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Das Auto ist tot

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Den klassischen Individualverkehr mit dem Auto wird es 2050 demnach nicht mehr geben, die Bewohner der Stadt bewegen sich mit Bahnen, auf dem Rad oder zu Fuß fort. Über die Straßen fahren kaum noch Autos – dann allerdings nur elektrisch und nach dem Carsharing-Prinzip, bei dem sich die Nutzer die Autos teilen.

Wer sagt das?
Stephan Rammler, Leiter des Instituts Transportation Design in Braunschweig

Wo steht das denn?
In einem Text aus dem Berliner Tagesspiegel. Er trägt den Titel „Das Auto ist in Berlin vom Aussterben bedroht.“

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert



Worum geht’s?
Um den Verkehr der Zukunft. Ein Thema, das seit Jahren auf der ganzen Welt diskutiert wird. Seit 2007 leben mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Die Metropolen liegen unter Smog, die Straßen verstopfen – in São Paulo fliegen die Reichen schon in Hubschrauber-Taxen zur Arbeit. Gleichzeitig drohen Klimawandel und Ressourcenknappheit.

Seit vergangenen Herbst wird auch in Berlin wieder verschärft über den Verkehr der Zukunft diskutiert. Auslöser der Debatte war eine Verkehrsentwicklungsprognose der Berliner Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer. Demnach wird in Berlin in Zukunft mehr in die Pedale als auf das Gaspedal gedrückt. Schon jetzt strampeln täglich bis zu einer halben Million Radfahrer durch die Stadt. Bis 2025 sollen es noch einmal fast 50 Prozent mehr werden.

Das hätte zur Folge, dass sich auch das Stadtbild deutlich verändert. Radwege allüberall, den Autofahrern werden Fahrspuren abgezwackt. Denn aus der Prognose geht auch hervor, dass die Berliner in 15 Jahren nur noch ein Viertel der Wege mit dem Auto zurücklegen werden. Momentan bekommen Autos aber zwei Drittel des Straßenraumes ab – ein Missverhältnis, das ausgeglichen werden soll.

Die Autofahrerlobby hat diesen Prognosen natürlich heftig widersprochen. Jetzt bekommt sie aber von der Wissenschaft Gegenwind. Denn Stephan Rammler – der im Tagesspiegel genannte Wissenschaftler – zeichnet schon ein Zukunftsbild, das viel weiter reicht als Junge-Reyers Radler-Visionen. In seinen „14 Thesen zur Verkehrspolitik“ – Überschrift: Die Neuerfindung der Mobilität – schreibt er: „Mobilität beginnt im Kopf: Die Macht unserer Phantasie geht jeder Mobilitätspolitik voraus. Die heutige Ökonomie der Verschwendung und Beschleunigung ist ein Überflussphänomen der fossilen Epoche.“

Nach Strammlers Auffasung wird in den Großstädten des Jahres 2050 kaum mehr jemand ins Auto steigen, um sich von A nach B zu bewegen. Sondern auf Elektroroller, E-Bikes oder öffentliche Verkehrsmittel, die dann in einem dicht gewobenen Netz die Straßen unserer Städte durchziehen – natürlich ebenfalls elektrisch betrieben. Und wenn es doch mal das Auto sein muss, dann auf keinen Fall ein eigenes. Viele Verkehrsexperten sagen dem Carsharing eine große Zukunft voraus, und tatsächlich liest man immer wieder von neuen, leicht abgewandelten Formen dieses Prinzips. Der Verkehr wird sich entindividualisieren. Das Auto als Statusobjekt und Freiheitssymbol verliere an Bedeutung, sagt Verkehrsforscherin Barbara Lenz. Vor allem jüngeren Leuten geht es nicht mehr darum, ein Auto zu besitzen, sondern darum, eines nutzen zu können. Fahren will statt haben will. Unser Statussymbol ist nicht mehr das Auto, sondern das iPad.

Wie beschränkt die Gültigkeit solcher Prognosen manchmal ist, wurde uns allerdings gerade eben erst vorgeführt. In den  Fünfzigerjahren waren die Deutschen der Kernkraft gegenüber noch positiv eingestellt. Damals hätte uns sicher niemand geglaubt, wenn wir ihm erzählt hätten, dass Deutschland schon zu Beginn des 21. Jahrhunderts beschließen würde, aus der vermeintlichen Zukunftstechnologie auszusteigen, dann die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern und kurz darauf diese Verlängerung wieder aussetzen würde.



Text: christian-helten - Foto: kai / photocase.com

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