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Heiner muss nacktsitzen
Angestrichen: „Es ist halt ganz lustig, wenn man da nackt an der Theke sitzt.“ Wo steht denn das: Im Interview des Magazins „stern“ mit dem Schauspieler Heiner Lauterbach. Er sieht sich mit der Veröffentlichung seiner Autobiographie zum Nationalexperten für Swingerclubs, Bordellbesuche und „flotte Dreier“ befördert - jene drei Sexkapitel, denen trotz Fleißarbeit diverser TV-Reportagen ein Minischmuddel anhaftet. Lauterbach, der Männer-Mime, hat in seinem ledrigen Leben nichts ausgelassen und formuliert in Erinnerung an einen Swingerclub nun obigen Satz vom lustigen Thekensitzen. Damit dürfte er den gespannten Leser nicht wenig enttäuschen. Alles vermutet dieser je nach Testosteronlage hinter der Tür eines Swingerclubs, nur nicht, dass sich der Zauber eines solchen Etablissements im unbekleideten Herumsitzen an Schanktischen erschöpft. Kein Wort von eventuell anwesenden unbekleideten Damen, nicht der Hauch eines Minischmuddels, nur textilfreier Barhocker-Missbrauch – solch ödes Berichten möchte man dem Schauspieler vom Starnberger See im Affekt gern übler nehmen als seine letzten Filme. Doch wie so oft steckt auch hinter diesem Zitat mehr als nur der Wortlaut und die hier transportierte Metaebene lässt das schnelle Urteil rasch unbedacht erscheinen. In Lauterbachs Wortwahl „Es ist halt ganz lustig...“ erkennt der geschulte Leser nichts anderes als eine geläufige Ausrede, mit der sich Alkoholiker ihren Tagesablauf verklären. Als Tarnfloskel für Alkoholismus gelten in Arbeitszeugnissen ja beispielsweise auch die Worte „lustig“ (sic!) oder „fröhlich“. Wenn der Zitierte, bekennender Ex-Alkoholiker, hier das Sitzen und Trinken in Swingerclubs als „lustig“ beschreibt, darf getrost von einer selbsttrügerischen Übertreibung ausgegangen werden, die ein in Wirklichkeit recht trostloses Erlebnis in der Erinnerung aufwertet – der Wahrheitsgehalt verschwimmt jedenfalls. Vielleicht saß Lauterbach als Einziger nackt an der Theke, während seine mutmaßlichen Begleiter den Annehmlichkeiten des Betriebs nachgingen. Oder vielleicht saß der Schauspieler ja auch gar nicht in einem Swingerclub, sondern unbekleidet an einer ganz normalen Theke in Berlin-Mitte und versucht sich diesen Umstand rückblickend „lustig“ zu reden. Wie auch immer – Tragik der Sucht und Missverständnis der Umwelt gehen leider oft Hand in Hand, das belegt einmal mehr dieser Satz eines ehrlichen Sündenbärchens. Bild: ap