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Ein neues Wiki knöpft sich noch mehr Promotionen vor
Angestrichen:
Nach dem großen Erfolg des GuttenPlag-Projektes ist vielen klar: Eine erfolgreiche politische Karriere unter einem akademischen Titel fußt nicht zwangsläufig auf ehrlicher Arbeit. Karl Theodor zu Guttenberg hat eindrucksvoll gezeigt, dass der Wunsch nach einem akademischen Grad nicht immer mit korrekten wissenschaftlichen Mitteln erfüllt wird. Lasst uns daher zusammenarbeiten und erst einmal grob überprüfen, ob es sich hierbei um einen bedauerlichen Einzelfall handelt, oder ob Herr Guttenberg in trauriger Gesellschaft weilt.
Wo steht das?
Auf der Website PlagiPedia-Wiki.
„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.
Was steckt dahinter?
Auf der Website GuttenPlag konnte man vor einer Woche ein weiteres Mal verfolgen, wie Crowdsourcing funktioniert. Die Zeit und das Wissen von Vielen wurde für einen Zweck gebündelt, es ging um die Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg. Tag für Tag wuchs die Zahl der Fundstellen. Was Einzelne angefangen hatten, wurde zu einem Gemeinschaftswerk. Ein anderer sehr bekannt gewordener Fall von Crowdsourcing spielte sich vor zwei Jahren in Großbritannien ab. Viele Politiker hatten sich aus Steuergeldern Haussanierungen oder private Chauffeure finanzieren lassen. Als der Druck und das Interesse der Öffentlichkeit zu groß wurde, veröffentlichte die britische Regierung fast 460.000 Spesenabrechnungen britischer Parlamentarier aus den Jahren 2004 bis 2008. Die Zeitung „The Guardian“ stellte die Dokumente ins Internet und bat die Leser, beim Durchsuchen der vielen Seiten zu helfen. Die Redaktion wäre mit der Sichtung überfordert gewesen und viele Leser halfen gerne. Viele blätterten sich durch die Quittungen ihrer Abgeordneten und meldeten Unregelmäßigkeiten an die Redaktion. Die Aktion fand viel Anklang. Den Angaben auf der Website zufolge haben mehr als 27.000 Menschen bis heute fast die Hälfte der Dokumente gesichtet. 235.450 sind den Angaben auf der Website zufolge noch nicht angeschaut. Das Interesse am gemeinsamen Suchen und vielleicht auch am Spendenskandal scheint mit der Zeit nachgelassen zu haben. In derselben Gefahr stehen vielleicht die Gründer von PlagiPedia. Nach dem Erfolg von GuttenPlag wollen die Macher dieses neuen Wikis (die mit GuttenPlag nichts zu tun haben) nun auch die Doktorarbeiten von weiteren deutschen Politikern begutachten. Ein spannender Versuch. Am Erfolg oder am Misserfolg der neuen Seite wird man unter Umständen ablesen können, unter welchen Voraussetzungen diese Form des investigativen Crowdsourcings besonders gut funktioniert. Muss das zu bearbeitende Thema zum Beispiel besonders aktuell sein? Geht der Spaß an der vergleichenden Arbeit schneller verloren, wenn das Ergebnis nicht so relevant ist? Man wird sehen, wie viele Menschen sich mit den Promotionen von Ursula von der Leyen, Wolfgang Schäuble oder Edmund Stoiber auseinandersetzen wollen. Allein schon der Themen wegen lohnt sich ein Blick auf die Seite. Stoiber schrieb zum Beispiel über „Der Hausfriedensbruch im Licht aktueller Probleme“ und von der Leyen über „C-reaktives Protein als diagnostischer Parameter zur Erfassung eines Amnioninfektionssyndroms bei vorzeitigem Blasensprung und therapeutischem Entspannungsbad in der Geburtsvorbereitung“. Das klingt, so oder so, nach viel Arbeit.