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Bret Easton Ellis: Lunar Park

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Angestrichen: „Bei der Examensfeier, die mein Vater für mich im Carlyle ausrichtete, erschienen Madonna, Andy Warhol in Begleitung von Keith Haring und Jean-Michel Basquiat, Molly Ringwald John McEnroe, Ronald Reagan jr. John-John Kennedy, die komplette Besetzung von St. Elmo’s Fire, diverse VJs und Mitglieder meines riesigen Fanclubs.“ Wo steht das denn? In „Lunar Park“, dem neuen Roman von Bret Easton Ellis. Wer nicht weiß, wer Bret Easton Ellis ist, kann "Lunar Park" trotzdem lesen. Denn das Buch bietet den seltenen Komfort, dass man auf den ersten 30 Seiten nicht nur die Biographie der Hauptperson, sondern auch gleich die des Autors referiert bekommt. Oder ist der Protagonisten-Ellis etwa gar nicht der Schriftsteller-Ellis? Beide haben jedenfalls in jungen Jahre das gefeierte Debüt "Unter Null" verfasst, anschließend Jahre zwischen Kokainpäckchen, Samtkordeln und VIP-Freunden verbracht und schließlich mit dem Serienkiller-Roman "American Psycho" einen tüchtigen Skandal verursacht. Der reale Bret Easton Ellis sitzt heute, wie uns Hunderte von Zeitungsinterviews verraten, angetan mit einer Jogginghose in seinem eisig kalten Apartment in New York, vor kurzem ist sein Lebensgefährte verstorben. Der Bret Easton Ellis aus "Lunar Park" hat eine alte Freundin geheiratet, sitzt mit ihr und zwei Kindern in einem Haus in den Suburbs fest, lehrt an einem College Kreatives Schreiben und versucht, sein Leben ausnahmsweise auch mal nüchtern durchzustehen. Doch plötzlich holt ihn nicht nur seine eigene Vergangenheit ein, sondern auch seine Bücher. Seltsame Dinge gehen mit einem Mal in dem Haus vor sich, das Ellis-typisch von Wohlstand, quälenden Stilfragen und Sozial-Psychosen gleichermaßen überquillt. Im etwas zähen Mittelteil versucht Ellis Spannung aufzubauen, indem er nach und nach zu enthüllt, was all diese spukigen Veränderungen gemeinsam haben, was also Ursprung all des Horrors sein könnte, der sich plötzlich Bahn bricht. Schade nur, dass jeder Leser, der schon einmal in seinem Leben eine Ferienlager-Gruselgeschichte erzählt bekam, das schon nach fünf Seiten verstanden hat. Somit bleiben allenfalls ein paar ätzende Schilderungen aus dem bourgeoisen Leben der übereifrigen Soccer-Mums und unsicheren Versager-Väter unserer modernen Tage, an denen man sich delektieren kann. Am Schluss wird es dann doch noch einmal ein wenig spannend - aber ehrlich gesagt vor allem deshalb, weil man wissen möchte, wie Ellis sich aus diesem Schlamassel wieder herausschreibt. Eine Hommage an Stephen King sollte "Lunar Park" werden, gab Ellis in nahezu jedem Eisschrank-Interview dieser Tage zu Protokoll. Diese Vorbildfunktion des Horrormeisters leuchtet ein, schließlich schrieb King viele seiner Bücher mit einem von Kokain und Whiskey ständig neu angefachten Feuerwerk im Kopf. Eingeschlossen in sein Arbeitszimmer, mit in die Nase gestopften Tampons, die die Blutungen stoppen sollten und erst viel zu spät von seiner Frau im Müll entdeckt wurden. Eine Arbeitsszenario, das man sich auch für Bret Easton Ellis während des Verfassens von "The Rules of Attraction" oder "Glamorama" als durchaus praktikabel vorstellen könnte. Das Bewundernswerte an Ellis: Man kann, egal wie genervt man von seinem aktuellen Werk sein mag, trotzdem nicht aufhören zu lesen. "Lunar Park" ist nach der ebenfalls ins Übersinnliche abdriftenden Geschichtensammlung "The Informers" das zweitschlechteste Buch von Bret Easton Ellis – und trotzdem lohnt sich das Lesen. Allein wegen der Semi-Fakebiografie zu Beginn und wegen des sentimentalen Endes. Steht im Bücherregal zwischen: Der Comic-Reihe „Gespenster-Geschichten“ von Bastei-Lübbe und Jay McInerneys Koks-Novelle „Bright Lights, Big City“.

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