen der wichtigsten Werke ein, die zum Weiterlesen anregen und der Kraft, die Kafkas Worte haben, gerecht werden: „Alle seine Werke schildern das Grauen geheimnisvoller Missverständnisse und unverschuldeter Schuld bei den Menschen“, zitiert Prinz Milena Jesenská. Und das ist der große Verdienst dieser Biografie – sie zeigt dem Leser ein Bild Kafkas, das es erleichtert, seine Bücher zu lesen. Steht zwischen: „Beruf Philosophin oder Die Liebe zur Welt“, einer weiteren Biografie von Alois Prinz, die das Leben der politischen Denkerin Hannah Arendt erzählt, und dem „Fragebogen“ von Max Frisch – elf Fragebögen, deren Beantwortung jeder selbst übernehmen muss: Hat Heimat für Sie eine Flagge? Lieben Sie jemanden? Was fehlt Ihnen zum Glück?

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