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Die Herren Kriegsverbrecher spielen Tennis

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Angestrichen:
There are even parties. Birthdays and religious holidays are celebrated here, as they were under Tito’s brotherhood and unity. Men who allegedly exterminated on the basis of religion or ethnic group in the 1990s when they were free now sit down at the same table to celebrate each others religious festivals. 

Wo steht das?
Im Blog eines Fotografen der Agentur Reuters. Er heißt Damir Sagolj und wurde 1970 in Sarajevo geboren. Er hat die Balkankriege als Journalist erlebt und nun die Unterkunft der gefassten Kriegsverbrecher am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag besucht.  

Was hat er gesehen?

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert


Er hat gesehen, dass es den Kriegsverbrechern von einst heute sehr gut geht. Menschen wie Radovan Karadzic oder Ratko Mladic oder Ante Gotovina wurden viele Jahre lang gesucht und schließlich gefunden. Ihnen wird nun in Den Haag der Prozess gemacht, was aber nicht heißt, dass es ihnen an irgendetwas mangelt. Das jedenfalls ist die Nachricht, die der gebürtige Bosnier Salj von einer Reise mitgebracht hat, die er angeblich als Erster machen durfte: Er hat die Unterkünfte der Kriegsverbrecher besucht. Um die 40 sind es. Sie spielen Tennis und Basketball, sie haben einen Fitnessraum, sie feiern miteinander. Selbst einst verfeindete Männer prosten dort in der Gefangenschaft einander zu. Sie lassen sich Essen aus Balkanshops liefern, sie schauen auf Flatscreens heimische Fernsehsender und spielen Tischtennis.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Salj scheint seine eigenen Bilder nicht fassen zu können. Man kann das aus den kleinen Kommentaren lesen, die er im Blog den Aufnahmen beifügt. „My weekend at the “Hague Hilton”“ nennt er den Eintrag, weil es gar so lieblich zugeht im Gefängnis, das eher wirkt wie ein stinknormales Mietshaus. Salj erinnert sich an den Krieg, den er in Teilen als Journalist erlebt hat. Er schreibt von den Massengräbern und den Kriegsverbrechen und bekommt die Bilder aus Den Haag nicht mit seinen Erlebnissen aus den Neunziger Jahren zusammen. Über allem scheint nur eine Frage zu stehen: Darf so die Gerechtigkeit aussehen, die man den Opfern dieser Männer schuldet?



Text: yvonne-gamringer - Fotos: Damir Saloj

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