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Auf großer und kleiner Fahrt

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Bücher gibt es viele. Auch gute. Doch der schwierige Teil beim Schenken ist es, das richtige Buch für den richtigen Menschen zu finden. Der Textmarker gibt Tipps für den Weihnachtseinkauf. Dritter Teil einer Serie.

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„Meist schweißt es die Partner eher zusammen, wenn sie gemeinsam die Depression überstehen”, sagt Dr. Gabriele Pitschel-Walz.

Illustration: Julia Schubert

Für wen? Für den alten Kumpel, der immer von der Ferne träumt, aber sich nie aufmacht. Angestrichen: Es ist so leicht, einen Ort zu lieben, wenn man ihn verlässt. Wo steht das denn? Dort, wo sich der Geruch von Dung und duftenden Speisen vermischt, wo die fremden Sonnen scheinen, wo die Fliegen und die Motten wilder tanzen und der Himmel weiter ist – in der Fremde. Dorthin ist Craig Thompson gefahren, in die Fremde, er hat die Bäume beobachtet und die Kätzchen, er hat echte und falsche Freunde getroffen, sich in den großen Attraktionen verloren gefühlt und in den kleinen Sensationen heimisch. Er ist Beduinenfrauen begegnet, die in ihren Gewändern wie Ninjas aussahen, Fischern, Großvätern und Betrügern, er hat Gänsestopfleber in sich hinein gestopft, den weißen, weißen Schnee gesehen und Rotwein aus Plastikbechern getrunken, unten am Fluss. Er war einsam, mal unter Leuten, mal allein. Er hat sich groß gefühlt und klein, als Weltmann und als Jammerlappen. Er hat in der Wüste gekackt, über sich eine Sternschnuppe, und in irgendeinem gottverlassenen Hotelzimmer zwischen hier und Marrakesch in den Abfluss des Waschbeckens gepinkelt, weil er dem Gemeinschaftsklo nicht traute – und spätestens an dieser Stelle, wenn Craig Thompson in seinem grandiosen und herzzerreißenden „Tagebuch einer Reise“ von den dunklen Seiten des Reisens erzählt, die jeder kennt, der schon mal auf großer oder kleiner Fahrt war, spätestens an dieser Stelle also ist man endgültig gefangen. Wieder einmal. Wie eigentlich immer bei Büchern von Craig Thompson. Thompson, dessen unglaublicher Comic „Blankets“ auf der Frankfurter Buchmesse als Comic des Jahres 2005 ausgezeichnet wurde, kann zeichnen, keine Frage – aber das ist es nicht, was seine Werke so besonders macht. Craig Thompson zeichnet mit einer Kraft, die einen umwirft. Seine Zeichnungen haben das, was man Bildmacht nennt, und noch viel mehr, Ausdruck, Zärtlichkeit, Ironie und vor allem Kraft, Kraft, Kraft. Weiß Gott allein, woher er der amerikanische Zeichner diese Kraft hat. Am Ende des „Tagebuchs einer Reise“ versucht er diese Frage selbst zu beantworten. Er erinnert sich an eine Autofahrt mit einem befreundeten Zeichner, der sagt: „Glaub mir, wenn die Welt nicht so beschissen wäre, wenn wir nichts hätten, auf das wir zornig sein können, wenn wir nicht so einsam & ängstlich & isoliert wären, hätten wir keine Motivation.“ Thompson antwortet: „Aber ich bin am produktivsten, wenn ich glücklich bin. Ich zeichne Dinge, die mich glücklich machen. Ich versuche geradezu verzweifelt, all die Schönheit zu dokumentieren.“ Daraus muss Craig Thompson diese Kraft ziehen – aus dem unerbittlichen Bedürfnis, die Schönheit der Welt aufzuzeichnen. Und diese Kraft reicht locker, um aus dem Skizzenbuch, das Craig Thompson im Frühjahr 2004 auf einer Lesereise durch Europa führte, ein Comicbuch zu schaffen, das einzigartig und so voller Einfälle ist, dass man gar nicht weiß, was am Besten gefällt: Seine Zeichnungen der kleinen Sensationen des Reisens, Körbe mit tausenden von Schnecken oder Schwärme voller Schwalben am Himmel? Seine Reflektionen über das Reisen an sich, wenn man mit „Lonely Planet“ unterwegs zum Wahren und Echten ist, aber dauernd denkt, dass man eigentlich nur ein mieser Reisender ist, der nichts will außer Ruhe und Bequemlichkeit? Sein Alter Ego des All-American-Farmboy, der mit dem Strohhalm im Mund vor den Wundern der Welt steht? Oder die kleine Erdnuss, die sowohl Thompsons Heimweh als auch seinen Reisedurchfall kommentiert? An diesem Buch ist alles erleuchtet. Steht im Bücherregal zwischen: „Blankets“, Craig Thompsons anderem Meisterwerk, und den „Stimmen von Marrakesch“ von Elias Canetti.

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