angestrichen:
Eine halbe Stunde später gebe ich ihm ein paar Hundert Dollar, damit er sein Zeug irgendwo lagern lässt oder sich ein neues Zimmer sucht, ich bitte ihn nur, nicht im Obdachlosenheim aufzutauchen, mir nicht meinen Job zu vermasseln.
Wo steht das denn?
Nick Flynn hat gerade das erste Mal seinen Vater Jonathan getroffen. Der ist ein Säufer, lebt momentan noch in einem Wohnheim, wird aber bald darauf auf der Straße schlafen und der Bitte seines Sohnes zuwider doch im Obdachlosenheim auftauchen. Dort arbeitet sein Sohn, und einige Zeit kann Nick seinen Kollegen verheimlichen, dass der Mann, der im immer wieder ausfällig wird, sein Vater ist. Aber bald muss er sich zu seinem Vater bekennen und mit ihm auseinander setzen. Das ist nicht leicht, denn Jonathan verließ die Familie kurz nach Nicks Geburt, trinkt, fährt Taxi, obwohl er sich für einen großen Schriftsteller hält, trinkt mehr, verliert den Halt in der Gesellschaft und landet bei seinem Sohn im Obdachlosenheim.
Nick Flynn hat seine eigene Geschichte und die seines Vaters aufgeschrieben. Sein Buch "Bullshit Nights" heißt dann auch im Untertitel "Die Geschichte mit meinem Vater". Die Vater-Sohn-Konstellation ist besonders deswegen interessant, weil Nick nicht auf seinen Vater als Vorbild zurückgreifen kann oder will. Am deutlichsten wird dem Sohn Nick, dass sein Vater eben doch sein Vater ist, wenn Jonathan immer wieder betont, er sei ein großer Schriftsteller, aber nie auch nur ein Kapitel seines Meisterwerkes schreibt. Nick fängt selbst an zu schreiben und muss sich so mit seinen Wurzeln auseinandersetzen.
Steht im Bücherregal zwischen: "Die Korrekturen" von Jonathan Frantzen, der eine verkorkste Familiengeschichte erzählt, und "Der Trinker" von Hans Fallada.
"Bullshit Nights" von Nick Flynn. Erschienen im mare Buchverlag. 340 Seiten, 18 Euro.